Kino_Ocean´s 13

Smart, sexy, cool

Der Kinosommer der dritten Teile geht in die nächste Runde. Auf einen vielversprechenden Start mit "Spider-Man 3" folgte die karibische Flaute. Da kommen die Jungs um Danny Ocean gerade rechtzeitig: Ihr "Ocean´s 13" knüpft an viele Qualitäten des Originals an.    06.06.2007

Die bisherigen Filme der "Ocean´s"-Reihe mit ihrer liebevollen Hommage an das Heist-Genre waren zwei fast schwerelose Unterhaltungsvehikel mit einem auch für Hollywood-Verhältnisse ungewöhnlichen Star-Aufgebot. Die Freunde Steven Soderbergh und George Clooney brachten schonungslos selbstreferentiell - man denke nur an den Doppelauftritt von Julia Roberts als Julia Roberts - das Who´s Who der Traumfabrik vor die Kamera. Passend zu dem in diesem Sommer stattfindenden "Alle guten Dinge sind Drei"-Wettbewerb geht "Ocean´s 13" mit bekannter Stamm-Mannschaft und der für die Reihe so typischen Lässigkeit an den Start. Wie schon bei "Ocean´s 11" und "Ocean´s 12" führte auch bei den 13 Soderbergh Regie und inszenierte eine Story, in der sich wieder einmal alles um den einen großen Coup dreht.

 

Danny Ocean (George Clooney) und sein Team planen einen Rachefeldzug - auf perfekte Art, wie Oceans Jungs eben sind und schon in Teil eins das Casino von Terry Benedict (Andy Garcia) ausgeraubt haben. Diesmal aber geht es Ocean und den anderen nicht ums Geld; sie wollen vielmehr für einen der ihren einstehen. Dannys Mentor Reuben Tishkoff (Elliott Gould) wurde vom schwerreichen Casino-Besitzer und Hotelier Willy Bank (Al Pacino) bei einem Geschäft über den Tisch gezogen, was sich als nicht gerade förderlich für seinen Gesundheitszustand erwies. Und dafür soll Bank nun die Rechnung präsentiert werden.

Als Zahltag haben sich die wiedervereinten elf Gentleman-Gauner - für den krankheitsbedingt verhinderten Reuben springt Terry Benedict ein, der Bank ebenfalls nicht ausstehen kann - ausgerechnet das Datum der Casino-Eröffnung ausgesucht. Sie beabsichtigen, Bank finanziell zu ruinieren, indem sie die Spiele manipulieren und den Gästen an jenem Abend zu einem unerwarteten Geldsegen verhelfen. Aber damit nicht genug: Bank sonnt sich gerne darin, daß jeder seiner Luxustempel die fünf Diamanten des renommierten Royal Review Board erhalten hat. Ihm dieses Prestige zu rauben, würde sein Ego SOS funken lassen.

 

An den Ausflug nach Europa schließt sich für Danny Ocean die Rückkehr in die Spielerstadt Las Vegas an. Dort, wo alles begann, wollen Soderbergh und Clooney die Geschichte um die sympathischen Kriminellen zu einem würdigen Abschluß bringen. Am vertrauten Schauplatz der samtgrünen Roulettetische und endlosen Wüsten aus einarmigen Banditen fährt der Film ein aberwitziges Setup aus möglichen und unmöglichen Handlungssträngen auf, die in Summe den perfekten Coup ergeben. Was anderswo als Drehbuchschwäche ausgelegt würde, nämlich das scheinbar sinnlose Vertiefen in Details, wurde für die "Ocean´s"-Reihe zur filmischen DNS.

Gleich einen ganzen Subplot bauen die Autoren Brian Koppelman und David Levien um einige lächerliche Würfel auf, die schlußendlich am Dominotisch zum Einsatz kommen. Bis zur Produktion der dafür benötigten Kunststoffmasse in einer mexikanischen Fabrik folgt der Film der Konstruktion des Masterplans. Weil das stets mit einem unübersehbaren Augenzwinkern vorgetragen wird, ist man gewillt, Soderbergh nahezu jeden absurden Einfall durchgehen zu lassen. Immerhin operierten schon die Vorbilder der "Ocean´s"-Filme am Rande des Logischen und Wahrscheinlichen.

