Kolumnen_Unerwünschte Nebenwirkungen
Spielverderber
Dr. Trash empfiehlt: Nützen Sie Ihren Computer zum Spielen, legen Sie sich eine neue Playstation zu und vergeuden Sie jede Menge Zeit in der Postapokalypse von "Fallout 4", wischen Sie auf Punktejagd über den Tablet-Bildschirm. Nur das, was Studenten und Möchtegern-Denker über die Spielkultur absondern, sollten Sie lieber nicht lesen. Da vergeht einem der Spaß.
04.04.2016
Wenn man für etwas viel Geld ausgibt, möchte man es gut finden. Deswegen mögen Jungfamilien ihre scheußlichen Klimakteriums-Würfelhäuser, erfreuen sich Lustgreise an ihren geschmacklosen Kabrios - und wollte der Doc auch WASD (Sea of Sundries Verlag) gut finden, trotz des geharnischten Preises von 15,90 Euro pro Ausgabe. Aber schon der Titel des "Bookazines" (eine Art Zeitschrift im Digest-Format) ist für jeden, der seinen Rechner nicht nur zum Arbeiten benützt, mehr als verlockend: Die Tasten W, A, S und D sind nämlich jene, die man in einem Spiel zur Fortbewegung einsetzt. Daß WASD noch dazu "Texte über Games" verspricht und sich in jeder der bisher sechs Ausgaben einem anderen Thema (Trash, Geld, Skandal usw.) widmet, verheißt Lesegenuß; zumindest dann, wenn man wie der alte Trash entscheidende Teile des Lebens mit Videospielen zugebracht hat und sich heute noch gern via YouTube und Fachzeitschriften darüber informiert.
In bester Absicht, täglich vor dem Schlafengehen noch genüßlich einen Level weiterzulesen, stürzt sich Ihr Kolumnist also in die Lektüre des im freundlich-postmodernen Eighties-Layout gehaltenen Taschenhefts - und erlebt eine Enttäuschung nach der anderen. Neben viel zu wenigen Profis, allen voran dem hervorragenden Christian Schmidt, dürfen sich in dieser Publikation leider vor allem Studenten der Geschwätzwissenschaften (danke, Akif Pirincci!) betätigen. Die Autoren sind Blogger und andere Hobbyisten, die irgendwie in der akademischen Steuergeldvernichtungsmaschine oder in "Jugendmedien" untergekommen sind und hier halb verlegen zugeben, daß sie Spiele ja eigentlich schon mögen, aber leider: der Kapitalismus, der Sexismus, der Imperialismus, die Homophobie, die Behindertenfeindlichkeit! Das alles werfen Sie der modernen Computerspiel-Industrie und deren Fans vor, fordern stattdessen mehr korrekte Games mit Diversität und Inklusion, finden die immer gleichen und tödlich langweiligen Indie-Spielchen gut - und wenn sie sich gar nicht mehr zu helfen wissen, weil die nächste Themenverfehlung vor der Tür steht, greifen sie zu ihrer Lieblingswaffe, der Ironie. Nun weiß aber jeder, der die ironischen Anwandlungen der in Szenebezirken herumlungernden Bart-, Brillen- und Caritas-Lumpenträger erlebt hat, daß sie mit diesem schartigen Schwert genauso wenig umgehen können wie mit der Feder ...
So scheint es, als wollten sich die WASD-Autoren nur ein warmes Plätzchen bei den Mainstream-Medien erschreiben. Tja, schlechte Nachricht, Buben, Mädeln und Gender-Verwirrte: die sperren bald alle zu. Und dann müßt ihr wieder draußen auf der Gasse spielen.
Trotzdem: Schade um die gute Idee. Und das viele Geld.
Dr. Trash
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