Wer in Sachen Asiatisches Kino nicht mehr bis zur nächsten Viennale durchhalten kann, dem bieten - wie jedes Jahr - die Wiener Sommerkinos ein abwechslungsreiches Angebot aus dieser etwas anderen Welt (des Films). Jürgen Fichtinger faßt die Highlights zusammen.

Betrachtet man die Sommerkino-Programme der letzten Jahre, sticht dabei vor allem ein Kino durch sein konsequentes Angebot an exotischer Filmkunst ganz besonders hervor: Das Wiener Filmcasino. Dessen Sommerkino ist fast traditionell der Garant für die meißten Gelegenheiten, Kino „Made in Asia“ genießen zu können. Auch heuer wird es wieder zahlreiche Neugierige in Richtung Magaretenstraße ziehen, präsentieren die Programmverantwortlichen doch ganze acht Österreichpremieren aus dem „Fernen Osten“ und beweisen damit, daß der heimische Kinohorizont nicht überall in Hollywood endet. Falls das Wetter doch mitspielen sollte und man den cineastischen Freuden auch einmal unter freiem Himmel frönen möchte, empfiehlt sich vor allem die Arena - dort wird ebenfalls mit der Erstaufführung eines japanischen Schmankerls aufgewartet.

Das Programm ist an sich recht ausgewogen - jeweils ein Film stammt aus Korea, Hongkong und den Philippinen, der Rest aus Japan. Auf Länder wie z. B. Taiwan wurde aber ganz vergessen. Warum man sich beim südkoreanischen Beitrag ausgerechnet für einen Kurzfilm rund um den Familienalltag in Korea mit all seinen Macken entschieden hat, statt uns Werke wie "Soul Guardians", "Nowhere to Hide", "Shiri" oder den vielleicht schon etwas angestaubten "Ginko Bed" endlich auf der großen Leinwand zu präsentieren, ist ein wenig unklar. Schön ist jedenfalls, daß zumindest zwei Kinos sich näher mit exotischer Filmkost beschäftigen. Andere ignorieren es weitgehend - siehe Votiv - oder ziehen sich einfach möglichst billig mit der alljährlichen "Akira"-Vorführung (Campuskino) aus der Affäre. Aber man kann nicht alles haben.

Neun sehenswerte, bei uns noch kaum bekannte Filme in knapp zwei Wochen - so sieht die Ausbeute für Liebhaber des Asiatischen Kinos heuer aus. Einige davon werden im folgenden kurz vorgestellt. - außerdem gibt´s Termine und Infos zu allen neun...

Arena Sommerkino - 26. Juli 2000, 21.00 Uhr

Pornostar

Den Auftakt zum "Asien Kino Sommer 2000" bildet heuer Toyoda Toshiakis heftig umstrittenes Regiedebüt PORNOSTAR - ein eher verstörender Film, der sich ganz der sinnlosen Gewalt widmet. Im Mittelpunkt steht der junge Arano, der auf seinem Spaziergang durch Shibuya (Stadtteil Tokyos) scheinbar willkürlich entscheidet, wen die Menschheit braucht. Die Yakuza zählt jedenfalls nicht dazu. Auf seinem philosophischen Streifzug durch die Straßen der seltsamen Metropole begegnen ihm allerlei abgehalfterte Gangster, kriminelle Jugendbanden auf Skateboards, durchgedrehte Mädels, Drogendealer und was man sonst noch in Großstädten so antrifft. Zu dumm für Clubbesitzer Kamijo, daß der Jungpsychopath gerade für ihn freundschaftliche Gefühle entwickelt und ihm mehr oder weniger zur Seite steht, als sich Probleme mit einer rivalisierenden Gang anbahnen.

Der 31jährige Toyoda, der sich bis dato mit dem Verfassen von Drehbüchern einen Namen in Japans Filmbiz gemacht hat, zeichnet mit PORNOSTAR ein befremdendes Bild einer (zumindest auf der Leinwand) zutiefst verstörten Jugend, für die Gewalt scheinbar genauso zum Alltag gehört wie kleine, gelbe Monster.

Filmcasino Sommerkino - 7. August 2000, 21.30 Uhr

Yentown

Eine futuristische Vision zum Thema multikultureller Großstadt liefert Iwai Shunji mit YENTOWN, der wohl unter seinem internationalen Titel "Swallowtail Butterfly" besser bekannt ist. Die Story: Außerhalb Tokyos befindet sich ein heruntergekommenes Slumviertel namens Yentown - ein kleiner Schmelztiegel der Völker, wo man einen Kauderwelsch aus Englisch und Japanisch spricht und Differenzen zwischen Nihonjins und Gaijins nichts verloren haben - sprich: man trifft auf eine große, friedliche Familie. Das Mädchen Glico (gespielt von Japan-Popikone Chara) und ihr Freund kommen eines Tages in den Besitz einer Musikkassette, auf der Frankieboys „My Way“ zu hören ist. Die bedeutende Kleinigkeit: Das Tape befand sich im Magen eines aus dem Fenster geworfenen Yakuza und enthält ganz nebenbei ein paar Daten, die für das Fälschen von 10.000-Yen-Scheinen nützlich sind. Mit dem ergaunerten Geld erfüllen sich die Yentowner schließlich einen Traum und eröffnen einen Club in Tokyo, inklusive dazugehöriger Band. Doch der Reichtum bringt auch Probleme mit sich, denn die utopische Gemeinschaft entfremdet sich zusehends voneinander - Stichwort Habgier - und ein ganzer Haufen zwielichtiger Gestalten ist ebenfalls hinter dem Magnetband her...
Regisseur und Drehbuchautor Iwai zählt neben Filmemachern wie Sabu, Aoyama Shinji oder Ishii Katsuhito momentan zu den populärsten Zugpferden des jungen japanischen Kinos. Aus der Musikvideo- und Fernsehfilm-Branche kommend, gewann er mit seinen ersten Kinospielfilmen "Undo" und "Love Letter" zahlreiche Preise und erzielte mit zweiterem einen beträchtlichen finanziellen Erfolg an den Kinokassen Japans, Hongkongs und Taiwans. Immerhin eine kleine Sensation - er schaffte es tatsächlich, die eher kinofaule Jugend Japans wieder in die Säle zu locken, um statt der üblichen Hollywood-Spektakel einen japanischen Film zu sehen. Iwai gilt als Begründer der Neunziger-Jahre-"New Wave" und steht für eine Generation von Filmemachern, die keinerlei Problem damit hat, sich mit Hilfe von Super8, Video oder Werbeclips ins Geschäft zu drängen.



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