Games_Infamous 2

Lightning never strikes twice?

Cole ist wieder da - der Mann mit den elektrisch-blauen Händen und der Fähigkeit, auf Stromleitungen zu surfen. Ob der Blitz des Erfolges erneut an der gleichen Stelle einschlägt, wird man sehen.    14.07.2011

Kaum hat sich die Lage in Empire City beruhigt, erscheint auch schon - wie das Krokodil im Kasperltheater - eine neue Bedrohung. Mitten im schönsten Plaudern künden verängstigte Schreie von der Ankunft einer neuen Alptraumkreatur.

Funken fliegen im Wind, und im Hintergrund züngeln Flammen vor dem Schatten eines Riesen, der zwischen Wolkenkratzern wütet. Die im ersten Teil angekündigte "Bestie" ist nun angekommen und beginnt auch gleich mit ihrem Tagwerk: der Zerstörung von Empire City.

 

Natürlich kann sich ein Held bei einer derartigen Bedrohung nicht einfach umdrehen und heimgehen. Folglich schlüpft der Spieler in seine Rolle und stellt sich dem personifizierten Chaos in den Weg. Doch leider verläuft der Kampf nicht ganz so, wie man sich das als richtiger Superheld vorstellt. Die Bestie wischt mit Cole derart den Boden auf, daß ihm nur mehr der strategische Rückzug bleibt. Während er sich mit seinen Freunden Richtung New Marais aufmacht, hinterläßt die Kreatur auf ihrer Wanderschaft entlang der Küste eine Spur der Zerstörung.

Im Zuge der Flucht dämmert es Cole langsam, daß er stärker werden muß, um das Monster besiegen zu können. Der ehemalige Fahrradkurier berät sich also mit seinem Freund Zeke, und die beiden entwickeln eine Waffe namens "Amp". Mit Hilfe dieser Elektrokeule ist es Cole nun möglich, seine Kräfte effizienter zu bündeln.

Für den Spieler bedeutet diese eher magisch anmutende Beschreibung lediglich, daß man sich nun besser im Nahkampf behaupten kann als im ersten Teil.

 

Zwar kann man jetzt Verbrechern und sonstigem Gesindel nachhaltiger zeigen, wo der Bartel den Most holt, doch amüsant ist das eher selten.

Der Grund dafür liegt in einer Kameraführung, die wohl entwickelt wurde, um das Spiel unnötig zu erschweren. Zumindest ist das eine höfliche Umschreibung der Tatsache, daß sich die Entwickler keine große Mühe gemacht haben, ihre Programmsequenzen auch auf Herz und Nieren zu testen.

Einen weiteren Kritikpunkt stellt die infernalische deutsche Synchronisation dar. Anscheinend gibt es im gesamten deutschsprachigen Raum keine fähigen Sprecher mehr - oder jedenfalls keine, die man bezahlen möchte. Leider gehen solche "Sparmaßnahmen" aber fast immer auf Kosten des Spiels. Gerade bei "Infamous 2" senkt die Synchronisation die Qualität des Titels deutlich.

Daß der Protagonist sich anhört wie ein quengelnder Spätpubertierender, könnte man ja noch verschmerzen, denn schließlich reden Helden nicht viel. Doch wenn die beiden Moralapostelinnen Lucy Kuo und Nix anfangen, dem Spieler das Leben und die damit verbundenen ethischen Vorstellungen zu erklären, kämpft man bald mehr mit den Tränen als mit dem Monster, so steril, flach und plump ist die Vorstellung der Synchronsprecher. Das Charisma der Damen bewegt sich auf dem Niveau eines defekten Kühlschrankes.

 

Immerhin, die Entwickler von Sucker Punch haben zwar beim Storytelling und der Charakterentwicklung abgebaut, aber im graphischen Bereich zugelegt.

New Marais - das dem realen New Orleans nachempfunden ist - begeistert mit seinem spröden Charme zwischen Hochhäusern und Sümpfen, Baracken und Hinterhöfen, Kirchen und Rotlichtviertel. Man kann zwar keine Gebäude betreten, doch ist die Kulisse derart authentisch, verschachtelt und abwechslungsreich gestaltet, daß verschlossene Türen nicht besonders auffallen. Wer sich mit Cole einmal in die Lüfte erhebt, wird ob der Aussicht und der vielen Gadgets, die man einsammeln kann, so schnell nicht auf den Boden der Tatsachen zurückkehren wollen.

Zusätzlich zu den rund 20 Spielstunden, die man mit Aufträgen verbringt, gibt es außerdem - wie in jedem guten Sandkastenspiel - noch viel mehr zu tun. Hunderte von sogenannten "Blast shards" sind in der gesamten Stadt verstreut und warten nur darauf, eingesammelt zu werden. Und wer mehr über die Hintergründe von "Infamous" erfahren möchte, kann sich auf die Suche nach Audioaufzeichnungen machen, die die Angelegenheit etwas klarer machen. Lediglich die Fundorte dieser "Dead Drops" muten etwas ungewöhnlich an – sie sind an Tauben angebracht.

Auch an die Spieler, die von Natur aus mit mehr Neugierde gesegnet sind als ihre Mitmenschen, haben die Entwickler von Sucker Punch gedacht. Wer beide Endsequenzen sehen möchte, muß den Titel zweimal durchspielen. Denn je nachdem, ob man einen guten oder bösen Superhelden mimt, ändert sich der Schluß. Weiters kommt noch das Einbinden der Online-Community hinzu. Jeder, der stolzer Besitzer von "Infamous 2" ist und Zugang zum kostenlosen Playstation Network hat, kann sich mit Hilfe des guten Editors als Gamedesigner versuchen. Gerade dieser kostenlose "User Generated Content" (UGC) könnte dem Spiel eine Art von Kultstatus verleihen, ähnlich wie das bei "Little Big Planet" der Fall war.

 

"Infamous 2" ist ein grundsolides Third-Person-Actionspiel, das sich trotz der mangelhaften Story und der grauenhaften Synchronisation nicht zu verstecken braucht. Der Titel bietet alles, was man für Spielspaß braucht - eine schöne Kulisse, wummernden Sound und jede Menge Kampfgetümmel. Eine klare Kaufempfehlung für Liebhaber actionlastiger Games.

Dragan Andjelkovic

Infamous 2

ØØØØ

Leserbewertung: (bewerten)

(Sucker Punch/Sony)

 

erhältlich für: Playstation 3

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