Im Wendekreis des Hendls

Es gibt genau zwei Hollywood-Filme, denen es gelungen ist, das Mysterium Voodoo glaubhaft in Szene zu setzen und in den Plot zu integrieren. Einer davon ist Alan Parkers Okkult-Thriller "Angel Heart".

Bruce Willis war nicht immer der Mann fürs Grobe in Hollywood. Während der Exmann von Frau Plastikbrust nämlich den bösen, toughen Jungen immer nur spielte, gab es seinerzeit einen Schauspieler, der im richtigen Leben mindestens genauso dreckig und gemein war wie die Charaktere seiner Filme. Lassen Sie sich diesen Namen bitte ganz langsam auf der Zunge zergehen: Mickey Rourke.

Galt Rourke in den Achtzigern noch als männlicher Superstar der Traumfabrik (man erinnere sich an Coppolas "Rumble Fish", den Erotikschnickschnack " 9 1/2 Wochen" oder Ciminos "Year of the Dragon"), so kam eines Tages der Absturz für den exzentrischen Bad Boy - und abgesehen von vielen, vielen B-Movies konnte man Mickey nicht mehr allzuoft auf der Leinwand bestaunen. "Angel Heart", einen der besten Filme des Kurzzeit-Profiboxers, gibt es jetzt auf DVD.

Harry Angel, seines Zeichens abgebrannter Privatdetektiv, bekommt eines Tages von einer zwielichtigen Gestalt den Auftrag, einen verschwundenen Schnulzensänger namens Johnny Favorite ausfindig zu machen. Angels Klient Louis Cyphre glaubt nämlich nicht daran, daß Favorite tot ist und will eine offene Rechnung mit dem Schmalspur-Casanova begleichen. Auf der Suche nach Favorite verstrickt sich Angel immer tiefer in ein klebriges Netz aus Mord und Gewalt und landet schließlich in New Orleans, der Hochburg des Voodoo. Doch statt der erhofften Aufklärung findet er wieder nichts als Leichen. Als er schließlich erkennt, wer sein Klient in Wirklichkeit ist, ist es bereits zu spät. Denn die Wahrheit über Johnny Favorite ist gleichzeitig sein Verhängnis.

Regisseur Alan Parker, auf dessen Konto unter anderem der Rassistenknaller "Mississippi Burning" sowie der unterhaltsame Kinder-Gangsterfilm "Bugsy Malone" gehen, gelang es mit "Angel Heart", einen der düstersten Filme fernab des traditionellen Noir-Genres zu erschaffen. Abgesehen davon, daß die Charaktere alle miteinander seelische Wracks oder gescheiterte Engel sind, spielt sich auch beinahe sämtliches Geschehen im Dunkeln ab. Die musikalische Untermalung erfolgt größtenteils durch die jazzigen Klänge Trevor Jones, nur ab und zu ein bißchen aufgelockert vom guten, alten New-Orleans-Blues. Eindrucksvoll inszenierte Voodoozeremonien, Mickey Rourke at his best sowie Robert De Niro als Teufel runden das Ganze zu einem perfekten Filmspaß in Sachen Paranoia-Kino ab. Allerdings nicht für die ganze Familie - denn was "Angel Heart" an hollywoodeskem Pathos fehlt, wird durch Zynismus und explizite Gewaltdarstellungen wieder wettgemacht. Als optisches Schmankerl zwischendurch gibt es Bill Cosbys Serientochter Lisa Bonet beim Hendlabschlachten nackt zu sehen. Der Film mußte übrigens seinerzeit wegen angeblicher sexueller Freizügigkeit für den US-Release entschärft werden.

"Angel Heart" ist nicht nur ein hervorragender Thriller, sondern dürfte neben Wes Cravens "The Serpent and the Rainbow" wohl zu den gelungensten Hollywood-Vehikeln mit Voodoo-Touch gehören. Die DVD selbst begeistert nicht nur durch makellose Bild- und Tonqualität, sondern auch durch das relativ umfangreiche Zusatzmaterial. Zum ersten Mal übertrumpft eine deutsche DVD-Veröffentlichung ihr amerikanisches Pendant, denn im Gegensatz zur US-Variante verfügt die Kinowelt-Version über einen "Running Commentary" des Regisseurs - eine kleine Sensation.

Wer beklemmenden Nervenkitzel liebt, ein Faible für Okkultes hat und Mickey Rourke einmal am Höhepunkt seiner Karriere (also vor dem Face-Lifting) sehen möchte, sollte bei dieser DVD unbedingt zuschlagen. Ein düsterer Genuß der Sonderklasse.

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