Print_Max Barry - Company

Manager und andere Idioten

Während uns "The Corporation" die öffentliche Vorgehensweise großer Konzerne vor Augen führte, offenbart diese Satire firmeninterne Sinnlosigkeiten.    30.08.2006

Mit seinem Erstling "Fukk" (im Original: "Syrup") zog Max Barry die buntschillernde Oberflächlichkeit der Werbewelt und ihre Mechanismen durch den Kakao; in "Logoland" (im Original "Jennifer Government") warf er einen Blick in eine dystopische Zukunft, in der die Welt ganz offen von Großkonzernen regiert wird.

Jetzt legt der australische Autor mit "Company" seinen dritten Roman vor - und beweist erneut, daß er neben Christopher Moore und Bill Fitzhugh zu den scharfzüngigsten und witzigsten Autoren der Gegenwart gehört. Erzählt wird die Geschichte des Konzern-Neuzugangs Jones, der seinen ersten Job bei der ominösen Firma Zephyr Holdings bekommt. Dort hat noch niemand je den Boß der Bosse (oder, wie es in der schönen neuen Konzernsprache heißt: CEO) zu Gesicht bekommen, eine der Empfangsdamen fährt einen sündteuren Sportschlitten, und keiner kann ihm sagen, was die Firma eigentlich produziert. Stattdessen raten ihm seine Kollegen, sich brav im Uhrwerk mitzudrehen und bloß keine Fragen zu stellen oder gar Ideen zu unterbreiten. Hier macht sich niemand Gedanken über den Sinn diverser Arbeitsanweisungen seitens des Senior Managements, solange man nur brav seine Voicemails abhört, zur richtigen Zeit kuscht und seinen Kollegen bei Bedarf das Hackl ins Kreuz haut. Und über den Unterschied zwischen Menschen und Human Resources denkt ohnehin längst keiner mehr nach ...

 

What are the relative merits of sleeping with your boss versus someone at the same level? Which causes the more spectacular career implosion?

 

When is physical violence an appropriate response to management policy?

 

Why is that one reserved parking space always empty?

 

If the company is reorganizing again, doesn´t that mean the last reorganization was a total waste of time and money?

 

(aus dem Klappentext zu "Company")

 

Welch entscheidende Rolle der Ratgeber "The Omega Management System" in Max Barrys neuem kreativen Universum spielt, warum es im Zephyr-Gebäude keinen 13. Stock gibt und wie ein fehlender Doughnut beim Büffet als Damoklesschwert für Angestellte fungieren kann - das sind nur drei der vielen kleinen, witzigen Geheimnisse, die sich in diesem Roman verbergen.

"Company" sollte jedem angehenden Wirtschaftsstudenten und potentiellem Management-Erfüllungsgehillfen als Pflichtlektüre ebenso ans Herz gelegt werden (wenn es nicht ohnehin schon zu spät ist), aber auch diversen Westentaschen-Revoluzzern. Denn welche Auswirkungen es wahrscheinlich hätte, wenn man dem einen oder anderen Schäfchen die Führungsetage wegnimmt, gibt es hier ebenfalls nachzulesen. Der anzustrebende Zustand liegt in Wahrheit wieder einmal irgendwo in der Mitte.

Die deutsche Übersetzung des Romans wird übrigens im November unter dem Titel "Chefsache" bei Heyne erscheinen. Dann können sich auch passionierte Deutschleser wieder vom Talent des jungen Querkopfs überzeugen und bekommen endlich all die wunderbaren Details in Taschenbuchform serviert. (Wie beispielsweise den verkehrten Gebäudeplan: Das oberste Stockwerk trägt die Etagennummer eins, damit man gleich weiß, wo man sich auf der Karriereleiter befindet.)

Absoluter Konsumzwang!

Jürgen Fichtinger

Max Barry - Company

ØØØØØ


Doubleday (New York 2006)

 

(Die englischsprachige Taschenbuchausgabe ist für März 2007 bei Vintage Books angekündigt)

 

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