Video_DVD-Tips 7/2007

Tierische Triebe

In unseren aktuellen DVD-Empfehlungen geht es animalisch zu: Oliver Reed als Werwolf, ein Serienkiller auf Probemonat und Monster aus der Urzeit verleiten neben teuflischen Büchern und den Qualen eines Kriegsveteranen zum Couch-Potato-Marathon.    08.10.2007

Jürgen Fichtinger

Der Fluch von Siniestro


(GB 1961/Region 2/Koch)

 

Obwohl der Werwolf - neben Blutsaugern und Mumien - zu den beliebtesten Kreaturen der Phantastik gehört, haben ihn Autoren und Regisseure seit jeher nur selten von der Grusel-Ersatzbank geholt. Auf literarischer Ebene gibt es gerade einmal Stephen Kings "Der Werwolf von Tarker Mills" sowie die beiden unbedingt lesenswerten "Mr. Hyde"-Romane von Steve Vance; in filmischer Hinsicht lassen sich die sehenswerten Beiträge ebenfalls an einer Hand abzählen.

"Curse of the Werewolf" aus den britischen Hammer-Studios rangiert selbst heute noch an der Spitze der Zelluloid-Heulereien und gehört zu den besten Hammer-Produktionen aller Zeiten. Der große Oliver Reed spielt seine erste Hauptrolle und gibt Leon Corledo, die Leibesfrucht eines von einem verrückten Bettler vergewaltigten Mädchens. Mit den Jahren wächst Leon nicht nur zu einem staatlichen jungen Mann heran, sondern auch zum Wolf, der in einer spanischen Kleinstadt im 18. Jahrhundert sein Unwesen treibt. Nach Guy Endores Roman "The Werewolf of Paris" inszenierte Altmeister Terence Fischer den ersten mit christlichen Konnotationen versetzten Lykanthropenstreifen, den man selbst als Nicht-Genre-Liebhaber gesehen haben sollte. Lassen Sie also den durchschnittlichen "Skinwalkers" im Regal stehen und gönnen sich stattdessen dieses Kleinod. Ob die derzeit stattfindende Neuverfilmung des Universal-Klassikers "The Wolf Man" mit Benicio Del Toro qualitativ mit "Curse of the Werewolf" mithalten kann, bleibt abzuwarten.

"Der Fluch von Siniestro" ist übrigens die zweite Veröffentlichung innerhalb der liebevoll gestalteten neuen Hammer-Reihe von Koch; Nummer eins ist "Dracula und seine Bräute", mit David Peel als erstem blonden Vampir der Filmgeschichte. Durchaus eine Sünde wert ...

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Behind the Mask


(USA 2005/Region 2/Sunfilm)

 

Wer schon immer wissen wollte, wie sich die Herren Leatherface, Michael Myers, Freddy Krueger oder der "Scream"-Kasperl auf ihre Schlitzertouren vorbereiten, erhält in "Behind the Mask: The Rise of Leslie Vernon" Einsichten in den Alltag eines Teenie-Dezimierers.

Scott Glosserman schickt in seinem Regiedebüt eine Gruppe Filmstudenten auf Dokudreh. Das Objekt ihrer Begierde: Leslie Vernon. Der junge Mann wird in Kürze auf seinen ersten blutigen Streifzug gehen und erklärt den Nachwuchs-McNaughtons, wie man sich stilgerecht auf den großen Augenblick vorbereitet. Natürlich ist es mit der journalistischen Objektivität nicht mehr weit her, sobald Vernon die Messer in die Hand nimmt.

Mit "Behind the Mask" ist Glosserman einer der interessantesten Genrebeiträge der letzten Jahre geglückt. Auch wenn man den Grundschmäh bereits aus Rémy Belvauxs wunderbarem "C'est arrivé près de chez vous" ("Man Bites Dog") kennt, hat man bei dieser schwarzen Komödie einiges zu lachen.

