Video_DVD-Tips 3/2007

Hofnarren, Killer, Daumenlutscher

Australische Ungustln, verstorbene Lebensgefährten und headbangende Metal-Fans verbeugen sich diesmal vor dem König der Spaßmacher.    06.04.2007

Jürgen Fichtinger

Der Hofnarr


(USA 1955/Region 2/Paramount)

 

An Komiker wie Buster Keaton, Charlie Chaplin, Jerry Lewis oder Louis de Funès erinnern sich noch die meisten, und sie sind allesamt auch auf DVD präsent. Nur Danny Kaye, der unvergeßliche "König der Spaßmacher", wurde schändlicherweise bislang von den meisten Labels ignoriert. Mit "Court Jester" (so "Der Hofnarr" im Original) liegt nun der wohl liebenswerteste Film aus Kayes Schaffen neben "Merry Andrew" endlich auf DVD vor. Da verzeiht man gerne das Fehlen jeglicher Extras, wenn sich Hubert Hawkins (Kaye) als Verbündeter der Aufständischen am Hofe König Rodericks I. einschleicht, um den adligen Hallodri auf seinen Platz zu verweisen. Der Thron steht nämlich dem wahren Thronfolger - im Babyalter und mit königlichem Muttermal auf dem Hintern - zu.

Um sein Ziel zu erreichen, schlüpft Hawkins in die Rolle des königlichen Hofnarren - der "echte" wird kurzerhand k. o. geschlagen. Leider hat er die Rechnung ohne die höfischen Verschwörer gemacht (allen voran übrigens Sherlock-Holmes-Darsteller Basil Rathbone) und findet sich rasch in einem Wirrwarr aus Intrigen und Mißverständnissen wieder, aus dem er sich in typischer Kaye-Manier herausdoktort. Ein höchst charmantes Vergnügen - und bloß nicht vergessen: "The pellet with the poison´s in the flagon with the dragon; the vessel with the pestle has the brew that is true"!

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Wolf Creek


(Australien 2005/Region 2/Kinowelt)

 

Wer´s in Sachen Horror gern hat, wenn es unter die Haut geht, schaut trotz des wunderbaren Genre-Revivals derzeit durch die Finger: Eli Roths vielbesungener "Hostel" ist im Prinzip nichts anderes als "Zärtliche Cousinen" mit einer Prise Folter und ein wenig Splatter, die "Saw"-Reihe ein nettes Kasperltheater mit Blut und Beuschel - und auch das - ach so böse - "Texas Chainsaw Massacre"-Remake-Prequel hält leider nicht ganz, was die vielversprechende Anfangsszene verspricht, weiß aber im Gegensatz zu Marcus Nispels Remake Nummer eins wenigstens ordentlich zu unterhalten. Kurzum: Hollywoods bisherige Versuche, im Horrorbereich der unguten Art Fuß zu fassen, konnten bisher nicht überzeugen. Zum Glück gibt es den Australier Greg McLean, der mit seinem Debüt zu gefallen weiß. In "Wolf Creek" dreht sich alles um ein unschuldiges Backpacker-Trio, das einen harmlosen Trip ins Outback machen will und statt dessen auf Crocodile Dundees psychopathischen Bruder trifft. Der beschert ihnen nicht nur einen tödlichen Walkabout, sondern serviert auch eine bislang unbekannte australische Serienkiller-Spezialität: "head on a stick". Lesen Sie dazu den EVOLVER-Review.

Während uns McLean demnächst mit seinem bereits abgedrehten Creature-Feature "Rogue" die Weisheit der Killerkrokodile näherbringen wird, gibt es "Wolf Creek" seit kurzem auf DVD. Unrated, uncut - und wie es sich gehört - mit ausführlichem Making-of, Deleted Scenes und einem leider etwas verplauderten Audiokommentar des Regisseurs und der Hauptdarsteller. Vorsicht vor der gekürzten Fassung (FSK-Freigabe: 16)!

