Feelgood-Nostalgie in Vinyl

Noch nie hat ein Film von Stephen Frears so viele Publikumsbedürfnisse befriedigt wie "High Fidelity". Die Literaturverfilmung überzeugt mit witzigem Milieu und unaufdringlicher Romantik.

Die meiste Zeit seines Berufslebens über war der britische Regisseur Stephen Frears nicht übermäßig populär. Der Mann ist ein echter Langzeitprofi, der seit den 70er Jahren Filme dreht, es aber bisher nur ein einziges Mal zu großen Headlines brachte: 1988 mit "Gefährliche Liebschaften". Sein sonstiges Schaffen war mehr der Cineastenszene ein Begriff - großartige Filme wie "Mein wunderbarer Waschsalon" (1985), "Grifters" (1990; nach einer Story von Krimi-Kultautor Jim Thompson) oder "Hi-Lo Country" (1998) gingen am großen Publikum eher vorbei. Nun dürfte ihm jedoch mit "High Fidelity" endlich ein weiterer echter Abräumer gelungen sein - und zwar mit seiner ersten beschwingt-emotionalen Komödie. Wenn Ihnen diese Genrebezeichnung Krämpfe verursacht, können Sie sich gleich wieder entspannen: so schlimm ist es nicht, im Gegenteil. "High Fidelity" basiert auf dem gleichnamigen Kultbuch von Nick Hornby und holt - wahrscheinlich durch die verkürzende Form des Films - mehr heraus, als das Buch je bieten konnte.

Ein ungewöhnlich präsenter und symphatischer John Cusack spielt Rob, den ewigen Beatnik und halbwegs erfolglosen Besitzer eines auf Vinyl-Sonder- und Originalausgaben spezialisierten Schallplattenladens. Der introvertierte Dick (Todd Louiso) und der impulsive Barry (Jack Black), die Rob heimlich sein "musikalisches Autisten-Paar" nennt, arbeiten seit drei Jahren um lächerliche wenig Geld für ihn - und hängen üblicherweise viele Stunden über ihre reguläre Dienstzeit hinaus im Geschäft herum. Man kann sich also vorstellen: ein bunter Insider-Plattenladen, wo überall Posters und Stickers von Bands (deren Namen man gut oder flüchtig kennt) herumhängen, und dazwischen drei Musik-Nerds, von denen nur der Ranghöchste nicht völlig verhaltensgestört ist.

Rob gehört also dieses Geschäft, und er kann auch halbwegs davon leben, aber er wird eindeutig älter, und ein Drang zur Seßhaftigkeit macht sich bemerkbar. Dieser wird besonders akut, als seine Langzeitfreundin Laura (gespielt von der jetzt in Hollywood entdeckten Dänin Iben Hjejle, die u. a. auch in "Mifune - Dogma #3" großartig war) die gemeinsame Wohnung verläßt, um bei Robs Exnachbarn, dem Esoterik-Fuzzi Ian (Tim Robbins), einzuziehen. Auch wenn er sich vor Laura vorerst nichts anmerken läßt, schlittert Rob in eine Sinnkrise. Er beginnt, jene früheren Freundinnen anzurufen, die für seine zwischengeschlechtliche Entwicklung am wichtigsten waren.

Die ersten beiden Lieben disqualifizieren sich bereits nach dem ersten Aufwärmtreffen. Als nächstes ist die oberflächliche Szene-Tussi Charlie (Catherine Zeta-Jones) an der Reihe, die Rob zwei Jahre lang verehren durfte. Aber auch die ist nicht gerade das, wonach er sucht. Und die hilfesuchende Sarah schließlich, mit der er sich damals über Charlie hinweggetröstet hat, macht ihm endgültig klar, daß er entweder Laura zurückbekommen muß oder niemals mehr eine Frau fürs Leben finden wird. Trotzdem läßt er sich mit einer hübschen Sängerin (Lisa Bonet) ein, und schließlich vögelt Laura auch mit Ian. Aber dann bringt ein unerwarteter Todesfall die beiden doch wieder zusammen - bleibt nur noch die Frage, ob es Rob diesmal gelingen wird, Laura zu halten...

"High Fidelity" ist ein wirklich witziger Film mit netten Cameo-Auftritten diverser Stars, viel breitgestreutem Wiedererkennungswert in Sachen Beziehung/Liebe und jeder Menge Spaß. Dazu gibt´s einen Soundtrack, der voll auf gute Musikkenntnisse setzt - das kann nur schwerlich schiefgehen. Die witzigste Szene, als Lauras neuer Lover Ian in Robs Laden auftaucht, um ihn davon zu überzeugen, den Telefonterror bleiben zu lassen, läßt einen zwangsläufig in schallendes Gelächter ausbrechen. Und Stephen Frears direkter, linearer Stil schafft hier die nötige Klarheit, um auch Leute, die keine Musikfreaks sind, begeistern zu können.

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Oben: Rob (John Cusack) und Laura (Iben Hjejle), als sie noch dieselben Platten hörten.
Unten (v. l. n. r.): Barry, Dick und Rob kokettieren im Laden mit Sängerin Marie De Salle (Lisa Bonet).
Unten Mitte: Gleich wird Rob auf Ian (Tim Robbins) losgehen.
Ganz unten: Beim Begräbnis geraten sich Rob und Lauras Freundin Liz (John Cusacks ältere Schwester Joan) in die Haare.