Video_DVD-Tips 9/2007

Digitale Bescherung

Ob der Weihnachtsmann von elektrischen Rentieren träumt, weiß kein Mensch ... Aber wir wissen, was wir Ihnen diesmal präsentieren wollen: einen liebenswerten Serienkiller, das Grauen aus dem Körberl, kurzsichtige Propheten und tanzende Indianer.    19.12.2007

Jürgen Fichtinger

Blade Runner - Five-Disc Ultimate Collector´s Edition


(USA 1982 & 2007/Region 2 oder 1/Warner Home Video)

 

Die Achtziger waren nicht nur das Jahrzehnt der Fönfrisuren und des Synthie-Pop, sondern auch das der Menschmaschinen und Maschinenmenschen. Neben James Camerons "Terminator" und Paul Verhoevens "Robocop" sorgten seinerzeit vor allem Ridley Scotts Replikanten unter Filmfreunden für Gesprächstoff. Die Frage, ob Rick Deckard (Harrison Ford) auch ein Androide war, ist da fast nebensächlich - Rutger Hauer und Daryl Hannah hatten definitiv ein paar grandiose Schrauben locker.

Mit seinem "Blade Runner" schuf der "Alien"-Regisseur mit Sicherheit die - immer noch - beste Verfilmung eines Philip-K.-Dick-Stoffs. Jetzt liegt endlich die erste Kaufvariante seit Erfindung der VHS vor, die Hardcore-Fans und Neulinge gleichermaßen wunschlos glücklich macht: Aufgeteilt auf fünf DVDs, finden sich in dieser Edition die alte Kinofassung, der alte Director´s Cut (ohne Voice-over und aus einer Zeit, in der diese Bezeichnung tatsächlich noch eine Bedeutung hatte), der legendäre Workprint, die internationale Kinofassung und der brandneue Director´s Cut alias "Final Cut", da Scott den alten seinerzeit im Huschpfusch-Verfahren erstellen mußte.

Tonnenweise Extras, darunter gleich vier hörenswerte Audiokommentare, sorgen für reichlich Beschäftigung in den Weihnachtsfeiertagen. Wer ungefähr zehn läppische Euros drauflegt, erhält bei der US-Auflage gleich noch einen Koffer, ein Origami-Einhorn und diversen anderen Schnickschnack dazu.

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(USA 2007/Region 2/Paramount)

 

Philip K. Dick, die zweite: Ridley Scott war der erste Regisseur, der eine der fabulösen literarischen Visionen des Hobby-Paranoikers umsetzte; seither sind viele, viele Verfilmungen nachgekommen. In der bislang letzten kämpfen Nicolas Cage und Julianne Moore gemeinsam gegen böse Terroristen. Cage gibt darin Chris Johnson, der zwei Minuten in die Zukunft schauen kann; Moore eine FBI-Agentin, die sich genau dieses Talent zunutze machen will, um die Gangster am Zünden einer Atombombe zu hindern. Regisseur Lee Tamahori ( "Once Were Warriors", "Die Another Day") inszeniert die auf Dicks Geschichte "The Golden Man" basierende Story recht flott und beschert 90 unterhaltsame Minuten, die sich vor anderen Adaptionen nicht zu genieren brauchen. Dick-Kenner werden zwar gegen Schluß den üblichen Trick 17 erleben, doch das kurzweilige Sehvergnügen wird dadurch keineswegs getrübt.

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Basket Case


(USA 1982/Region 2/cmv Laservision)

 

Eine schöne Bescherung der besonderen Art hat Duane Bradley in Frank Henenlotters Trash-Klassiker zu bieten: Statt "Knüppel aus dem Sack" heißt es bei ihm nämlich "Bruder aus dem Korb". Das Thema "mörderische Zwillinge", aus dem Cronenberg "Dead Ringers" machte und das De Palma zu "Sisters" verarbeitete, wurde in Henenlotters Händen ein billlig heruntergekurbelter Drive-in-Streifen. Der junge Duane schleppt seinen Bruder Belial im Korb aus dem Titel (der als Slang-Ausdruck aber natürlich auch für "hoffnungsloser Fall" steht) mit sich herum. Gemeinsam rächen sie sich an den Übeltätern, die seinerzeit für ihre chirurgische Trennung und die vermeintliche Entsorgung des schwer verunstalteten Häufchens Elend verantworlich waren ... Was Henenlotters Machwerk neben seiner liebenswerten Inszenierung von anderen Billigprodukten abhebt, sind die Ernsthaftigkeit, mit der er an die Bindung der beiden herangeht, und der Zwiespalt zwischen Bruderliebe und Lösungsängsten.

Die DVD bietet ein unterhaltsames Radio-Interview mit einer der Darstellerinnen sowie einen hörenswerten Regiekommentar, der Einblick in die damalige Independent-Szene und Henenlotters Produktionsmethoden gewährt. Teil zwei und drei von "Basket Case" sollen übrigens ebenfalls in Bälde veröffentlicht werden.

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Baby, it´s cold outside!