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Ghost - Special Edition


(USA 1990/Region 2/Paramount)

 

Das Kinojahr 1990 bescherte der Menschheit zwei schmalzige Liebeleien im Blockbuster-Format: In der einen erbarmt sich der reiche Schnösel Richard Gere einer verträumten Straßennutte (Julia Roberts) - und wie das halt so ist, fahren sie am Ende ihres Abenteuers beide in einer weißen Limousine gen Eden. Ob einem das gefällt, bleibt dem persönlichen Geschmack überlassen, am Drehbuch selbst gibt´s jedenfalls nichts zu rütteln. Romantic Comedy Nummer zwei wartete hingegen mit "Dirty Dancing"-Star Patrick Swayze auf (B-Movie-Liebhabern auch aus "Road House" bekannt). Ein Jahr, bevor er in Kathrin Bigelows Surfer-Kult "Point Break" Milchbubi Reeves die Freuden der Freiheit lehrte, gab er in Jerry Zuckers spiritistisch angehauchter Liebelei den guten Sam als in den ersten Filmminuten "versterbenden" Lebensgefährten Mollys (Demi Moore). Moore ist wie Swayze wohl ebenfalls ein eigenes Kapitel, zählte sie doch seinerzeit zu den körperlich wandelbarsten Weibsbildern, die Hollywood je zu bieten hatte, und wechselte von Film zu Film ihr Erscheinungsbild: vom lieblichem Mauerblümchen über die geile Stripperin (Burt Reynolds hat´s gefallen ...) bis hin zum durchtrainierten Army-Girlie - Susanne Weingarten widmete ihr in ihrem interessanten Werk "Bodies of Evidence: Geschlechtsrepräsentationen von Hollywoodstars" gleich ein eigenes Kapitel.

Sollten Sie die Filmgeschichte tatsächlich nicht kennen: Sam und Molly sind schwerst verliebt, aber ein habgieriger Hundling läßt ihn erschießen, woraufhin sein Geist zurückkehrt und dank der Unterstützung einer leicht verrückten Spiritistin (Whoopie Goldberg) mit seiner Witwe in Kontakt treten kann. Es folgen einige Lacher, eine Portion Spannung und natürlich jede Menge augenzwinkernder Herzschmerz - sowie die verdiente Renaissance für das großartige "Unchained Melody" der Righteous Brothers. Viel Spaß beim Töpfern!

Die vor kurzem veröffentlichte Special Edition bietet auf zwei DVDs über eine Stunde ordentliches Hintergrundmaterial inklusive aktueller Interviews der Macher. Auch der (auf der Hülle seltsamerweise nicht angegebene) Audiokommentar von Regisseur und Drehbuchautor weiß zu gefallen, wenngleich etwas mehr Informationsdichte nicht geschadet hätte.

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Fast Forward


Thumbsucker
(USA 2005/Region 2/Splendid)

 

Justin Cobb (Lou Taylor Pucci) ist eigentlich ein ganz normal gestörter Teenager - der gern daumenlutscht. Weder seine Eltern (Vincent D´Onofrio und die großartige Tilda Swinton) noch der Leiter des Debattier-Clubs (Vince Vaughn) oder sein Zahnarzt und Hobby-Psychiater (Keanu Reeves) sehen das gern und probieren von Psychopharmaka bis hin zur Hypnose alles gegen die schlechte Angewohnheit aus. Regisseur Mike Mills hat aus der gleichnamigen Romanvorlage Walter Kirns eine herrlich verdrehte, aber nie ins Dumpfe abdriftende Komödie rund ums Erwachsenwerden gezaubert, die man sich bedenkenlos gönnen sollte. Allerdings: Warum auf der DVD der Schriftzug "Special Edition" prangt, obwohl man den auf dem US-Pendant enthaltenen Regiekommentar weggelassen hat, verwundert.

 

The Boys From Brazil
(USA 1978/Region 2/Concorde)

 

Endlich auch hierzulande in seiner ungeschnittenen Pracht - mit zusätzlichen 26 Minuten: Franklin J. Schaffners Thriller rund um den großen Gregory Peck als fiesen Nazi-Doktor Mengele, der den Führer mittels Klontechnologie gleich 94mal wiederauferstehen lassen will. Auf seinen Fersen ist Nazi-Jäger Sir Laurence Olivier. Der Film basiert übrigens auf einer Vorlage Ira Levins, auf dessen Konto auch "Rosemary´s Baby" und "Die Frauen von Stepford" gehen.


Zoom - Akademie für Superhelden
(USA 2006/Region 2/Sony)

 

Wenn Tim Allen als ehemaliger Superheld, der von seiner Berufung nichts mehr wissen will, ein Team junger Superkids für die Regierung trainieren soll, klingt das verteufelt nach einem harmlosen Spaß für die ganze Familie, Marke "X-Men" meets "Galaxy Quest". Das Ergebnis ist im Vergleich nicht allzu berauschend, tut aber auch nicht weh und braucht sich vor dem ebenfalls mittelmäßigen Kurt-Russell-Vehikel "Sky High" nicht zu verstecken. Ebenfalls mit von der Partie: Courtney Cox.

