Stories_Plakativ: Star Trek/Boy A

Look long and prosper

Die Werbemaschinerie für den "Star Trek"-Neustart hat angeblich mehr gekostet als der Film selbst. Da ist es nur konsequent, daß wir an dieser Stelle die Plakatserie dazu ganz genau unter die Lupe nehmen.    08.05.2009

Star Trek


Was wir sehen: Da ein riesiges Franchise wie "Star Trek" nicht mit nur einem Poster auskommt, gibt es gleich zwei Serien. Zum einen sind das schlichte, dramatisch beleuchtete Schwarzweiß-Porträts der Hauptdarsteller; zum anderen Plakate, die eines gemeinsam haben - sie bestehen jeweils aus einem Ausschnitt des "Star Trek"-Logos und einem Bild der Hauptcharaktere, das sich innerhalb dieses Logoausschnitts befindet. Diese Version gibt es farbig für die Guten und schwarzweiß für die Bösen. Außerdem unvermeidlich: das "Hier haben wir alle Charaktere, das Logo und sogar das gute und das böse Raumschiff drauf - genial, oder?"-Poster, das leider hauptsächlich eingesetzt werden wird.

Worum es augenscheinlich geht: Wer noch nie von "Star Trek" gehört hat, könnte vermuten, es handele sich
A. um einen Superheldenfilm - so bunt, grimmig und zu allem bereit sind sonst nur Superhelden;

B. um einen Serienkillerfilm, der eine ganze Reihe von Killern hat - so extragrimmig, wie die Herrschaften auf den Schwarzweiß-Porträts dreinschauen.

Aber mal ehrlich: Gibt es einen solchen Unwissenden?

 

Worum es tatsächlich geht: Wie zur Zeit bei mehreren Filmreihen ("Batman", "Wolverine") en vogue, geht es um die Ursprünge/die Origin-Story der "Star Trek"-Saga.

 

Zum Plakat: Die Bildsprache ist ikonenhaft. Wir sehen hier Menschen bzw. Wesen, die überlebensgroß sind; was sich aus dem übergroßen Franchise ganz auch natürlich ergibt. Erstaunlich ist, wie ähnlich die Protagonisten auf den Photos den späteren Seriendarstellern sehen. Im Film selbst ist diese Ähnlichkeit nicht ganz so verblüffend.

Es ist auch interessant, daß nicht alle der Abgebildeten Blickkontakt zum Betrachter aufnehmen. Spock, McCoy und Scotty sehen an uns vorbei, was auf ihren eher ruhigen, introvertierten Charakter hindeuten könnte.

Grundlegend finde ich die Idee gut, Plakatreihen zu gestalten. Die Schlichtheit und Dramatik der Schwarzweiß-Porträts ist kaum zu übertreffen. Bei der bunten Reihe jedoch habe ich ein Problem: Zusammen ergeben die einzelnen Plakate zwar das "Star Trek"-Logo, allerdings niemals ganz, sondern nur an den Seiten beschnitten, was ich als absolut unbefriedigend empfinde. Außerdem kann man nur jeweils vier zusammensetzen und nicht alle acht. Kapitän Kirk und der Bösewicht sind so auf jeden Fall Bestandteil, die anderen Charaktere können ausgetauscht werden.

Auch die bereits zusammengesetzte Variante des Plakats hat das Problem, daß das Logo abgeschnitten ist - sehr ärgerlich, wenn man die Poster sammeln möchte. Das "Konzept" des abgeschnittenen Logos setzt sich übrigens auch auf der offiziellen Seite fort. Ich finde eine solche Unvollständigkeit immer betrüblich, weil ich es mag, wenn mehrere Teile ein großes Ganzes ergeben. Ähnliche Probleme gibt es beispielsweise bei DVD-Reihen, deren erster Teil anders gestaltet ist als der zweite (beispielsweise die "Twin Peaks"-Reihe). Ist das dann inkonsequente Gestaltung oder hat man zwischendurch die Agentur gewechselt? Das dürfte bei "Star Trek" allerdings kaum eine Rolle spielen; die Plakate erscheinen ja alle zum gleichen Zeitpunkt.

Insgesamt finde ich beide Plakatreihen sehr gelungen. Bedauerlich ist nur, daß zum Marketing hauptsächlich das "Hier ist alles drauf"-Plakat eingesetzt wird, das ich zu vollgestopft und deshalb unübersichtlich finde. Außerdem ist es natürlich ein "floating heads"-Plakat, was ich grundsätzlich bedaure. Mehr Informationen über "floating heads" finden sich auf meinem Weblog: http://wiedererkennbar.blogspot.com/2009/03/plakat-fast-furious-iv.html)

 

Übrigens: Der deutsche Sender Kabel 1, der anläßlich des Filmstarts den Monat Mai zum "Star Trek-Monat" erklärt hat, entwickelte ein Plakat nach Vorbild der Filmplakate, auf dem das Logo tatsächlich komplett erscheint.