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Primeval - Staffel 1


(GB 2007/Region 2/polyband)

 

Während "Jurassic Park 4" noch in der Entwicklungsphase steckt, demonstrieren die Briten, daß sie nicht nur spitzzüngige Comedy-Serien, extravagante SF und hervorragende Krimikost für Serienfreunde zustandebringen. "Primeval" erzählt von einem Wissenschaftler-Team, das plötzlich mit Zeitanomalien konfrontiert ist, durch die prähistorische Kreaturen schlüpfen. Von Riesenspinnen über mit Parasiten verseuchte Dodos bis hin zu Riesenkrokodilen ist alles dabei. Nebenher müssen sich Professor Cutter (Douglas Henshall) und seine Crew mit dem britischen Geheimdienst und übereifrigen Uni-Nerds mit einer Vorliebe für Verschwörungstheorien und die "X-Files" herumschlagen. Was der Produktion an Effektbudget fehlt, machen die Autoren durch witzige und spannende Folgen voller popkultureller Zitate wieder gut. Für Freunde von Abenteuer- und Creature-Features uneingeschränkt empfehlenswert.

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Fast Forward


Shooter

(GB 2006/Region 2/Paramount)

 

Mit "Shooter" lieferte "King Arthur"-Regisseur Antoine Fuqua endlich eine brauchbare Story im Geiste der 70er Jahre ab. Die geht zwar in Wirklichkeit auf das Konto Stephen Hunters, der für die Romanvorlage "Point of Impact" verantwortlich zeichnet - aber daß uns die Traumfabrik das amerikanische System in derart dreckigem Hochglanz serviert, überrascht dann doch. Lesen Sie mehr über das Intrigenspiel rund um Marky Mark als Scharfschütze Bob Lee Swagger in unserem Kino-Review. Die DVD bietet neben einem passablen Regiekommentar einige zu Unrecht gelöschte Szenen, in denen unter anderem die Beziehung zwischen Swagger und dem FBI-Agenten Nick Memphis vertieft wird.

 

Die neun Pforten - Special Edition

(GB 1999/Region 2/Kinowelt)

 

Es hat zwar eine Weile gedauert, aber endlich liegt Roman Polanskis "Die neun Pforten" auch bei uns als ordentlich ausgestattete Doppel-DVD vor. Johnny Depp wandelt in dem übernatürlichen Thriller auf den Spuren von Arturo Pérez-Reverte, der die Romanvorlage lieferte. Als Spürhund für seltene antiquarische Bücher setzt ihn Frank Langella auf ein Werk aus dem 17. Jahrhundert an, für dessen Inhalt angeblich der Teufel höchstpersönlich verantwortlich ist. Was folgt, sind zwei spannende und atmosphärisch dichte Stunden Nervenkitzel; lediglich der mißratene Schluß trübt das Vergnügen. Dafür bietet diese Special Edition zahlreiche Features inklusive einer isolierten Tonspur und einen der seltenen Regiekommentare des polnischen Maestros.

 

Evil Toons

(GB 1992/Region 2/cmv Laservision)

 

Böses Buch, die zweite: Diesmal hat jedoch nicht Mephisto seine Finger im Spiel, sondern C-Movie-König Fred Olen Ray. Wenn David Carradine als Mystery-Man ein paar knapp bekleideten College-Schülerinnen ein altes Zauberbuch übergibt, weiß der Kenner schon, was kommt: ein wunderbar räudiges Zeichentrickmonster, das das Kittelvolk in dämonischer Etikette unterweist und in die Körper seiner Opfer schlüpft - inklusive zerrissener Blusen, zerfleischter Besucher usw. usf. Das ist der Stoff, aus dem Trash-Träume sind. Sollten Sie in Ihrem Leben nur einen einzigen Olen-Ray-Film sehen wollen, vergessen Sie die "Hollywood Chainsaw Hookers" und greifen Sie zu! Außerdem mit an Bord: das ehemalige "Penthouse-Pet of the Month" Monique Gabrielle und die spätere XXX-Akteurin Madison Stone.

 

H. P. Lovecraft´s Necronomicon

(USA 1993/Region 2/Kinowelt)

 

Last, but not least: das Buch der Bücher. Gemeint ist natürlich nicht die Bibel, sondern das legendäre von H. P. Lovecraft erfundene "Necronomicon". Produziert hat den Episodenfilm Lovecraft-Fan Brian Yuzna, der auch die Rahmenhandlung sowie die Episode "Whispers" inszenierte. Als erzählerische Klammer fungiert Re-Animator Jeffrey Combs, der in die Rolle Lovecrafts schlüpft und in verbotenen Bibliotheken stöbert. Die erste Episode "The Drowned" geht auf das Konto von "Silent Hill"-Regisseur Christoph Gans, der damit sein Regiedebüt ablieferte; für "The Cold" holte man sich den Japaner Shusuke Kaneko, der unter anderem diverse "Gamera"-Filme, "Cross Fire" sowie den Vampirstreifen "My Soul Is Slashed" drehte. Versatzstücke aus dem Cthulhu-Mythos findet man in den drei amüsanten Beiträgen ebenso wie jede Menge Blut und Gatsch, Marke Screaming Mad George.

