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Manfred Wieninger

Geboren 1963 in St. Pölten, Studium der Germanistik und Pädagogik in Wien, lebt als Autor und Publizist in seiner Geburtsstadt. Bisher sechs Kriminalromane mit dem schrägen "Diskont-Detektiv" Marek Miert, der in der fiktiven ostösterreichischen Landeshauptstadt Harland sein Wesen und Unwesen treibt. Als bislang letzter Roman in dieser Reihe ist 2010 der Krimi "Prinzessin Rauschkind" bei Haymon erschienen. Alles weitere unter www.manfredwieninger.com.



Wieninger über Wieninger

Meine Zangengeburt im Juli 1963 habe ich nur mit Mühe überlebt. Mit viereinhalb Kilo wurde ich in eine drückend heiße, eher unbedeutende Stadt im Osten Österreichs geboren. In der Schule war ich bis 14 ein strebsamer Musterschüler. Danach habe ich meine Zeit praktisch nur mehr mit Fußballspielen – als harter, aber unfairer Verteidiger – verbracht, die Matura in einem neusprachlichen Gymnasium ist mir irgendwie so nebenher gelungen. Einige Zeit habe ich dann mangels besserer Ideen lustlos Medizin in Wien studiert und mich gelegentlich für Gottfried Benn gehalten. Der Ernst des Lebens verschaffte mir schließlich absolute Toppositionen als Kaminleger, Verschubarbeiter, Reiseleiter, Lokal- und Sportjournalist usw. Mit 30 habe ich noch ein Studium der Deutschen Philologie begonnen, das ich 1998 überraschenderweise mit ausgezeichnetem Erfolg abschließen konnte. Im Jahr darauf ist mein erster Marek-Miert-Krimi mit dem Titel "Der dreizehnte Mann" erschienen. Privat bin ich ganz schön langweilig, ziehe Gemüse und Himbeeren, hocke in meiner Bibliothek herum oder trinke Samos in einem geschmacklos dekorierten, griechischen Lokal, das von Albanern geführt wird.
Meine Großmutter väterlicherseits kann heute noch überaus detailliert das Kleid beschreiben, das ihr die Mutter für den ersten Ball ihres Lebens nähte. Sie erinnert sich auch an das Kleid der Schwester, die ebenfalls Elevin war beim Feuerwehrball im Dorf, das in den Karten als Eichberg verzeichnet ist, aber in Wirklichkeit Oaberch heißt. Der Stoff wurde für die Butter der einzigen Kuh eingetauscht. Als Erwachsene hat sich meine Großmutter Butter, die sie sich nun leisten konnte, für gewöhnlich mindestens finderdick auf’s Brot geschmiert. In der dunklen, kalten Gegend, in der sie als eines von sieben Kindern eines Kleinhäuslers aufwuchs, war es für die Mehrheit der Bevölkerung durch Jahrhunderte nachgerade normal, aber deshalb nicht weniger drückend, daß man das Brot trocken essen, drei Jahreszeiten barfuß gehen und sich praktisch pausenlos um kostenlose Zusatzkost in Form von Beeren und Pilzen, Eicheln und Kräutern bemühen mußte, wenn man nicht verhungern wollte.
Kein Wunder, daß ich Schriftsteller geworden bin.


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