Bad Santa

(USA 2003/Region 2/Sony Pictures Home Entertainment)

 

Buddy - Der Weihnachtself

(USA 2003/Region 2/Warner Home Video)

 

Wer noch nicht weiß, womit er am Weihnachtsabend den DVD-Player füttern will und "White Christmas", "Christmas Vacations" oder "Gremlins" nicht mehr sehen kann, der sollte sich je nach Feiertagslaune eines dieser beiden Machwerke gönnen: Terry Zwigoffs bitterböse und - zumindest in der Originalfassung - selten vulgäre Weihnachtsmär "Bad Santa" präsentiert Billy Bob Thornton als versoffenen Gauner, dem nichts und niemand heilig ist. Lesen Sie dazu die ausführliche EVOLVER-Besprechung.

Jon Favreau hingegen, derzeit am Vollenden seiner "Iron Man"-Adaption, läßt in "Buddy" Will Ferrell erkennen, daß er gar kein echter Elf ist, sondern ein menschliches Adoptivkind. Also verabschiedet sich Buddy kurzerhand vom Nordpol, macht sich auf die Suche nach seinem Vater (James Caan als Kinderbuchverleger ohne Herz), verliebt sich in Zooey Deschanel und sorgt für jede Menge witzige Kitsch-Gefühle.

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Dexter - First Season

Import-Tip: USA


(USA 2006/Region 1/Warner Home Video)

 

Die 60er hatten Norman Bates und Peeping Tom, die 70er das "Honeymoon Killers"-Duo sowie Ezra Cobb und Leatherface, die 80er Henry und im Nachhinein Patrick Bateman, die 90er dann Dr. Hannibal Lecter und die Serial Mum. Der fiktive Serienkiller des neuen Jahrtausends heißt Dexter Morgan - und killt tatsächlich im Serienformat. Basierend auf den witzigen Romanen Jeff Lindsays schlüpft "Six Feet Under"-Darsteller Michael C. Hall in die Rolle des sympathischen Soziopathen, der im Polizeilabor arbeitet, dem Herrn Papa sei Dank so etwas wie einen Moralkodex hat und deshalb nur andere Mörder zur Strecke bringt. Seine Probleme, sich im "normalen" Leben und dem dazugehörigen zwischenmenschlichen Geflecht zurechtzufinden, sorgten bereits in geschriebener Form für häufiges Schmunzeln (Lindsays Romane sind auf deutsch bei Knaur erschienen); dank Showtime darf man nun auch vor dem Fernseher lachen. Serienfreunden ist Showtime Networks ohnehin nicht unbekannt, mischte der Sender doch schon mit "Weeds", "The L Word", "Meadowlands", der "Masters of Horror"-Reihe oder "Debbie Does Dallas Again" Fernsehabende und DVD-Runden gleichermaßen auf. Die tiefschwarze Produktion wird übrigens auch ihren Weg ins deutschsprachige Fernsehen finden; RTL 2 hat sich bereits die Rechte gesichert. Bleibt zu hoffen, daß "Dexter" im Gegensatz zum verhunzten "Battlestar Galactica" auch via Synchronisation zu begeistern weiß. Im Original ist er jedenfalls ein durch und durch mörderisches Vergnügen.

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Can´t Stop The Music

Nice-Price-Tip


(USA 1980/Region 2/Kinowelt)

 

Während funkige Disco-Beats derzeit mit Kylie Minogue, The Gossip, Mika oder den Scissor Sisters eine Renaissance erleben, waren sie zur Entstehungszeit dieses Streifens gerade erst gestorben. Am 12. Juli 1979 verbrannte ein Haufen Rocker unter der Leitung zweier DJs haufenweise Schallplatten - der Tag gilt daher im allgemeinen auch als "the day disco died". Obwohl die Village People in Wirklichkeit nie zur qualitativ hochwertigen Creme der Szene gehörten, zählt die von Jacques Morali gecastete Truppe auch heute noch zu den Aushängeschildern der Bewegung. Ihre Hits sorgen nach wie vor in Hütten-Discos und ähnlichen Etablissements für Schweißausbrüche auf der Tanzfläche, und die Schwulengemeinde ist ohnehin seit eh und je Zielgruppe Nummer eins. Insgesamt sollen die Herrschaften rund 85 Millionen Tonträger verkauft haben - und weil man schon damals gerne goldene Kühe melkte, mußte auch ein Village-People-Film her (ebenfalls mit an Bord: Steve Guttenberg). Doch: das Saturday Night Fever war längst passé; der Streifen floppte - im Gegensatz zu "ABBA: The Movie" (1977) - fürchterlich. Was die beiden gemeinsam haben? Sie sind als Film ein fürchterlicher Blödsinn, regen aber dennoch zum heimlichen Mitwippen an und offerieren einen ordentlichen Nostalgieschub. Zumal "Can´t Stop The Music" gleichzeitig aufzeigt, warum es in Wahrheit gut war, daß man der Glitzerkugelbewegung den Hahn zudrehte. Für Ewiggestrige aus Leidenschaft gibt es auf der DVD übrigens gleich drei Tracks zum Karaoke-Mitsingen. In diesem Sinne: It´s fun to stay at the ...

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