Kino_Hancock

Arschloch oder Superheld?

Daß ein Darsteller keinen ganzen Film retten kann, zeigt sich in Will Smiths neuem Streifen. Der ist zwar durchaus amüsant, versinkt durch die Fehlerhaftigkeit der Hintergrund-Story und andere Schwachstellen aber letztendlich doch in Belanglosigkeit.    04.07.2008

Beim Wort "Superheld" denken wohl die wenigsten an einen besoffenen Sandler, der auf der Parkbank schläft. Eher kommt einem ein kostümierter mutiger Typ in den Sinn, der altruistisch und jederzeit für die Rettung der Welt bereitsteht. Doch Hancock (Will Smith) sieht das ein wenig anders: Trotz seiner Superkräfte ist er ein fieses Arschloch - und seine Versuche, diverse Verbrecher einzufangen, enden meist mit der Zerstörung eines Stadtteils. Kein Wunder also, daß die Staatsanwaltschaft ihn drankriegen will, damit endlich wieder Ruhe herrscht. Glücklicherweise rettet Hancock aber dem PR-Berater Ray (Jason Bateman) das Leben, und der will sich revanchieren, indem er dem Superhelden zu einem besseren Image verhilft. Hancock geht also ins Gefängnis, verspricht sich zu bessern und dem Archetyp eines Superhelden in Zukunft mehr zu entsprechen.

Alles läuft gut, bis die Geschichte eine überraschende Wendung nimmt und Hancock plötzlich in Lebensgefahr schwebt. Diese Überraschung verhilft der Story zu Spannung, aber leider auch zu mehreren Action-mäßig stark überzogenen Szenen. Wie Hollywood-Blockbuster es so an sich haben, wird auch in diesem Streifen mit vielen Special Effects gearbeitet, von denen die meisten nicht unbedingt notwendig gewesen wären. Klar sieht es toll aus, wenn Hancock durch die Gegend fliegt und Autos in die Luft schießt, aber aus unerfindlichen Gründen entstehende Wirbelstürme und derart tragisch anmutende Kämpfe, daß sie fast schon lächerlich wirken, müssen nicht unbedingt sein. Regisseur Peter Berg hätte an diesen Stellen etwas kürzertreten und stattdessen der Hintergrund-Story mehr Beachtung schenken sollen. Die läßt nämlich einiges zu wünschen übrig. Die Erklärungen zu Hancocks Herkunft bleiben letztlich oberflächlich.

 

Für Unterhaltung ist natürlich trotzdem gesorgt - nicht zuletzt, weil Hancock eine ausgesprochen amüsante Figur ist, die den Gegensatz von Superheld und Alkoholiker verkörpert, also unrasiert und schlecht gelaunt Gauner dingfest macht. Ob es allerdings für die Qualität eines Filmes ausreicht, wenn der Hauptdarsteller, in diesem Fall Will Smith, seine Arbeit gut macht, ist fraglich. Zwar ist er das darstellerische Hoch des Streifens - Charlize Therons Figur der Ehefrau von Ray ist von Übertreibungen und Klischeehaftigkeit geprägt -, doch um einen rundum gelungenen Film zu schaffen, müssen auch die anderen Komponenten stimmen. Peter Berg scheint sich jedoch darauf zu verlassen, daß Smith das Publikum schon genug beeindrucken wird, und vernachlässigt wichtige dramaturgische Punkte.

Schade eigentlich - die unkonventionelle und im Superhero-Film neue Idee eines Helden, der mit dem üblichen Saubermann-Image nicht umgehen kann, hätte durchaus etwas werden können. Zwar ist "Hancock" keine Comic-Verfilmung, mutet aber trotzdem wie eine an und hätte mit einer besseren Umsetzung ein gelungener Genrebeitrag werden können, wenn die Story etwas ausgeklügelter wäre. Hier aber stürzt ein Film trotz aller Sympathie für den Hauptdarsteller, trotz Spannung, unterhaltender Action, Humor und durchaus amüsanten Einfällen letztendlich in einen Strudel der Belanglosigkeit.

Christa Minkin

Hancock

ØØØ

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USA 2008

92 Min.

Regie: Peter Berg

Darsteller: Will Smith, Charlize Theron, Jason Bateman u. a.

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