Ausgeblutet

Schließt die Fenster - der König der Blutsauger ist zurückgekehrt! Drei Jahre nach seinem 100. Geburtstag muß der alte Karpatenfürst erneut bekämpft werden. Doch statt Knoblauch und Kreuzen sollte man sich lieber mit einem kräftigen Zeigefinger bewaffnen, denn das Motto lautet: klicken, bis das Blut gefriert.

Heutzutage weiß jedes Kind, was ein Vampir ist. Immerhin wurden bereits unzählige Filme verschiedenster Qualität zu diesem Thema produziert, und obwohl die Generation X den Blutsauger 2000 wahrscheinlich eher mit Wesley Snipes und Salma Hayek assoziiert, steht eines nach wie vor fest: Dracula ist und bleibt eine der faszinierendsten Figuren der phantastischen Literatur. Wer kann sich schon des Charmes eines mysteriösen Mannes erwehren, der wie ein illegaler Einwanderer aus dem Ostblock klingt? Leider wurde mit dem Mythos des unsterblichen Blutsaugers aber auch jede Menge Schindluder betrieben.

Hat man das PC-Game "Dracula - Resurrection" erst einmal durchgespielt, wird man das flaue Gefühl nicht los, wieder einmal der Vermarktung einer Ikone auf den Leim gegangen zu sein. Die Handlung des Spiels ist schnell erklärt: Die gute Mina konnte es sich wieder mal nicht verkneifen und hat sich zwecks Selbstfindung Richtung Rumänien aufgemacht. Ihr Ehemann Jonathan Harker muß das Schlamassel ausbaden und reist seiner Angebeteten schnellstens nach. (Wer hat es schon gern, wenn die schlechtere Hälfte sich mit exotischen Männern trifft?) Im transsylvanischen Dorfe angekommen, gilt es zuerst, das Schloß zu finden, und dann natürlich die Liebste. Wer glaubt, daß anschließend der Spaß erst richtig losgeht, der täuscht sich gewaltig, denn mit Minas "Befreiung" ist das Spiel auch schon vorbei.

Das Sprichwort vom Schein, der trügt, bewahrheitet sich bei "Dracula - Resurrection" bereits, wenn man das Zellophan von der Verpackung entfernt hat. Immerhin befindet sich in der Box nicht einmal ein ordentliches Handbuch; vielmehr wird man mit einem kleinem 08/15-Booklet abgespeist, das genau so dünn und inhaltslos ist wie die gesamte Handlung, auf der das Spiel aufbaut. Hinzu kommt die Tatsache, daß diese Software-Greueltat irgendeinen Bezug zum letzten großen Dracula-Film haben soll - was zumindest der Vorspann vorgaukelt. Man darf sich also gleich doppelt darüber wundern, warum Jonathan nicht weiß, wie man zum Schloß des Grafen kommt. Der Kerl verhält sich überhaupt so, als hätte er noch nie von den Blutsaugern gehört und wäre zum ersten Mal in seinem Leben mit derartigen Geschehnissen konfrontiert.

"Dracula - Resurrection" beeindruckt einerseits durch perfekt animierte Zwischensequenzen, deren Figuren mit viel Liebe zum Detail zum Leben erweckt wurden, stürzt den Spieler aber andererseits in eines der langweiligsten "Adventures" (wenn man es überhaupt so nennen kann) seit langem. Die Aufgabe des braven PC-Users besteht primär darin, sich durch zahllose Hintergründe zu klicken und dabei an den Haaren herbeigezogene Rätsel zu lösen. Untermalt wird die hatscherte Story durch eine atmosphärische Soundkulisse, die jedoch beim 187. Klick auf die Maus nur noch nervt. 20 Stunden Spielspaß in atemberaubender 3D-Umgebung werden auf der englischen Homepage (auf der man übrigens auch gleich die Komplettlösung zum Spiel findet!!!) versprochen. Stattdessen bekommt man Frust, Langweile und Gelenkschmerzen geliefert. Bela Lugosi würde sich wahrscheinlich mitsamt seinen Gürteltieren im Grabe umdrehen, wenn er von diesem Spiel wüßte. Pfui!

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