La Roux "Uptight Downtown"
Enthalten auf der CD "Trouble in Paradise" (Polydor/Universal)
Manchmal fragt man sich schon, was in Kritikerhirnen so vor sich geht. Müssen die was gut finden oder wollen sie es unbedingt? Oder trifft eine bestimmte Art von Musik grad so sehr den Lebensnerv des Rezensenten, daß er nicht über den Tellerrand der eigenen Befindlichkeitssuppe rausschauen kann? Dafür hätte Manfred Prescher auf jeden Fall Verständnis - und hört deshalb grad La Roux. Weil die alle gut finden. 04.08.2014
Manche Dinge ändern sich einfach nie: Du wachst morgens auf - und noch bevor sich das Hirn einschaltet, singst du, daß du nur noch die Welt retten mußt oder daß Geld guat brenna tuat. Widerstand ist absolut zwecklos, das Miststück setzt sich in dir fest. Begleitet dich ins Bad, zum Frühstück und in den Job. Manchmal freust du dich, weil dir zufällig ein alter Bekannter durch die Denkmurmel stromert, manchmal ist es dir schlicht peinlich. Wer will schon gern über sieben Brücken gehen oder von Jürgen Drews in den Tag geleitet werden?
In dieser Kolumne geht es um hinterhältige und fiese Lieder, die sich in dir festsetzen.
Wie so oft hat die beste Liebesgefährtin von allen recht. Sie lehnt im Türrahmen, während gerade "Uptight Downtown" von La Roux läuft. Die englische Künstlerin, die tatsächlich so altklug nach Disco klingt, in Wahrheit aber so alt ist wie mein Sohn und vom Samstagnachtfieber nichts mitbekommen hat, wird derzeit von den Kritikastern alloverthere über den grünen Klee gelobt. Womit eigentlich? Ein wenig mit Recht schon, finde ich, denn der Groove durchzuckt mein altersmüdes Tanzbein doch ganz kräftig. Aber irgendwie denkt es gerade "das klingt doch sehr nach Madonna" durch meine Denkmurmel. Ich singe vollautomatisch - kaum daß der Song von La Roux zu Ende ist - "Get Into The Groove". Das Stück geht dann in mir nahtlos und in bester Mixmaster-Manier in "Like A Prayer" über. Damit ich auch im nachhinein genau nachempfinden kann, wo denn bitteschön "Uptight Downtown" herkommt.
Und es stimmt: Im kompletten, nach dem Debüt von 2009 erst zweiten Studioalbum der vom Produzenten Ben Langmaid (Faithless) geförderten Künstlerin liegt ein riesiger Zitatenschatz. Eigentlich ist das Ganze überhaupt nur ein Haufen netter Zitate, denke ich, während die CD von La Roux zum zweiten Mal eine Laser-Behandlung bekommt. "Überall klingen die 80er Jahre durch den Disco-Sound. Ich höre da viel Eurhythmics, Human League und Depeche Mode raus." Was natürlich ein absolutes Qualitätsmerkmal ist. "Being Boiled", "People Are People" oder von mir aus auch "Sweet Dreams (Are Made Of This)" waren und sind verdammt gute Pop-Songs. Insofern müssen wir La Roux dankbar sein, denn sie hätte aus dem Zeitstrom auch andere Dinge ans Nachtlicht der Glitzerkugel zerren können. Ferkel Sharkey zum Beispiel. Gut, das war ein schaler Witz, weil der Sänger der Undertones auch ziemlich was drauf hatte. Erinnert sei hier nur an "Never Never", das er vor Jahr und Tag unter dem Namen The Assembly gemeinsam mit Vince "Ex-Depeche-Mode" Clarke aufgenommen hat. Aber es hätte auch Modern Talking statt Madonna sein können. Na, Prost Mahlzeit!
Ich will den Kritikern auch nicht unrecht tun: La Roux könnte schon der Soundtrack für spätsommerliche Clubnächte sein. Disco geht ja einfach immer, wirkt immer noch nie altmodisch und bringt automatisch noch den müdesten Körper in Schwingung. Wahrscheinlich funktioniert das Ganze auf einer Strandparty ganz wunderprächtig - womit schon der Unterschied zum fünf Jahre alten Erstling beschrieben ist: dessen Sound war viel härter, technischer und metallener. Aber das ist mir im Moment völlig piepenhagen, ich bin ja hier kein Kritiker, sondern nur der Kolumnist. Ich höre grad noch einmal "Uptight Downtown" und freue mich darüber, wie der Track wieder allmählich in "Get Into The Groove" und dann in "Like A Prayer" übergeht. Jetzt muß ich das nur noch bis heute Abend konservieren - dann geht´s ab in die Disse.
Im Auto werde ich der besten Liebespartnerin von allen La Roux vorspielen, weil sie mir im Gegenzug einen Tip gegeben hat, über was bzw. wen ich in der kommenden Ausgabe fabulieren könnte. Weil ich nämlich schon herzlich über ihn gelacht habe. Nächste Woche schreibe ich daher hier für euch exklusiv über Friedrich Liechtenstein. Wir wissen, daß der Typ irgendwie "supergeil" ist, aber doch ein veritabel durch die Welt rollendes Rad ab hat. So. Ihr könnt derweil machen, wonach euch der Sinn steht. Aber bleibt´s dabei friedlich. Ich bin derweil gespannt, wie sie das Album von La Roux findet - und ob es für sie zum "Eingrooven" taugt. Da sie Madonna schon nicht mag, vermutlich aber nicht.
Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER
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