Print_Charlie Huston - Blutrausch

Von denen Vampyren auf Drogen

Im zweiten Teil seiner Blutsauger-Reihe begibt sich der amerikanische Noir-Autor mit Joe Pitt in ein neues Territorium der nächtlichen Parallelwelt New Yorks: Er soll eine Droge finden, die die Untoten nur allzu lebendig macht ...    04.06.2008

Wir Menschen können uns glücklich schätzen. Warum? Weil es uns die Einnahme von Sedativen gestattet, unserem öden und gleichzeitig nervenraubenden Alltag hin und wieder zu entfliehen. Der ordinäre Vampyr hat da weniger Perspektiven auf einen entspannten Abend: Von einem Vyrus (so der Name des Krankheitserregers in Hustons Schauerbüchern) befallen, das den Hunger nach Blut fördert, sind die Ahnen Nosferatus ständig auf der Suche nach frischem Lebenssaft. Ausgiebiges Entspannen bei einem kleinen Gläschen Wein oder einem großen Joint ist ihnen nicht gegönnt, da das hinterlistige Vyrus alle im Handel erhältlichen Drogen neutralisiert, um den ausgebleichten Körper für die Blutaufnahme zu regenerieren. So ein Leben ist trist und streßt ungemein.

In "Blutrausch" kommt schließlich Anathema - die Droge für den Vampyr - auf den Markt. Nur macht die leider auch nicht gerade locker ...

 

Joe Pitt, der freiberufliche Unterhändler der Untoten und Mann fürs Grobe, gerät gleich zu Beginn des Romans in einer Bar an einen äußerst aggressiven und wild um sich schlagenden Artgenossen, nachdem dieser zuvor verdächtig lange auf der Toilette war. Pitt, als Detektiv äußerst kombinationsfähig, schließt Verdauungsprobleme für ein solch unziemliches Verhalten aus und legt sich sofort mit dem Rowdy an. Nach ein paar ordentlichen Faustwatschen, wie in Hustons Büchern üblich, erlegt Pitt den Gegner, schneidet ihm den Kopf ab und läßt ihn verschwinden.

So weit, so gut. Schlecht ist allerdings, daß der narrische Vampyr zur "Society" gehörte. Terry, der Anführer dieser Vereinigung, ist über den Verlust seines Kumpels nicht sonderlich erfreut und verlangt umgehend eine Gegenleistung von Pitt: Er schickt den abgehalfterten Privatschnüffler los, um den Ursprung der neuen Wunderdroge aufzuspüren. Pitt nimmt den Auftrag an; schließlich ist der ordentliche Detektiv von Welt stets knapp bei Blut und Kasse.

Seine Recherchen führen den ehemaligen Junkie in den Hood, das Revier von DJ Grave Digga und eine für Weiße höchst unwirtliche Gegend. Dort warten bereits einige höchst finstere Gestalten auf den Privatermittler.

Charlie Huston kennt auch in der Fortsetzung von "Stadt aus Blut" kein Erbarmen, wenn es um Schilderungen von Gewalt, kurze und prägnante Dialoge oder skurrile Figuren geht. Der Autor der "Prügelknabe"-Trilogie versteht es erneut, einen fertig geschnittenen Film im Hirn seiner Leser ablaufen zu lassen: spannend, rasant und voller Blut. Das steigt einem bei der Lektüre auch in den Kopf und verursacht auf jeden Fall einen Bilderrausch, der sich hoffentlich bald im Kino wiederfinden wird. Bis es soweit ist, greifen ausgehungerte Leser am besten zwecks Überbrückung zu "Half the Blood of Brooklyn", dem dritten Band der Revenantenreihe.

Nikolaus Triantafyllidis

Charlie Huston - Blutrausch

ØØØØ

(No Dominion)

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Heyne (München 2008)

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