Zwischen Kaffeehaus und Wasserpfeife

Über die letzten Jahre hat sich der relaxte, eklektische Downtempo-Sound von den Underground-Läden bis in die Megastores sein eigenes Regal erkämpfen können. Das vierte Kapitel der "Black Coffee"-Serie liefert die gültige Legitimation dazu.

Abgesehen von allen ökonomischen (d. h. Cash-Flow-generierenden) und marketingtechnischen Gründen erfüllt eine gute Compilation primär einen Zweck: die Bereitstellung eines repräsentativen Querschnitts einer Periode und/oder einer musikalischen Stilrichtung (sei es als Bewahrer von bewahrungswerten Teilen der Vergangenheit oder als Spiegelbild des Moments). So auch die "Black Coffee"-Reihe, die sich der Welt bereits zum vierten Mal als Pulsmesser der kontemporären NuGroove-Evolution anbietet - wie gehabt erdacht, zusammengestellt und gemixt von den beiden Wiener Dopebeat-Haudegen Klangwirkstoff Scheibosan und eMU.

Schon mit den ersten drei Ausgaben hat das soundverliebte Duo vorgeführt, wie man Qualität, Aktualität und professionelles Fine-Tuning (bei Produktion und Mixing) mit Liebe und tiefgehendem Verständnis für die eigene Musik verbindet. Die neue CD ist ein glamouröser Show-Room für die vielen Gesichter des amorphen Hybrid-Wesens NuGroove. Honigsüßer, lasziver Downtempo-Jazz in der Form von Koop’s "Bright Nights" oder das verträumte, soulige "Seelen-Ganja" (mit einer Prise Latin) "Outra Vida" von Les Gammas gehören genauso zu diesem multidimensionalen musikalischen Janus-Gesicht wie zum Beispiel der jazzig-coole, urbane Nachtschwärmer-Soundtrack "Orbit In Moskow" der Orbit Experience. Und es tut nicht allein der Promotion-Wirksamkeit gut, wenn auch das jet-settende Underground-Establishment Eingang in das Track-Listing findet: so u. a. Boozoo Bajou’s wunderschöne wie treibende Brazil-Ästhetik im Euro-Design ("Night Over Manaus") oder die filigran-ekstatischen Soundscapes von Quantic, der "smooth electronics"-Durchstarter des letzten Jahres. Im Slot daneben die Shanti Roots, die ihre harten Jungle-Wurzeln hinter sich gelassen haben und heute statt dessen homöopathische Akustik-Salben aus spacigen Tribal-Breakbeats produzieren. Und weil es sich nun einmal so gehört, findet sich auch die fast schon obligate Prise G-Stone - Tosca’s bekannt lässige, deftig-schöne Grooves’n’Beats namens "Natural High". Bei diesem Aufgebot an hochwertiger Dopebeat-Grandesse dürfen die - gemessen an den weltweiten medialen Lobpreisungen - größten Impressarios des Jahres 2001 nicht fehlen: das französisch-argentinische Gotan Project und seine bis dato ungehörte Fusion aus Electronica, Tango und Dub - akustische Erotik für den Heimgebrauch.

Natürlich, "Black Coffee 4" ist eine Compilation mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen dieses Formats. Und die Erfahrung lehrt Skepsis bei allem mit dem Label "Lounge" oder "Chill-Out". Diese Klippen aber haben Scheibosan und eMU - auch beim vierten Mal - gekonnt umschifft und die (definitiv akute) Gefahr vermieden, im Meer der hippen Trend-Sampler unterzugehen. Statt dessen präsentieren sie uns eine smoothe Sound-Galerie an feinsten Dopebeats - aus der Wiener Perspektive irgendwo zwischen Kaffeehaus und Wasserpfeife.

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