Kolumnen_Kolumnen, die die Welt nicht braucht #11

Mac versus Windows

Ein beliebtes Thema für überflüssige Kolumnen ist der überflüssige Knatsch zwischen Windows- und Mac-Benutzern. Ihr Lieblingskolumnist wird diesen Streit heute für Sie und für alle Zeiten schlichten.    23.07.2009

Vorab ein Hinweis, da Sie sich sicher fragen, was mich befähigt, eine endgültige und schlußentscheidende Kolumne zu diesem ganze Foren füllenden Dauerbrenner zu schreiben. Die Antwort liegt in meiner Hardware-Ausstattung: Ich habe beides. Ich habe sogar ein altes Notebook mit Linux, das ich aber nie nutze, daher lasse ich das außen vor. Braucht eh keiner.

 

In diesem Augenblick verwende ich Windows, und es ist Ihnen sicherlich schon einmal aufgefallen, daß Apple-Produkte in der Berichterstattung des Technikteils aller Gossip-Magazine dieser Welt eine deutlich größere Präsenz erhalten, als es ihr Marktanteil erfordern würde. Schlimmer noch: Das Unternehmen mit dem Obst-Logo muß nur einmal kräftig abkoffern, schon schreiben alle den Furz in den Himmel und loben das Butscherl als Innovation, das die Welt verändern wird - auch wenn der Darmwind anderen schon Jahre vorher entfuhr, obschon mit einem weniger ansprechenden Design.

Ich erinnere mich an Kollegen, meist eingefleischte Mac-Nutzer, die sich nicht davon überzeugen ließen, daß weder MP3 noch USB noch der Computer oder das Handy ursprüngliche Apple-Erfindungen waren, auch wenn sie gerne glauben würden, daß der überteuerte Design-Mist, für den sie sich in prekären Arbeitsverhältnissen zu Tode schuften, zum Allerfeinsten und Allerneusten gehört. Woran liegt das?

Angeblich daran, daß Macs wahnsinnig kreativ machen. Ein Mac-User sagte einmal zu mir, und zwar sagte er es so, als würde er soeben gleichzeitig einen unwiderlegbaren Beweis für die Existenz Gottes und die Richtigkeit der M-Theorie aussprechen: "Es ist dieses perfekte Design", wobei er Design ganz amerikanisch näselte. "Niemand kann creative arbeiten, wenn er an einem grauen Combjooter sitzen muß. Wenn ich aber am Mac sitze, dann öffnet sich mein Mind." Was für ein armer Wicht.

Ohne mich beweihräuchern zu wollen, möchte ich bescheiden einflechten, daß ich u. a. mehrere erleuchtungsfördernde Kolumnen geschrieben, zwei Dutzend Bilder (Öl und Kohle) gemalt, zwei Software-Programme entwickelt, sieben Stunden Musik komponiert und drei schlechte Filme gedreht sowie einige coole Wörter erfunden plus eine eigene Theorie der Welt entwickelt habe (deren Darstellung hier aber keinen Platz hat). Außerdem bekam ich zuletzt Geld vom Finanzamt zurück - dank kreativer Buchhaltung. Kurz: Ich bin bestimmt irgendwie "kreativ", oder? Und doch: Bei alledem hatte ich nie das Gefühl, meine graue Windows-Kiste hätte mich daran gehindert, meiner Kreativität freien Dings zu lassen.

 

Aber wer weiß, was ich vielleicht alles hätte schaffen können, wenn ich nur einen Mac genutzt hätte? Zufälligerweise habe ich tatsächlich einen hier und versuche seit 1,5 Jahren, mich an ihn zu gewöhnen. Und ich gebe jetzt zu, daß ich diese Kolumne in Wirklichkeit gar nicht mehr auf Windows schreibe, weil ich nämlich inzwischen auf den Mac umgeschalten habe. Denn unter Windows ergossen sich vorhin nur ödeste Wörter in das triste Textprogramm des grauen Geräts. Jetzt aber, am Mac, entströmen mir kreative Kolumnen wie die, die Sie gerade lesen, und natürlich auch die, die danach kommen sollen und die ich natürlich am Mac schreiben werde - weil auf Windows würde mir echt nichts einfallen, da verblödet man völlig!

Ja! Jetzt, im kreativen Rausch, wird mir klar: Dieses ewige Gejammere der Windows-Nutzer über "Och schon wieder Mac- und iPhone-News" erinnert ein wenig an Amselfelder-Trinker, die Weinkennern ihren Bordeaux ausreden wollen. An Mitbürger, die Wein mit Strohhalmen aus Papp- und Plastikbechern schlürfen und die uns Mac-User anstänkern, weil wir unseren Wein aus einem Glas zu trinken wünschen.

 

- "Haha! Ein Glas ist doch ein veraltetes Design-Objekt!" sagen sie. "Und viel teurer! Und schwerer!"

- "Aber der Wein schmeckt daraus besser", argumentiere ich.

- "Haha! Du Fan-Boy! Es ist doch der gleiche Wein, wie soll der denn besser schmecken?" behaupten sie und langweilen mich mit jenen technischen Details, die wie Lametta am Baum ihrer Kleinsterkenntnis baumeln.