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Caligula: Four-Disc Imperial Edition

Import-Tip: USA


(USA/I 1979/Region 1/Image Entertainment)

 

Was für Karlheinz Böhm "Peeping Tom" und für Michael Rooker "Henry - Portrait of a Serial Killer" waren, schaffte Malcolm McDowell gleich mit zwei Filmen: Stanley Kubricks "Clockwork Orange" und der römischen Schweinigelei "Caligula". Der von Italo-Erotikfilmer Tinto Brass gedrehte Film verhinderte nicht nur McDowells Durchbruch zur ganz großen Karriere, sondern zeigt auch, was "Rom" oder "Gladiator" uns vorenthielten: Orgien am Kaiserhof. Nach einem Drehbuch von Gore Vidal verkörpert McDowell den verrückten römischen Kaiser, Peter O´Toole spielt den Tiberius. Das berüchtigte Spektakel erscheint als umfangreich ausgestattete Luxusedition mit zwei Audiokommentaren, dem Soundtrack, einer ausführlichen Dokumentation, bisher unveröffentlichten Szenen und zahlreichen weiteren Features. Hier fallen garantiert nicht nur die Würfel ...

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Johnny zieht in den Krieg

Nice-Price-Tip


(USA 1971/Region 2/Kinowelt - Arthaus Edition)

 

Es waren einmal vier langhaarige Metaller aus L. A., die lieber hammerharte Riffs und treibendes Schlagzeug lieferten, anstatt über MTV und Musikvideos nachzudenken. 1990 änderten sie ihre Meinung und produzierten ihr erstes Video. Die Nummer "One" brachte ihnen auch gleich ihren ersten Grammy-Award. Das Video: Metallica schütteln eifrig ihre Mähnen, während zwischendurch immer wieder Clips aus einem alten Schwarzweißschinken eingespielt werden, in denen ein totalamputierter Soldat und die ihn behandelnden Ärzte zu sehen sind. Der junge Mann kann nicht einmal mehr sprechen. Für die Götter in weiß ist er ein Objekt, nur eine junge Schwester zeigt Mitleid.

Plötzlich waren diese unvergeßlichen Szenen in die Köpfe von Millionen langhaariger Metalheads eingebrannt, und man wunderte sich, was zum Teufel das für ein Film war. Die Antwort ist mittlerweile natürlich längst bekannt. Es handelt sich um "Johnny Got His Gun", die einzige Regiearbeit des Roman-/Drehbuchautors Dalton Trumbo. Trumbo lieferte unter anderem die Drehbücher zu "Spartacus", "The Brave One" und "Papillon", stand während der McCarthy-Ära wegen angeblicher kommunistischer Umtriebe auf der schwarzen Liste und mußte letztlich elf Monate im Gefängnis absitzen. In seinem mehrmals ausgezeichneten Antikriegs- und Pro-Euthanasie-Streifen "Johnny zieht in den Krieg", dessen Romanvorlage er bereits 1939 veröffentlichte, dreht sich alles um den im Ersten Weltkrieg schwerverletzten Soldaten, der nur noch mit seinem Kopf Morsezeichen geben kann. Auch heute noch kein Stoff für zartbesaitete Gemüter - und deshalb umso sehenswerter.

Die DVD beinhaltet neben dem Hauptfilm die exzellente einstündige Dokumentation "Dalton Trumbo: Rebell in Hollywood". Für 2008 ist übrigens ein Remake in Arbeit.

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Kommentare_

mimo - 10.10.2007 : 14.03
"....in filmischer Hinsicht lassen sich die sehenswerten Beiträge ebenfalls an einer Hand abzählen."
na dann hoff ich mal das auf der hand Ginger Snaps 1 enthalten ist.
jf - 12.10.2007 : 14.34
Könnte schon sein, für die mögliche Antwort am besten im EVOLVER stöbern.

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