Kino_Princesas

Z´haus im Hurenhaus

Heute sind wir keine Nutten, heute sind wir Prinzessinnen: Dieser preisgekrönte spanische Streifen bemüht sich redlich, das Leben in der Prostitution abseits von Rotlichtklischees zu vermitteln.    24.04.2007

Caye (Candela Peña) ist eine Hure in Madrid. Mit eigenwillig sympathischem Charme und großem Mundwerk versucht sie sich ihr Leben mit Sex zu finanzieren. Sie träumt von einem Mann, der sie von der Arbeit abholt, und davon, "Princesa" zu sein. Darunter versteht sie, ein ganz normales Leben zu führen - abseits von ihrem ständig klingelnden Dienst-Handy, das spätestens beim Familienessen entsetzlich nervt.

 

Täglich trifft sich Caye mit ihren Arbeitskolleginnen und Freundinnen in einem Friseursalon, um gemeinsam durchs Schaufenster die Konkurrenz unter die Lupe zu nehmen: Migrantinnen aus Mittel- und Südamerika, die ihnen die Kundschaft wegnehmen. Dabei werden Vorurteile auf teils deftig-witzige und übertriebene Art untermauert: "Rastas sind unhygienisch (...) So was mach´ ich nicht, aus Prinzip (...) Du machst es nicht ohne Gummi, und ich mach´ keine Zöpfchen." Solche Szenen basieren übrigens auf Gesprächen aus dem Coiffeursalon, in dem die Mutter des Regisseurs und Drehbuchautors Fernando León de Aranoa einst arbeitete. Dort trafen sich Prostituierte ebenfalls nicht nur zum Haareschneiden, sondern auch zur gepflegten Konversation unter Profis. In "Princesas" versucht de Aranoa die Stimmung des harten Wettbewerbs zwischen den Spanierinnen und den Ausländerinnen nachzuempfinden.

Die "Konkurrentin" wird im Film durch die exotische Schönheit Zulema (Micale Nevárez) verkörpert. Sie kommt aus der Dominikanischen Republik und wohnt nun in Cayes Nähe. Zwischen den beiden herrscht angespannte Stimmung - zumindest, bis Caye eines Tages Zulema zusammengeschlagen in ihrer Dusche auffindet. Ein Freier wollte sich mit ihr "ganz aus der Nähe" unterhalten. So beginnt die etwas abgedroschene "Freundschaft mit dem Feind", und der obligatorische Verrat läßt naturgemäß nicht lange auf sich warten: Caye schickt eine drogensüchtige Kollegin vor, um Zulema vor der Polizei zu warnen und gleichzeitig ihr Gesicht vor den spanischen Kolleginnen zu wahren.

Zur Freundschaft, die im Mittelpunkt des Films steht, kommt eine Problemschilderung des Berufsfeldes: Gewalt, Armut, Krankheiten, Beziehungsunfähigkeit, unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte. Dabei hätte sich Fernando León de Aranoa ruhig auf weniger Probleme konzentrieren können - zum Beispiel darauf, daß Zulema von besagtem gewalttätigen Freier zusehends unter Druck gesetzt wird.

 

Aber nein, man wird zusehends mit weiteren Problemen bombardiert: Zulema hat vermutlich AIDS, Mann und Kind sind in Lateinamerika, und sie verliebt sich auch noch unglücklich in einen Sozialarbeiter. Caye beneidet Zulema dennoch um ihre "Sehnsucht" nach der Familie. Sie philosophiert darüber, ob man nach etwas Sehnsucht haben kann, das man noch nie erlebt hat, und sagt Dinge wie: "Es tut weh, wenn man daran denkt, wie wunderschön alles sein könnte." Da wäre es wohl besser gewesen, man hätte nur die Bilder für sich sprechen lassen ...

"Princesas" wurde übrigens zum Teil an Plätzen gefilmt, an denen auch in Wirklichkeit die Prostituierten in Madrid arbeiten. Die wurden beim Drehen aber nicht "weggeschickt", sondern gaben den Schauspielerinnen sogar den einen oder anderen Tip. Die schauspielerische Leistung der beiden Frauen ist aber auch so bemerkenswert genug - und brachte beim Goya 2006 Candela Peña den Preis für die "Beste Hauptrolle" und Micaela Nevárez den für die "Beste Nebenrolle" ein. Was "Princesas" auffallend gut gelingt, ist das Erzeugen von Stimmung durch eine wacklige, aber distanzierte Kameraführung, die an "Volver" erinnert und zum Film paßt. Schade nur, daß einem durch das (Beinahe-)Happy-End dann die Suppe doch noch ein wenig versalzen wird ...

Bettina Figl

Princesas

ØØØ 1/2


Spanien/F 2005

OmU

113 min.

Regie: Fernando León de Aranoa

Darsteller: Candela Peña, Micaela Nevárez, Mariana Cordero u. a.

 

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Kommentare_

kontrola - 04.05.2007 : 17.36
inwiefern "z´haus im hurenhaus" passt ist fraglich! immerhin wohnt doch keine von den beiden hauptdarstellerinnen in einem bordell, od. dergleichen!
ansonsten stimme ich den etwas kritischeren aspekten der "bewertung" zu. für mich war der film über weite strecken zu "romantisch". eine darstellung der realität ist, auch wenn ich in den kreisen nicht sehr bewandert bin, nur zum teil gelungen. stellt sich die frage ob ein solcher film auf realitätsnähe anspruch erhebt, od. nicht...

lg. kontrola

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