 


Boy A

 

Was wir sehen: Das Profil eines Jungen mit Kapuzenpullover, nach unten geneigtem Kopf und nachdenklichem Gesichtsausdruck. Hinter ihm sehen wir einen farblich getönten Himmel. Der Pullover wird von verschiedenen Zeitungsartikeln überlagert. Eine der Schlagzeilen lautet "Mysteriöse Vergangenheit enthüllt". Der Titel des Films lautet: "Boy A - Jeder verdient eine zweite Chance".

 

Worum es augenscheinlich geht: Ein namenloser, grüblerischer Junge ist nicht, was er zu sein scheint. Aber er hat die Freiheit, alles zu tun und zu sein, was er möchte.

 

Worum es tatsächlich geht: Der junge Jack Burridge (Andrew Garfield) wird nach Jahren aus dem Gefängnis entlassen und bekommt eine neue Identität, mit der er in einer anderen Stadt neu anfangen möchte.

Das Geheimnis um das grausame Verbrechen, das ihn ins Gefängnis brachte, lastet jedoch schwer auf seinen Schultern. Wie lange kannst du mit einem solchen Geheimnis leben?

Zum Plakat: sehr starker Filmtitel, der die Assoziation aufkommen läßt, daß hier jemand kategorisiert und in eine Schublade gesteckt wird. Der junge Mann ist nur im Profil zu sehen und versteckt sich auch noch unter einer Kapuze. Auch durch die Bildsprache wird also deutlich, daß er ein Geheimnis hat.

Die Zeitungsausschnitte auf dem Pullover sind zwar erkennbar, spielen aber von weitem gesehen sicher keine Rolle. Sie sind ein Detail, das man nur aus der Nähe wahrnimmt - wenn man ganz genau hinschaut, sieht man auch, um welches Verbrechen es sich handelt. Für den generellen Aufbau des Posters sind sie jedoch belanglos. Der blaue Himmel im Hintergrund könnte den Neuanfang des Jungen symbolisieren: ein neutrales Gebiet, das es zu erobern gilt.

Es ist ein schönes, schlichtes Plakat, das das Geschehen zwar beschreibt, aber genug Raum für eigene Interpretationen läßt. Die Zeitungsausschnitte sind meines Erachtens allerdings zuviel des Guten; beim näheren Hinsehen verraten sie eigentlich zu viel, als daß man sich den Jungen unvoreingenommen ansehen könnte.

Eine andere Plakatversion zeigt den Jungen fast komplett von hinten, während im Hintergrund ein verheißungsvolles Land auf ihn zu warten scheint - ein Pier am Meer mit Riesenrad und Achterbahn sowie ein strahlender Sonnenaufgang symbolisieren hier den Neuanfang. Der Untertitel lautet hier "Sie nahmen ihm seinen Namen, damit er eine Zukunft haben konnte." Für mich ist Version zwei das noch ausdrucksstärkere Plakat als die zur Promotion vorwiegend genutzte erste Variante.

C. Franziska Richter

Kommentare_

Stories
Plakativ: G. I. Joe/Coco Chanel

Dunkles Leder und das "Kleine Schwarze"

Diese Woche dreht sich in unseren Plakatanalysen alles um martialische Ganzkörperanzüge und sexy Abendkleider - in zwei verschiedenen Filmen.  

Stories
Plakativ: Zerrissene Umarmungen/Public Enemies

Ich seh, ich seh, was du nicht siehst ...

Erblindete Regisseure und charismatische Gesetzesbrecher stehen diesmal im Mittelpunkt unserer wöchentlichen Plakatanalyse. Schauen Sie sich das an!  

Stories
Plakativ: The Good, The Bad & The Weird/Selbst ist die Braut

Von Bräuten und Pferden

Diese Woche treiben es nicht nur die Koreaner im Wilden Westen bunt - auch Sandra Bullock ist bereit, für ihre Karriere jede Schandtat zu begehen.  

Stories
Plakativ: Che Teil 2 - Guerilla/Edge of Love

Rebellenbärte und Frauenlippen

Benicio del Toro spielt wieder Revoluzzer, während zwei Damen lieber die Dreiecksbeziehung erkunden. Die EVOLVER-Expertin nimmt die dazugehörigen Plakate unter die fachkundige Lupe.  

Stories
Plakativ: Harry Potter/Birdwatchers

Unterhaltung vom Fließband

Alle Jahre wieder ein neuer "Harry Potter" ... Wir schauen lieber den Vögeln zu und überlassen die Plakatanalyse wie jede Woche der Dame mit dem Blick fürs Detail.  

Stories
Plakativ: Brüno/Kommissar Bellamy

A Man With A Dildo

Der immer dickere Gerard Depardieu schleppt sich durch einen weiteren Film. Außerdem: Ein schwuler Kärntner erobert Hollywood. Wenn das der Jörg noch miterlebt hätte ...