 

Sie haben richtig gelesen! Diese Windows-Barbaren, deren Aussagen soeben meiner Phantasie entsprangen, zitieren nicht etwa Villon oder Rimbaud, nein, sie beziehen sich auf das dumpfe PDF mit den technischen Daten. Sie weiden sich beim Pappbecher-Glas-Vergleich an der marginalen Erkenntnis, daß in beide Behältnisse 0,2 l eingeschenkt werden kann, der Pappbecher aber nur 5 Cent kostet, während das Glas mit 5 Euro zu Buche schlägt. Daraus schließen sie, der Pappbecher wäre die bessere Wahl, weil er doch so schön billig ist.

Ich sage: Laßt ihnen ihre Meinung! Prolos essen nun mal gerne Pommes mit verdreckten Fingern, saufen Bier zweifelhaften internationalen Ursprungs aus der Flasche, sehen sich gröhlend bundesdeutsches Unterschichten-TV an und kaufen sich die billigsten Windows-Notebooks. Und daran ist im Prinzip rein gar nichts auszusetzen. Auch wenn man selbst lieber Rinderfilet, guten Wein, Arthaus-Filme und Macs konsumiert.

Denn, seien wir ehrlich, letztlich ist es wirklich nur eine Frage des Geldes. Entweder man kann sich eine Edelnutte für eine ganze Nacht leisten, oder man muß mit ein paar klebrigen Minuten auf dem Drogenstrich vorliebnehmen. Technisch gesehen dasselbe, aber man hat es schön billig gekriegt.

 

 

Das Bilderrätsel:

Es ist mir rätselhaft, wie man an diesem Mac-Arbeitsplatz kreativ sein soll. Da kann ja nur Mist bei rauskommen. Zum Beispiel eine Kolumne über Mac versus Windows. Was für eine Zeitverschwendung.

Andreas Winterer

Kommentare_

AndreasWinterer - 24.07.2009 : 09.53
Die Maus im Bild ist übrigens von Microsoft. Meine Klicks auf Buttons wie "OK" sind daher oft unkreativ. Zur Verteidigung sei gesagt, dass es sich um eine mehrfach gerügte Designermaus handelt, die ich persönlich ganz hervorragend finde, nicht nur wegen des leuchtenden Streifens in der Mitte.
Alban Sturm - 03.08.2009 : 00.23
Sehr geehrter Herr Winterer,

die Sache ist m.E. recht einfach zu erklären.
Seit irgendein boshafter Gott den Amis dazu verhalf, eines ihrer technisch völlig unzulänglichen Produkte (vgl. dazu: Harley Davidson, etc.) im Entwicklungszustand einer hanebüchernen Garagenbastelei weltweit zu verbreiten, durchleiden wir die finsterste Rezession seit Augustinus. (Nicht auszudenken, was die Menschheit mittlerweile hätte erreichen können, wenn DER COMPUTER auch nur halbwegs ausgereift auf den Markt gekommen wäre!)
Seit jener grandiose Pfusch aber zum Standard wurde, vernichten wir massenweise Lebenszeit - und können nur hoffen, daß es nicht wieder 1000 Jahre dauert.
Heerscharen intelligenter Menschen mühen sich nun ab, dieser Fehlgeburt Nutzwert abzuringen. In ihrem Windschatten kam ein anderer Ami derweil auf die Idee, den Schas stattdessen hübsch zu verpacken und durch Zugriffsrestriktion "hausfrauensicher" zu machen: voilà, hier ist der Mac. Kann die Hälfte, kostet das Doppelte, stürzt aber nicht ganz so oft ab.
Tut mir leid: die Diskussion Fensterchen gegen Äpfelchen gemahnt mich allenfalls an die Frage, ob es sich z.B. in einem Klärbecken besser schwimmen läßt als in einer Senkgrube. (Und das war jetzt ein dem Thema angemessen miserables Gleichnis.)

Mit freundlichen Grüßen
Alban Sturm

P.S.: Ich arbeite daheim mit einem Netzwerk aus zwei Win-PCs und einem Mac-Laptop.
AndreasWinterer - 03.08.2009 : 16.10
Ehrlich gesagt: Ich habe diese völlig überflüssige Kolumne eigentlich nur in der Hoffnung geschrieben, um endlich mal zu spalten. Nichts ist doch ein verläßlichereres Thema als Mac vs. Win, wenn es darum geht. Kommentar-Trolle magisch anzuziehen, die sich dann in monatelangen Thread-Battles gegenseitig fertigmachen. Aber leider ging das Thema den meisten wohl so sehr am Arsch vorbei wie mir, und es kommentierten nur wieder: Sie. Na ja, wenigstens war es ein Kommentar, den man zitieren kann: "Die Diskussion Fensterchen gegen Äpfelchen gemahnt mich allenfalls an die Frage, ob es sich z.B. in einem Klärbecken besser schwimmen läßt als in einer Senkgrube." - ganz wunderbar gesagt! Ich persönlich ziehe das Klärbecken vor, wegen der größeren Kreativität.

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