Kannibale und Liebe

In "Roter Drache" und "Das Schweigen der Lämmer" half der aufgrund seiner besonderen kulinarischen Neigungen inhaftierte Hannibal "The Cannibal" Lecter noch bei der Ergreifung blutrünstiger Serienkiller. Inzwischen genießt er seine Freiheit in Florenz und spielt selbst Katz und Maus mit dem FBI sowie einer Reihe zwielichtiger Gestalten.

Seit Lecters spektakulärer Flucht aus Memphis ist viel Zeit ins Land gegangen. Er selbst steht kurz davor, dank seiner profunden Dante-Kenntnisse zum Kurator der Capponi-Bibiliothek in Florenz ernannt zu werden. FBI-Agentin Clarice Starling, der er einst zu Ruhm und Ansehen verhalf, hat dagegen eine Pechsträhne: Nach einem mißglückten Einsatz entgeht sie nur knapp der Suspendierung und wird wieder auf den Doktor angesetzt. So verbringt sie ihre Tage in einem dunklen Kellerloch des FBI-Gebäudes mit dem Sichten alten Lecter-Materials.

Unterdessen sinnt der Multimillionär Mason Verger, der einst von Lecter dazu überredet wurde, sich selbst die Gesichtshaut abzuziehen, auf Rache. Zunächst dient ihm ein geldgieriger Florentiner Kommissar namens Rinaldo Pazzi als Werkzeug zur Ergreifung Lecters. Doch als dieser Plan fehlschlägt, beschließt Verger, Clarice als Lockvogel zu benutzen, um den Doktor endlich in seine Gewalt zu bekommen.

Dieser demonstriert in "Hannibal" erneut seine intellektuelle Überlegenheit sowie einen recht schwarzen Humor. Der Spaß hört allerdings auf, sobald Clarice Starling ins Spiel kommt. Ihr gegenüber hat er sich zum ausgemachten Romantiker entwickelt, macht ihr teure Geschenke und lädt ein zu stimmungsvollen, wenn auch etwas morbiden Candlelight-Dinners.

Julianne Moore gibt die desillusionierte, aber doch stets pflichtbewußte Agentin Starling durchaus überzeugend, und auch Anthony Hopkins sind seine anfänglichen Bedenken, die Rolle des Kannibalen noch einmal zu übernehmen, in keinster Weise anzumerken. Dazu gibt´s viele schöne Aufnahmen von Florenz, ein bißchen Blut und ein bißchen Spannung. Ein netter Film also, wenn auch keiner für die Ewigkeit. Denn wirklich Neues oder Erstaunliches in Bezug auf Lecter wird in "Hannibal" nicht präsentiert. Der geniale Serienmörder tut, was er immer schon getan hat, und der Zuschauer hat ausgiebig Gelegenheit, ihn sowohl beim Kulturgenuß als auch beim Morden zu beobachten. So ergibt sich nach einiger Zeit ein Gefühl der Vertrautheit, seine Handlungen werden vorhersehbar. Dadurch verliert die Gestalt des Dr. Lecter zwangsläufig einiges von ihrer früheren Faszination. Entschädigen mag dafür, daß man den guten Doktor endlich einmal bestens gelaunt in "freier Wildbahn" agieren sehen darf.

Die "Special Limited Edition" besteht aus zwei DVDs. Diese enthalten neben der ungekürzten Kinofassung auch über zwei Stunden Bonusmaterial. Zu den Highlights gehören 13 geschnittene Szenen sowie ein alternatives Ende, auf Wunsch auch mit Audiokommentar des Regisseurs Ridley Scott. Dazu gibt es ein ausführliches "Making of", verschiedene Trailer zum Film, Poster-Designs, Photos und Biographien. Einblick in die Techniken des Filmdrehens liefern "Multi-Angle"-Specials, wie die Aufnahme der Fischmarktsequenz aus dem Blickwinkel von vier verschiedenen Kameras oder der Vergleich Storyboard-Film. Ärgerlich an der DVD ist nur, wie so oft, daß die deutschen Untertitel bei der englischen Sprachversion nicht ausblendbar sind.

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