Auf den Spuren von ABBA?

Von wegen kühle Schweden aus dem hohen Norden... Entombeds neues Album "Morning Star" kann einfach keinen kaltlassen, denn die Jungs beweisen, daß sie noch genügend Pfeffer im Arsch haben.

Wer glaubt, aus Schweden gäbe es nur Musikalisches à la ABBA oder Roxette zu hören, irrt natürlich. Im hohen Norden ist man auch den metallischen Breitseiten durchaus nicht abhold, was unter anderem daran erkennbar ist, daß dort "solche" Musik von Industrie und Staat anerkannt und daher gefördert wird.

Entombed gehören sicher zu den heftigsten Vertretern des "Metal, made in Sweden", und daß sie in letzter Zeit wohl öfter ein wenig Slayer gelauscht haben, ist auf dem neuen Longplayer einerseits unüberhörbar, andererseits ist man ihnen nicht wirklich böse darüber, haben sie doch das offensichtlich Gehörte weiterentwickelt und zu ihrem ureigenen Stil zurückgefunden.

Nach dem 1998 erschienenen, eher braven Album "Same Difference" wollte man die Band eigentlich bereits abschreiben, und das Folgealbum "Uprising" ging am Schreiber dieser Zeilen mangels Interesse ungehört vorüber.

Bei den ersten Sekunden des "Morning Star"-Openers namens "Chief Rebel Angel" vermag man auch ein wenig in die Irre geführt zu werden, beginnt das Stück doch mit dem Zupfen einzelner Saiten auf einer Akustikklampfe. Entombed Unplugged? Zum Glück nicht, denn das war auch schon die einzige ruhige Stelle für die nächsten 37 Minuten. Im nächsten Moment bekommt man ein Gitarrenriff ins Trommelfell geknallt, das jeden Liebhaber musikalischer Rohkost aufhorchen läßt, und gleich wird klar, wo es langgeht. Hier kommt man einfach zur Sache.

Gitarren- und Trommelgewitter der feschesten Sorte, unterlegt mit Bässen, die das Festkleben des Aschenbechers auf dem Wohnzimmertisch nahelegen, und mittendrin Shouter LG, der überhaupt keine Probleme hat, sich lautstark Gehör zu verschaffen. Abgesehen davon klingt der gute Mann sowas von angefressen, daß man fast annehmen möchte, er würde Nägel und Glasscherben zum Frühstück verspeisen. Umso erstaunlicher, daß man auch noch die Texte versteht. Beim darauffolgenden "I For An Eye" wird noch einmal ein Gang höher geschaltet - und wer jetzt glaubt, Entombed hätten mit den ersten beiden Songs ihr Pulver bereits verschossen, wird vom nächsten förmlich niedergewalzt. Entombed schaffen es zum einen mit Leichtigkeit, die Heaviness eines jeden Songs peu à peu zu steigern, zum anderen gestalten sie das Ganze auch noch so abwechslungsreich, daß einem dabei einfach nicht fad wird. Keine Gnade, keine Ruhepausen und schon gar nichts für Weicheier, die Linkin Park für heavy halten. Als weitere Tracks zum ersten kurzen Reinhören seien hier noch "Out of Heaven" und das unglaublich harte "City of Ghosts" empfohlen. Bei letzterem stört nicht einmal das Gitarrensolo.

Entombed haben sich auf ihre Wurzeln des Death Metal zurückbesonnen und beweisen endlich wieder, was sie am besten drauf haben: Nackenbrecher-Songs der Klasse 1A in einem Sound-Gewand, das so manche Heimanlage (und möglicherweise auch einige Mitmenschen) an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen wird. Alles in allem ist "Morning Star" ein durchgängig hervorragendes Album geworden, mit dem die fünf Schweden sicher zahlreiche neue Fans finden und verlorene wieder zurückgewinnen werden.

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