Video_The Night Listener
Müder Nachtfalke
Robin Williams forscht als nachtaktiver Radiomoderator zwischen Schein und Sein in einer einschläfernden filmischen Belanglosigkeit. Das lockt nicht einmal Mrs. Doubtfire hinter dem Ofen hervor ...
07.12.2007
Als anrührender Geschichtenerzähler zu fortgeschrittener Stunde hat sich Gabriel Noone (Robin Williams) einen Namen verschafft. Seine sanft vorgetragenen Storys - aufrüttelnd-emotionale Geschichten, die das Leben schrieb - beeindrucken die eingeschworene Zuhörerschaft seit Jahren. Mitten in einer privaten Krise, die durch den Auszug seines AIDS-kranken Lebensgefährten Jess (Bobby Cannavale) aus der gemeinsamen Wohnung eingeleitet wurde, offenbart sich ihm die bestürzende Biographie des 14jährigen Pete Logand (Rory Culkin): Schon in frühen Kindertagen ging Pete durch die Hölle, wurde von seinem Vater jahrelang mißbraucht, schließlich aber aus den Fängen seines teuflischen Elternhauses befreit. Nun lebt er - durch eine schwere Lungenkrankheit dem Tode geweiht - bei seiner Pflegemutter Donna (Toni Collette). Beide bemühen sich darum, ein Buch, das Petes ebenso kurze wie tragische Lebensgeschichte beschreibt, mit Hilfe des prominenten Radiomoderators zu veröffentlichen. Gabriel, seit jeher empfänglich für dramatische Einzelschicksale, freundet sich schnell mit dem Jungen an - und zwar via Telefon, denn ein persönliches Treffen lassen örtliche Distanz und die krankheitsbedingte Fragilität des Knaben nicht zu. Als Gabriel im Zuge seiner Recherchen auf Ungereimtheiten stößt, die die Authentizität von Petes Story in Frage stellen, begibt er sich auf die Suche nach der mysteriösen Telefonstimme.
Es ist gewiß nicht Robin Williams anzulasten, daß sich dieses halbgare Pseudo-Mystery-Melodram nicht wirklich zu einem stabilen Ganzen zusammenfügt. Klare Strukturen sucht man vergebens, spannungsorientierte Momente gibt es kaum. Die Romanvorlage des Autors Armistead Maupin liefert dabei jene Geschichte, die in den Händen von Regisseur Patrick Stettner arg verkümmert. Immerhin gelingt es Williams in diesem großen, gähnenden Leerraum, den im Idealfall ein gelungenes Skript ausfüllt, wenigstens ein paar Akzente zu setzen.
Der Schauspieler, der seit einigen Jahren mit stark wechselndem Erfolg zwischen den Genres switcht, bringt abermals nuancierten darstellerischen Minimalismus ein. Wie auch schon in "One Hour Photo" und "The Final Cut" transportiert er eine tiefsitzende Traurigkeit. Er bleibt verletzlich - und das auf authentische Art und Weise. So ist an diesem sensiblen Wahrheitssucher Noone, der einerseits das Rätsel um die vermeintliche Opferfigur Pete und dessen zwielichtige Mutter lösen will und zugleich nach einem Stück Selbsterkenntnis sucht, grundsätzlich nichts auszusetzen - im Gegensatz zu jenem narrativen Vakuum, das ihn einzuhüllen scheint.
"The Night Listener" beschreibt lediglich eine Ausgangssituation - die eigentliche Fortführung und Ausarbeitung der Geschichte schleicht jedoch in kaum meßbarer Geschwindigkeit voran. So verpufft die quälende Detektivarbeit des "nächtlichen Lauschers" Gabriel. Auch seine sporadischen Auseinandersetzungen mit den wenigen Nebencharakteren des Films verflüchtigen sich zu oft, ohne bereichernd auf den Film einzuwirken - so zum Beispiel in Gabriels lähmenden Auseinandersetzungen mit Petes Adoptivmutter Donna, die eine mit Wasserleichen-Make-up verzierte Toni Collette als undurchsichtiges, zu entschlüsselndes Element installieren. Lediglich der sensible Hauptcharakter selbst wächst ein wenig, wenn er etwa durch die unvermutete Trennung von seinem Lebenspartner Jess ins Mark getroffen wird.
"The Night Listener" ist leider kaum mehr als druckloses Mystery-Stückwerk, in dessen Drehbuchruine sich ein immerhin gutklassig aufspielender Robin Williams vergeblich zurechtzufinden versucht.
Dietmar Wohlfart
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