 

Beneath Still Waters
(Spanien 2005/Region 2/e-m-s)

 

Altmeister Brian Yuzna hat wieder zugeschlagen und liefert eine klassisch anmutende und atmosphärisch gelungene Geistergeschichte in modernem Gewande - und mit leider etwas billig aussehenden Kreaturen (die glücklicherweise nur selten vorkommen). Worum es geht? Um einen Staudamm zu errichten, haben die Verantwortlichen kurzerhand ein kleines Dorf ertränkt und die darin praktizierenden Teufelspaktler gleich mit. Jetzt kriegt der Damm Risse, und die ertrunkenen Seelen wollen Rache ...

 

Crank
(GB/USA 2006/Region 2/UFA)

 

Erinnern Sie sich noch an die ersten fünf Minuten von Takashi Miikes Yakuza-Extravaganza "Dead or Alive"? So ungefähr gestaltet sich der ganze Streifen vom Regie-Duo Mark Neveldine und Brian Taylor. Jason Statham gibt darin den müde gewordenen Auftragskiller Chev, dem gemeine Verbrecher ein Gift injizieren, das ihn umbringt, sobald sein Adrenalinpegel eine bestimmte Grenze unterschreitet. Es folgen knapp eineinhalb Stunden wildes Spektakel, das man unbedingt in der ungeschnittenen FSK-18-Fassung gesehen haben sollte. Hirnloses, aber mörderisches Vergnügen!

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Cinema of Death

Import-Tip: USA


(Belgien/Frankreich/USA 1987-2005/Cult Epics)

 

Cult-Epics-Maestro Nico B. kann es wohl einfach nicht lassen - und hat für diese Kurzfilm-Compilation wieder tief im Untergrund gegraben, um fünf subversive Perlen rund um das Thema Tod ans Tageslicht zu befördern. Olivier Smolders erzählt in seinem Adoration von einer japanischen Liebesbeziehung, bei der sich die beteiligten Herrschaften im wahrsten Sinne des Wortes zum Fressen gern haben. Die Geschichte basiert übrigens auf wahren Begebenheiten. Weiters mit dabei: Nico B.s im "Museum of Death" gedrehte Kenneth-Anger-Hommage Hollywood Babylon, eine von einem Rimbaud-Gedicht begleitete Autopsie (Le Poème von Bogdan Borkowski) sowie Brian M. Viveros und Eriijk Resslers surrealistisch anmutender und betörender Dislandia. Nicht fehlen darf natürlich B.s Pig, ein Spaziergang durch die Psyche eines Serienkillers.

Die hier versammelten Shorts sind mit Sicherheit nicht jedermanns Geschmack. Wer jedoch mit Werken wie Alison Macleans "Kitchen Sink", dem frühen Lynch oder den filmischen Ergüssen des  Surrealistengespanns Jororowsky/Arrabal etwas anfangen kann, bekommt Interessantes zu sehen. Als Bonus liefern die Regisseure kurze Einführungen zu ihren Arbeiten.

Links:

Metal: A Headbanger´s Journey

Nice-Price-Tip


(Kanada 2005/UFA)

 

"Heavy metal! Or no metal at all ... Wimps and posers, leave the hall!", sangen einst die Recken der Nummer-eins-Poser-Band Manowar. Ganz so war es natürlich nie, wie man in dieser Dokumentation erfährt. Der studierte Anthropologe Sam Dunn war Zeit seines Lebens passionierter Kopfschüttler und machte sich auf die Reise quer über den Globus, um der Geschichte des Heavy Metal auf den Grund zu gehen, mit Vertretern der berühmtesten Krachmacher Interviews zu führen (u. a. Ronnie James Dio, Bruce Dickinson, den Herren von Venom, Slayer, Dee Snyder, Lemmy, Slipknot usw.) und sogar den bösen Black-Metal-Spitzbuben aus dem hohen Norden einen Besuch abzustatten. Herausgekommen ist dabei ein interessantes Porträt einer von der Kritik seit jeher zu unrecht belächelten Musikrichtung und Szene, das Dunn während einer Konzertveranstaltung mit folgenden Worten abschließt:

 

You either get it or you don´t. If metal doesn´t ... make the hairs stand up on the back of your neck, you might never get it. And you know what? That´s OK! Because judging by the 40.000 metalheads around me, we´re doing just fine without you!

 

Die DVD gibt es derzeit bei diversen Saturn-Filialen um lächerliche 9,90 Euro - und uns bleibt nur zu sagen: We love Rock´n´Roll, so put another dime in the jukebox, Sammy!

 

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