Prince Vince

"The guy you love to hate" - unter diesem Titel erlangte der ewige Punk und Außenseiter Vincent Gallo in Hollywood und der Boulevardpresse zweifelhaften Ruhm. Auf dem Warp-Album "When" zeigt er sich von seiner romantischen Seite.

Bereits mit neun Jahren gründete er seine erste Band. Mit 17 stand er mit Jean-Michel Basquiat im legendären New Yorker Punk-Tempel CBGB´s auf der Bühne, und als 19jähriger nahm er mit seiner Band Bohack den Underground-Klassiker "It Took Several Wives" auf. Man kann Vincent Gallo also nicht den Vorwurf machen, sich nahtlos in den Reigen mittelmäßig interessanter "Actor turns musician"- Transformationen (siehe: Keanu Reeves, Eddie Murphy, William Shatner usw.) einzureihen. Nein, er war bereits lange vor seiner Zeit als Hollywood-Newcomer und Darling der New Yorker Kunstszene vor allem eines: Musiker.

Mit seinen Rollen in Emir Kusturicas "Arizona Dream", Abel Ferraras "The Funeral", und Alan Taylors "Palookaville" avancierte Gallo zur großen Schauspielhoffnung, durch seine Auftritte als Calvin-Klein-Model zum Sexsymbol für Intellektuelle und mit seinem brillanten Regieerstling "Buffalo 66" zum neuen Helden der amerikanischen Independent-Filmszene.

In Hollywood gilt er heutzutage als "the guy you love to hate". Seine offen ausgetragenen Fehden mit Schauspielerkollegen wie Tim Roth, Kiefer Sutherland und Cristina Ricci sind ständiges Futter für die Boulevardpresse, und auch sonst gibt sich der gute Vincent betont schwierig und widersprüchlich: als bekennender Rechtskonservativer und Bush-Fan etwa, zugleich aber auch als Bewunderer von Pasolini, strikter Abstinenzler, Ex-Punk, Rennfahrer oder zwanghafter Sexualneurotiker. Anscheinend hat er begriffen, daß heutzutage nur mehr Schizophrene überleben können...

Ganz anders als Gallos breit kolportiertes und geschickt vermarktetes Superego präsentiert sich sein neues Album "When". Es klingt fragil, brüchig, sensibel und melancholisch - und bietet somit die ideale Untermalung für gräuliche Herbst- und Wintertage. Die Instrumentierung klingt nach "Chet Baker meets the John Lurie Orchestra for a Jim Jarmusch Movie" und erinnert an die ruhigeren Momente der Spätachtziger-"Rootless Cosmopolitans". Übrigens zeichnet Gallo - wie sollte es anders sein - für Produktion, Songwriting und Arrangements allein verantwortlich.

Der Instrumentaltrack "I Wrote This Song for the Girl Paris Hilton" eröffnet das Album und legt auch das Fundament für die musikalische Grundstimmung der folgenden vierzig Minuten: lyrische Jazzgitarren, sanfte Bariton-Saxophone, hypnotisch verschleppte Drums und seltsam dahinzirpende Bontempi-Orgeln. Ab und zu wird dieser Soundtrack von Gallos femininer Stimme durchbrochen, die von verlorenen Romanzen, verträumten Sommerabenden und verblassenden Farben erzählt, die meiste Zeit jedoch dezent im Hintergrund bleibt. Auf "Laura" und "Cracks" durchbricht eine Prise Westcoast-Rock à la David Crosby das musikalische Gesamtgefüge, ansonsten bleibt "When" aber stilistisch homogen.

All das hat man in der einen oder anderen Form zwar schon etliche Male gehört; dennoch gelingt es Vincent Gallo, sein musikalisches Konzept durchwegs charmant umzusetzen. Fazit: Auf "When" wird der Underground nicht neu erfunden, aber immerhin gekonnt repliziert. Schön, sowas...

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