Video_Pompeji

Kampf auf dem Vulkanausbruch

Das Problem an einem Streifen wie "Pompeji" ist, daß man irgendwie schon ahnt, wie er enden wird. Lohnt es trotzdem, sich diesen B-Sandalenfilm mit eingebauter Schmonzette anzusehen?    25.11.2014

Anno 62 überfallen die bösen Römer mal wieder ein keltisches Dorf und massakrieren alle Einwohner. Der kleine Milo stellt sich tot und überlebt - und er merkt sich das Gesicht des Schlächters, des römischen Tribunen Corvus. So weit, so "Conan". 17 Jahre später ist Milo (unerwartet gut: Kit "Jon Snow" Harington) ein erfolgreicher Gladiator, der in London reihenweise Gegner plattmacht, bis ein schmieriger Gladiatorenhändler aus Pompeji ihn erwirbt. So weit, so "Gladiator". Während des Transports läuft unserem Helden die schöne Cassia (unerträglich niedlich: Emily Browning) über den Weg, und natürlich verlieben sich die zwei. Blöd nur, daß der inzwischen zum Senator aufgestiegene Schlächter Corvus (herrlich schleimig: Kiefer Sutherland) die süße Cassia ebenfalls beknabbern möchte. Fatal auch, daß Milos neuer Arena-Gegner Atticus (aufrichtig bis zu Parodie: Adewale Akinnuoye-Agbaje) nur noch einen einzigen Sieg in der Arena benötigt, um die Freiheit zu erlangen. Gottlob bricht gerade der Vesuv aus: Im entstehenden Chaos geht vielleicht was vorwärts ...

 

Regisseur Paul W.S. Anderson ist nicht für leise Zwischentöne oder kluge Drehbücher bekannt. Sein Remake von "Die drei Musketiere" (2011) setzt Maßstäbe in Sachen Überflüssigkeit, und bei der gefühlt siebzigsten Resident-Evil-Fortsetzung "Retribution" (2012) schäumt einem das Hirn aus den Ohren. Nun also "Pompeji" (2014), eine Art "Mortal Kombat" (1995) in der Katastrophenfilm-Arena mit Lovestory.

Da spielen die Muskeln, die Schwerter sausen, Blut färbt Pfützen rot, lockige Haare wehen im Wind, und ein Story-Klischee reiht sich an das andere, bis hin zu Ben-Hur-Wagenjagd, Duell-der-Sidekicks und Schmacht-Liebeskuß vor Eruptionskulisse (Zufall oder Symbolismus?). Charakterentwicklung gibt´s dank Gut-Böse-Schema keine, historische Detailfehler dafür viele, die Dialoge sind teils zum Wiehern, und am wenigsten vorhersehbar ist bei der Geschichte eigentlich, wie wohl dieser öminöse Vulkanausbruch enden wird.

 

Absolut unerklärlich, warum das dürftige Spektakel dennoch so wonnig unterhaltsam ist. Liegt es an der herrlich pompös arrangierten Musik? Dem Vulkan, der übertrieben trickreich ausbricht? Gewiß liegt es auch an den durchwegs sympathischen Darstellern aus der zweiten Reihe, die den ganzen Schmu mit sichtbarer Begeisterung vortragen und sich weder von CGI-Vesuv noch Dialogzeilenknappheit einschüchtern lassen. Auf jeden Fall haben Anderson und seine Mannen beim Zusammenkleben von Genre-Versatzstücken diesmal ein höchst glückliches Händchen bewiesen: Als naiver Sandalenfilm in der Tradition von Herkules-/Maciste-/Ursus-Machwerken ist "Pompeji" am Ende ein apokalyptisches Sahnebaiser, das man tatsächlich genießen kann.

Andreas Winterer

Pompeji (2014)

ØØØ 1/2

Leserbewertung: (bewerten)

Constantin (USA/Kanada/D 2014)
105 Min.
Regie: Paul W.S. Anderson
Darsteller: Kit Harington, Emily Browning, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Kiefer Sutherland, Carrie-Anne Moss, Jared Harris u. a.

Links:

Kommentare_

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #55

Aussterben, Toxoplasma gondii & Coronuminatus!

Das Ende war verführerisch nah, aber leider geht die Welt schon wieder nicht unter. Irgendwie mindestens teilbedauerlich. Eine Bestandsaufnahme mit tagebuchartigen Einsprengseln und völlig unbegründeten Hawaii-Erwähnungen.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #54

Ulysses versus Bonanza

Einsames Aufräumen ist das gemeinschaftliche Feiern unserer Zeit. Entsprechend miste auch ich ununterbrochen aus - Medien zum Beispiel, weil die sowieso verzichtbar sind. Vor allem Bücher werden völlig überschätzt.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #53

Sie müssen heute mal ohne diese Kolumne auskommen

Einige wenige Wohlgesonnene, es werden wöchentlich weniger, warten seit gefühlten Äonen auf diese neue Kolumne - und dabei wird es auch bleiben, und ich rate sowieso ab.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #52

Entfolgen: einer der wenigen Vorteile des Alters

Immer wieder ist von junger Literatur die Rede, und wenn davon die Rede ist, dann nicht von uns. Und das ist nur einer der vielen Vorteile des Alters, über die unser gealterter Star-Kolumnist Sie heute informieren wird.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #51

Kolumnist schreibt erstmals was zu K2-18b auf unnötigen Kanälen

Wenn Sie nicht wissen, was "Social Media" oder "K2-18b" sind, dann können Sie eigentlich gleich aufhören zu lesen. Aber auch sonst raten wir wie immer von der Lektüre dieser irrelevanten Kolumne ab, in der es zwar heute mal um was geht, aber um nichts Wichtiges.  

Kolumnen
Kolumnen, die die Welt nicht braucht #50

Das Leben ist ja doch ein Ponyhof!

Immer wieder fallen uns Sprachzombies mit halbverrotteten Phrasen an. Zumindest dieser einen sollten wir einen Headshot verpassen.