Kino_Number 23

Zwei mal drei macht vier ...

... widdewiddewitt - und drei macht 23: eine Formel, die jeder Paranoiker im unruhigen Schlaf beherrscht. Der unbedarfte Cinephile muß diese Rechenaufgabe jedoch noch verinnerlichen, um sich bei "Number 23" nicht komplett zu langweilen.    21.03.2007

Joel Schumachers Werk umfaßt 20 Spielfilme. Verdammt! Aber bis Ende 2008 will er noch drei drehen! Die Allgegenwart der magischen 23 zu ignorieren oder die Bedeutung dieser Zahl gar zu leugnen, wäre also ein ein Zeichen von Unwissenheit in ihrer reinsten Form. Selbst hartnäckigsten Zweiflern müssen tiefere Inhalte als nur die Zwei und die Drei ins Bewußtsein schwappen, wenn man sich die unzähligen Beispiele vor Augen führt, in denen 23 eine Hauptrolle spielt.

Diese Aneinanderreihung von kuriosen Rechnereien und wenig aufschlußreichen Informationen kann man sich im neuen Machwerk von Joel Schumacher im Übermaß zu Gemüte führen. Darin führt Walter Sparrow, dargestellt von Jim "Die Maske" Carrey, ein recht beschauliches Dasein mit Frau und Kind, ohne nennenswerte Probleme. Die Idylle ist der Angetrauten Walters aber anscheinend zu öde, und so beschließt sie ihrem Gatten einen Krimi zum Geburtstag zu schenken, der ihn in weiterer Folge ziemlich auf die Palme bringt.

 

In dem Groschenroman um einen Detektiv mit dem vertrottelten Namen Fingerling zeichnen sich nämlich deutliche Parallelen zum Leben Sparrows ab. Und was noch beunruhigender ist: Die Zahl 23 kommt ständig darin vor. Und nicht nur im Roman dominiert die Nummer zusehends - nein, auch in der Realität drängt sie sich ständig auf und treibt den angehenden Hobbymathematiker sukzessive in den Wahnsinn. So findet er heraus, daß jeder Elternteil 23 Chromosomen an sein Kind weitergibt. Oder daß die Adresse, wo er und seine Familie hausen, nach ein paar simplen Additionen die Zahl 23 ergibt. So kreiert Walter immer mehr solcher unwahrscheinlicher Zusammenhänge und wurschtelt mit Zahlen solange herum, bis 23 rauskommen muß. Das verwirrt. Vor allem den Hauptdarsteller.

Erschwerend kommt zu diesen unheimlichen Begebenheiten noch hinzu, daß Fingerling im Buch anscheinend einen Mord begeht. Muß Walter nun seiner geliebten Frau Agatha mit 23 Messerstichen den Garaus machen oder hilft es, wenn er ihr 23 rote Rosen schenkt? Schwer zu sagen, denn das 23. Kapitel in der Lektüre fehlt. O Schreck! Der kommt aber nicht - und die Spannung läßt ebenfalls auf sich warten.

Carrey spielt natürlich beide Charaktere der Geschichte: In grellen, farbreduzierten Sequenzen, die immer dann eingesetzt werden, wenn die Handlung des Romans gezeigt werden soll, läuft der Grimassenschneider herum und mimt den coolen Detective, leider mit wenig Überzeugungskraft. Der ehemalige Brachialhumorist entbehrt nicht einer unfreiwilligen Komik, wenn er sich seines Jacketts entledigt und dabei ein wenig an Ace Ventura erinnert. Verschnörkelte Ivan-Tattoos zieren als oberflächliches Zeichen von Verwegenheit den durchtrainierten Körper Fingerlings, was trotzdem noch keine ernsthafte Liebesszene mit Jim Carrey rechtfertigt.

 

Auch die ebenso platte Figur des Walter Sparrow möchte scheinbar lieber die ganze Zeit im zweiten Teil der "Truman Show" mitspielen, darf aber nicht komisch sein, weil das Thriller-Genre so etwas ja nicht erlaubt. Also hält sich der Meister der 23 Gesichter derartig zurück, daß die zwei Visagen, die Carrey in der Rolle bietet, zu einem faden Mienenspiel verkommen.

Nach den ersten zwei lähmenden Dritteln des Streifens käme der Plot endlich in Fahrt, doch da ist man für solche verspäteten Versöhnungsversuche nicht mehr empfänglich und ersehnt das baldige Ende. Dieses fällt dann doch überraschend interessant aus, wenn auch mit einer Wendung zuviel.

Herr Schumacher gehört zu jenen Regisseuren, die mit ihren Arbeiten gekonnt (?) zwischen Trash und gutem Kino wechseln. So waren "Falling Down" mit einem brillanten Michael Douglas in der Hauptrolle oder noch früher "Flatliners" grandiose Filme, während die zwei "Batman"-Adaptionen und "8mm", inklusive gewohnt komatösem Nicolas Cage, eher in die Hose gingen.

"Number 23" reiht sich in letztere Kategorie ein und schafft es auch nicht, im Gegensatz zur deutschen Variante des Themas - "23" von Hans Christian Schmid - einem das dritte Kipferl zum zweiten Kaffee aus Gründen plötzlicher Nummernphobie zu vergällen.

Nikolaus Triantafyllidis

Number 23

ØØ 1/2

(The Number 23)


USA 2007

95 min.

Regie: Joel Schumacher

Darsteller: Jim Carrey, Virginia Madsen, Danny Huston u. a.

Kinostart in Österreich: 23. 3. 2007

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