"Ocean´s 13" mit seinem eklektischen, an den ersten Teil angelehnten Aufbau bügelt manche Schwächen der mitunter ziellosen Europareise wieder aus: nur ein Ziel, ein Gegner, an einem Abend, an einem Ort - und das alles bitteschön vor der Kulisse der synthetischsten Stadt der Film-und Menschheitsgeschichte. Das ergibt Sinn, wenn das, was ein Film zu erzählen hat, gleichermaßen künstlich und konstruiert anmutet. Und da Danny Ocean ein Zocker ist, der wie alle Spieler mehr Interesse am Prozedere als am Ergebnis hat - was nicht heißen soll, ihm wäre der Ausgang egal -, folgt Soderbergh den einzelnen Schnörkeln mit ebensoviel Begeisterung wie der eigentlichen Handlung. Daß er auf die Verpackung besonderen Wert legt, bewies zuletzt sein Retro-Krimi "The Good German". Soderbergh übernimmt traditionell die Arbeit des leitenden Kameramanns und blieb auch bei "Ocean´s 13" dem (nach-)lässigen Stil der Vorgänger treu. Auch deren Fassade definiert sich über durchgestylte Hochglanzaufnahmen, lange Zooms aus der Totalen ins Close-up und kultivierte, weitgehend sinnfreie Spielereien mit Split- und Multi-Screens.

 

Ein Glücksgriff gelang Soderbergh mit der Auswahl von Brian Koppelman und David Levien. Ihr Debüt gaben die beiden Autoren einst mit der Poker-Story "Rounders". Sie haben ein Gespür für das Milieu, für das Hoffen und Bangen, von dem Las Vegas lebt. Hinzu kommt ihr Dialogwitz, was einem Zitatenschatz wie "Ocean´s 13" nur zugutekommen kann. Und so wimmelt es vor markanten Oneliners, Insider-Gags, Querverweisen auf die ersten Teile und anderen selbstreferentiellen Andeutungen. Brad Pitt darf sich von Clooney den nett gemeinten Tadel anhören, er solle endlich eine Familie gründen und Kinder bekommen. Sympathischer kann man das Brangelina-Syndrom der Yellow Press nicht abfrühstücken.

Ohnehin steht bei allen Beteiligten der Spaß an der gemeinsamen Arbeit an erster Stelle. Das "Ocean´s"-Projekt bot dem Trio Clooney-Pitt-Damon die Möglichkeit, sich nicht nur in den wenigen drehfreien Wochen des Jahres einmal zu sehen. Als Zuschauer fühlt man sich zu Gast bei Freunden, wenn die Sunnyboys mit einem verschmitzten Grinsen ihre Sonnenbrillen aufsetzen und den nächsten Coup austüfteln. Ergänzt wird die Stamm-Mannschaft dieses Mal von Altmeister Al Pacino und Ellen Barkin, die Banks Assistentin spielt. Daß der dritte Auftritt von Danny Ocean qualitativ wieder einen Schritt nach vorne macht, geht nicht zuletzt auf ihr Konto. Barkin hat keinerlei Hemmungen, auch nach ihrem 50. Geburtstag noch das Klischee vom eiskalten blonden Luder zu bedienen, wohingegen Pacinos Part des geldgierigen, aalglatten Hoteliers Erinnerungen an seine großen Gangster-Rollen unter der Regie von Coppola oder De Palma evoziert. Denn obwohl Willy Bank eigentlich ein Widerling ist, erscheint er bei Pacino fast schon liebenswert.

Und wenn schon der Fiesling nicht als solcher durchgehen mag, wird klar, daß Soderberghs Charme-Kalkül erneut aufgegangen ist. "Ocean´s 13" ist die unterhaltsamste Belanglosigkeit des bisherigen Kinojahrs.

Marcus Wessel

Ocean´s 13

ØØØØ

(Ocean´s Thirteen)


USA 2007

120 Min.

Regie: Steven Soderbergh

Darsteller: George Clooney, Brad Pitt, Al Pacino u. a.

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