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Stille Wasser sind tief

Die vierteilige BBC-Serie beweist: Manchmal ist der Boß eben doch der Beste. Statt nämlich zwei diebische Mitarbeiter zu feuern, macht er ihnen ein Angebot, das sie nicht ablehnen können.    14.05.2014

Jeden Tag aufs neue rollen die Millionen palettenweise an Chris (Ashley Walters - "Hustle", "Unehrlich währt am längsten)" und Marcus (Warren Brown - "Shameless", "Luther") vorbei. Der eine ist Lagerist, der andere Wachmann in einem Geldaufbewahrungsdepot. Logisch, daß sie da mal auf dumme Gedanken kommen. Und nur gut, daß sie einen sicheren Weg gefunden haben, den Firmentresor um einige Scheinchen zu erleichtern.

Anfangs sind es nur ein paar hundert Pfund. Als ihr Boß, der öde Buchhalter Coniston, nichts davon merkt, greifen die beiden Gauner richtig zu: 50.000 Pfund.

Sie hätten es besser wissen müssen.

Denn John Coniston (Steven Mackintosh - "Luther") ist zwar ein Langeweiler vor dem Herrn, aber weil´s zu Hause nicht so recht klappt - seit Jahren bemüht er sich vergeblich, mit seiner Gattin ein Kind zu zeugen -, lebt er eigentlich nur noch für die Zahlen. Regelmäßig wird er für seine korrekten Abrechnungen mit einer Flasche edlen Schampus ausgezeichnet. Ein Dutzend davon lagert bereits in seinem Kühlschrank.

Das geht solange gut, bis eines Tages plötzlich ein paar hundert Pfund in der Kasse fehlen. Weil nicht sein darf, was nicht sein kann, und Coniston nicht nur spießig, sondern auch konfliktscheu ist, begleicht er das Minus kurzerhand aus der eigenen Tasche. Schließlich soll auch die nächste Champagner-Belobigung her.

Schwieriger wird es allerdings, als er in der Abrechnung ein Minus von 50.000 Pfund entdeckt und bei der nächsten Auszeichnung ein Kollege das edle Gesöff erhält. Wohl oder übel macht sich Coniston auf die Suche nach dem Fehler - und der liegt ganz eindeutig nicht bei ihm. Er stellt die beiden Möchtegern-Gauner zur Rede: Ob diese lächerliche Summe denn wirklich das Risiko wert sei? Und ob es, wenn schon, denn schon, nicht gleich 170 Millionen Pfund sein sollten?

 

Die Geschichte des nun folgenden Raubüberfalls wird auf zwei Zeitebenen erzählt: einerseits die gar nicht so unkomplizierte Vorbereitung des Überfalls, andererseits die dramatische Zeit nach dem Deal. Logischerweise verläuft da nichts wie geplant.

Chris kommen plötzlich Zweifel an dem Vorhaben, weil seine neue Freundin schwanger ist. Und Marcus hat eine Ehefrau, die auch ihr Stück vom Kuchen abhaben möchte. Und dann gibt es da noch indische Gangster, mit denen sie sich eingelassen haben und die ebenfalls ein Wörtchen mitreden wollen.

Das wiederum ist der Moment, in dem Coniston über sich selbst hinauswächst. Wie heißt es so schön: Stille Wasser sind tief. Und eigentlich geht es ihm auch gar nicht um das Geld, sondern ...

Doch das zu verraten, würde natürlich so manch überraschende Wendung vorwegnehmen. Selber ansehen lohnt sich, da - wie nicht anders zu erwarten - die vierteilige BBC-Produktion solides Thriller-Handwerk ist. Regisseur Tony Basgallop, zugleich auch Drehbuchautor, inszeniert seine Geschichte mit britisch-kühlen Bildern, und vor allem Steven Mackintosh gefällt sichtlich in seiner Verwandlung vom verhuschten Mauerblümchen zum knallharten Gangsterboß. Das hat - bei aller blutigen Dramatik des Überfalls - auch eine gewisse Komik.

Als Bonus enthält die DVD-Box die Pilotfolgen der TV-Serien "The Bodyfarm" und "The Fades", beides ebenso vortreffliche BBC-Produktionen. Einmal reingeschaut, will man gleich mehr davon sehen. Das nennt man wohl geschicktes Marketing.

Marcel Feige

Inside Men

ØØØØ

(Inside Men)

Leserbewertung: (bewerten)

GB (2012)

Edel

 

DVD Region 2

ca. 240 Minuten, dt. Fassung oder brit. OF (+ 142 Minuten Bonus)

 

Regie: Tony Basgallop

Darsteller: Steven Mackintosh, Ashley Walters, Warren Brown, Kierston Wareing, Nicola Walker

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