Gespräche zur "Labels Night Vienna", Teil eins: Anläßlich der Präsentation des "Labels"-Verbundes von Virgin Music (siehe Live-Bericht im EVOLVER) spielten im Wiener WUK einige der Speerspitzen der jeweiligen Indie-Plattenfirmen auf. Mit dabei waren in dieser lauschigen Oktobernacht auch die grandiosen Simian, die Christoph Prenner vor ihrem Auftritt zum Gespräch bat.

Wer in den letzten Monaten auch nur mit halbwegs offenen Ohren für intelligente und eigenständige Popmusik durch die Welt streifte, an dem dürfte "Chemistry Is What We Are" (siehe EVOLVER-Rezension), das formidable Debütalbum der Briten von Simian, nicht spurlos vorübergegangen sein. Äußerst klug und abgeklärt wurden da oft Zitate aus gleich mehreren Dekaden Musikgeschichte abenteuerlich ineinanderverwoben wie nix Gutes. Was dabei herauskam, ist ein äußerst sonder- und vor allem wunderbarer Querschnitt aus Retropop und Futurismus, Psychedelik und Bodenhaftung, Zwirbel-Electronica und Akustikklampfen, Syd Barrett und Brian Wilson, Unruhe und Kontemplation, Song und Track. Zerbrechlicher Dämmerungs-Pop mit Klarheit im Blick, bei dem es um eines im besonderen geht: Atmosphäre. Als ob dies ein zentrales Wort in der Wahrnehmung ihrer Musik wäre, taucht es im Gespräch mit Simon Lord (Gesang), Alex MacNaughton (Baß), Jas Shaw (Keyboard/Elektronik) und James Ford (Schlagzeug) auch immer wieder auf.


EVOLVER: Wenn´s darum geht, jemandem eure Musik mit wenigen Worten zu erklären, stehe ich immer wieder vor demselben Dilemma: Es geht ganz einfach nicht. Meistens rede ich mich dann raus und sage: "Weiß nicht. Hör´s dir doch selbst an." Wie würdet ihr denn eure Musik mit wenigen Worten beschreiben?
James:
Weiß nicht. Hör´s dir doch selbst an. Nein, im Ernst: Als wir das Album aufnahmen, haben wir auch nicht so viel darüber nachgedacht, weil wir teilweise selbst noch gar nicht so genau wußten, wo uns der Weg hinführen würde. Ich könnte dir jetzt natürlich einige Beschreibungen geben, aber darum geht es uns überhaupt nicht.

EVOLVER: So weit hergeholt ist das aber gar nicht. Nicht zuletzt die britische Musikpresse ist doch meist sehr kreativ im Erfinden neuer Schubladen. In eurem Fall versuchte man sich wahlweise an Wortkrücken wie Neo-Folk oder Psychedelic-Folk, mit deren Hilfe man euch dann bequem gemeinsam mit Leuten wie Badly Drawn Boy oder The Beta Band einsortieren kann. Stört euch das eigentlich?
Simon:
Eigentlich nicht. Immerhin haben die auch hervorragende Platten herausgebracht. Ich denke aber, unsere Musik steht schon für sich selbst. Übrigens sind wir wirklich viel von psychedelischer Musik der späten Sechziger beeinflußt worden, z. B. von Os Mutantes oder den Silver Apples. Das steckt natürlich alles in unserer Musik drinnen, obwohl darauf eigentlich nicht das Hauptaugenmerk unserer Kompositionen liegt.

EVOLVER: Als Ansatzpunkte sind ja auch schon Love oder T. Rex angeführt worden.
James:
Das ist großartig. Natürlich hören wir nicht wirklich T. Rex, aber wenn die Leute das in unserer Musik wahrnehmen können, ist das für uns in Ordnung.

EVOLVER: Wie kann man sich euren Songwriting- bzw. Produktionsprozeß vorstellen? Funktioniert da wirklich vieles nach dem Prinzip von "trial and error" (Anm.: gleichzeitig Name des Simian-Aufnahmestudios)?
James:
Am Anfang steht meist schon traditionelles Songwriting, das wir quasi als Grundgerüst benützen, um dann darauf aufbauend mit einem breiten Spektrum der Klangerzeugung in unserem Studio herumzuexperimentieren. Da waren verschiedenste Quellen involviert, bis hin zu den Sachen von Autechre oder anderen Warp-Künstlern.



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