Kolumnen_Kolumnen, die die Welt nicht braucht #18

Schweine, Sperma, Spam, Svetlana

Im heutigen Beitrag aus unserer Reihe "Unerhebliches - aktuell hindilettiert" wenden wir uns einem Tier zu, das wir alle kennen. Oder eigentlich: nur zu kennen glauben.    03.12.2009

Das kennen Sie, wenn Sie auch so ein Kolumnist sind, von denen es inzwischen viel zu viele gibt: Ein Chefredakteur ruft Sie an, klingelt sie um aller Herrgottsfrühe aus dem Bett, will endlich seine neue Kolumne. Mühsam zerren Sie Ihren Leib aus den Laken, schieben die Vorhänge zur Seite und fühlen sich - KREISCH! - wie der alte Graf in der sonnendurchfluteten Schlußszene von "Dracula jagt Mini-Mädchen". "Ha!" würden Sie nun sagen, wenn das hier ein Poetry-Slam wäre, "in der genannten Schlußszene stirbt Dracula nicht an der Sonne, du Vollpfosten!, sondern weil van Helsing ihn mit einer Schaufel in ein Grab hineinstößt, in dem vampirunglücklicherweise ein Pflock kokett aus der Erde ragt, ein Pflock, der ihn dann malerisch durchbohrt." Und Sie hätten recht, Sie Besserwisser. Aber verdammt, welcher Dracula endet denn dann in diesem Raum da, ich weiß auch nicht mehr, irgendwas mit Vorhängen, die beiseitegezogen werden ... oder war das in "Critters"?

Man müßte sich konzentrieren.

Zusammenreißen.

Ein Job für den inneren Schweinehund!

 

Wie hat man sich den vorzustellen? Mehr als rosa Schwein, mehr als brauner Hund? Ein kleiner Kläffer, ein großer, freundlicher Bernhardiner? Mein innerer Schweinehund ist bestimmt ein Golden Retriever, nehme ich an. Denn das klingt irgendwie edel. Jedenfalls, solange man nicht genauer drüber nachdenkt, denn dann bleibt nur noch ein Apportierhündchen im Escada-Goldlack übrig. Ein unsympathischer Büronachbar von Ihnen hat garantiert einen inneren Schweinehund, der bloß ein Dackel ist, etwas krumm und armselig, und sein Fell ist von der Farbe, die eine Straße hat, eine, die besonders vielen Dackelbesitzern als Ausflugsziel dient. Hehe, geben Sie sich ruhig diesem Bild hin ...

Nein! Reißen Sie sich zusammen! Seinen inneren Schweinehund zu überwinden ist nämlich keine große Kunst. Ich sage Ihnen auch, wie: Tun Sie´s einfach. It´s as simpel as that, da brauchen sie keine Seminare bei Gurus zu buchen, das kriegen Sie umsonst von mir, hier! (Zu den Seminaren gehen Sie ohnehin nie hin, denn dazu müßten Sie ja Ihren inneren Schweinehund überwinden. Sie haben ja noch nicht mal die Audiobooks bestellt.)

Eine Frage, die übrigens noch selten gestellt wurde, ist die, ob Frauen eine innere Sauhündin haben. Ich gebe zu: Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich sehe da mehr so einen inneren Pandabären. Oder ein schlafendes Huhn (war das schon sexistisch?), eventuell einen rosa Pudel mit Schleife in der Fönfrisur. Bestenfalls eine träge auf einem Ast hängende Raubkatze, die müde nach vorbeikommenden Schuhläden späht, aber über ein Blinzeln nicht hinauskommt, solange nicht wenigstens "50% OFF" draufsteht.

 

Frauen sind eh das Größte. Einmal pro Woche verliebe ich mich in eine schöne Osteuropäerin wie Akrasia oder Svetlana. Beide sind blond und sehen sehr gut aus, falls man auf überschminkte Plastikweiber steht. Nimmmich, sagt ihr Blick, oder wenigstens IchbineineguteHausfrau. Ihre Angebots-Mails sehe ich immer dann, wenn ich meinen inneren Schweinehund überwinde und den Spam-Ordner prüfe und ausmiste, wo ich dann die schöne Svetlana finde, neben Angeboten, mit Nebenjobs im Handumdrehen Millionär zu werden oder durch blaue Pillen stundenlange Erektionen zu haben, dank derer sich diese unwürdig verschwitzten menschlichen Akte dann immer ewig hinziehen.

Übrigens ist das hier keine Sexkolumne, weil die gibt´s erst das nächste Mal. Dennoch sei kurz eine heiße Blondine zitiert: "Hallo! Mein namen Svetlana. Ich sah dein Profil auf und Sie sind wie ich. Ich mochte, um sich mit Ihnen naher. Jetzt habe ich kein Mensch, und ich hoffe, dass die Agentur in der zweiten Halfte. Ich suche den Mann von 30 Jahren. Ich bin nur der Suche nach ernsthaften Beziehungen. Ich war noch nie verheiratet und habe keine Kinder." Aha, die schöne Svetlana ist also so gut wie neu, will mir die Mail sagen, die natürlich ein übler Menschenhändler verfaßt hat, ein echte Drecksau, nicht nur eine innere, ein Drücker, dem man eine verpassen würde, wenn man sich dazu aufraffen könnte.

Ein bißchen drecksäuisch finde ich auch jene Spams, die mir "Medikamente" anbieten, mit deren Hilfe ich meine Spermamenge vergrößern können soll. Jetzt mal ehrlich, Leute, bin ich ein verklemmter Spießer oder steht wirklich jemand auf die Drei-Liter-Ejakulation? Ich meine: Ehe man das Zeug loswird, trägt man es ja mit sich herum. "Hast du zugenommen?" fragten einen kurz vor dem Wochenende die Kollegen beim kalorienreichen Kantinenfraß. "Nein, ich sammle bloß gerade mein Ejakulat", müßte ich dann antworten und auf den Freitag-Abend-vor-den-Krimis-Quickie verweisen, der natürlich kein Quickie sein wird, weil ich ja parallel die blauen Pillen einschmeiße, ich wahnsinniger Sex-Maniac, ich.

 

Apropos Gewicht: Wenn Sie sich Samstag früh auf die Waage stellen und feststellen, "O meine Güte, schon wieder ein Pfund mehr", aber genau wissen, daß es nicht mehr der gehortete halbe Liter Sperma ist, dann müssen Sie sich ganz klar machen: NICHT SIE wiegen ein Pfund mehr und NICHT SIE sehen im Spiegel aus wie der Erfinder des Muskelschwunds - es ist alles nur Ihr innerer Schweinehund. (Soll der doch joggen gehen, abnehmen und all das!)

 

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Le Rätselles du Bild:

 

Was hat sich die Dekoration dabei nur gedacht? Ich meine: "Lammfell Wochen", wie lame ist das denn?

Andreas Winterer

Kommentare_

M. - 07.12.2009 : 23.07
Svetlana wird nicht antworten. Sie weiß, dass Du Deine blauen Pillen nicht genommen hast (und ohne die wirst Du das 3-Liter-Ejakulat ewig mit rumschleppen müssen)... Die Welt ist böse, oder ungerecht, oder beides.

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