Kino_Der unglaubliche Hulk

Mut zur Wut

Im Neustart des Marvel-Klassikers verwandelt sich Edward Norton in das wütende grüne Monster und verschafft damit dem Blockbuster einen Vorteil in Sachen Schauspielkunst. So kommt trotz der etwas glatten Story am Ende doch gute Unterhaltung heraus.    10.07.2008

Mitten im Chaos der Favelas von Rio de Janeiro sitzt ein Mann auf dem Boden und meditiert. An seinem Handgelenk ist ein Pulsmesser angebracht, der ihm zeigt, wann er sich beruhigen sollte. Tut er das nicht, so verwandelt er sich in ein riesiges, grünes und ausgesprochen wütendes Monster. Bruce Banner (Edward Norton) hat es geschafft, seinen Schwierigkeiten mit der amerikanischen Regierung zu entfliehen und versucht nun, versteckt in Brasilien, sein Leben wieder in Ordnung zu bringen. Während er in einer Fabrik arbeitet und lernt, seinen Ärger zu kontrollieren, hält er Kontakt zu Mr. Blue - einem Wissenschaftler, der mit der Lösung seines Problems beschäftigt ist. Doch als durch einen Zwischenfall General Thaddeus Ross (William Hurt) herausfindet, wo Banner sich aufhält, bricht die Hölle los.

Eine Militäreinheit unter dem Kommando von Emil Blonsky (Tim Roth) stürmt die Behausung des Flüchtlings und macht den derart wütend, daß er sich in Hulk verwandelt und unter Gewaltanwendung entflieht. Der General läßt sich davon natürlich nicht beeindrucken. Mit allen Mitteln macht er Jagd auf Banner und hält an seinem Plan fest, aus Hulks Kräften eine vernichtende Waffe zu machen. Und damit er nicht allein dasteht, kommt ihm Blonsky zu Hilfe, der aber blöderweise in seinem Größenwahn beschlossen hat, sich diese Kräfte selbst anzueignen. Um der Story noch einen letzten Schliff zu geben, darf natürlich die Romantik nicht fehlen. Ross´ Tochter und Banners große Liebe Betty (Liv Tyler) tut ihren Teil dazu, um aus der Handlung perfektes Blockbuster-Kino zu machen.

 

Diese Bezeichnung steht zwar nicht gerade für Tiefgang und geniales filmisches Können, dafür verspricht sie Spannung und Unterhaltung. Daß aber sogar dieses Versprechen häufig schief geht, ist angesichts der vielen Hollywood-Riesenproduktionen, die nur Übertreibungen und Sinnloses anbieten, kein Geheimnis. Der nach Ang Lees kontoversiellem Streifen zweite Versuch der Verfilmung von Marvels "The Incredible Hulk" hält zumindest, was er verspricht. Der eher unbekannte Regisseur Louis Leterrier, der unter anderem für "Transporter" und dessen Sequel verantwortlich zeichnet, wartet mit solidem Spannungskino und ausgefeilten Special Effects auf, vergißt dabei aber nicht auf humorvolle Auflockerung und eine Spur Romantik - eine stimmige Inszenierung, die weder langweilig noch überzogen ist. Klar gibt es Unmengen an Effekten, und die Kampfszenen sind dramatisch und unrealistisch, aber wenn es darum geht, einen Marvel-Comic zu verfilmen, denkt kaum einer an Realismus.

In dieser Hinsicht macht "The Incredible Hulk" kaum etwas falsch. Schließlich sind Kämpfe gegen abscheuliche Monster Teil eines jeden Heldenlebens. Ein solches führt Bruce Banner nämlich - eines, in dem der Kampf des Wissenschaftlers mit seinem Alter ego im Mittelpunkt steht. Daß dazu ausgerechnet Edward Norton ausgesucht wurde, verschafft dem Film einen großen Vorteil. Der Schauspieler wartet wie immer mit all seinem Können auf, um den Zwiespalt in Banners Gemüt darzustellen. So ist bei der an sich recht konventionellen Story zumindest die Darstellung des Hulk alias Bruce Banner besser, ernsthafter, unterhaltender und vor allem überzeugender als die seines Vorgängers Eric Bana. Seine Fähigkeit, zwei Charaktere in einem zu vereinen, zeigt Norton hier nicht zum ersten Mal. Und so wie in früheren Beispielen - man denke nur an "Zwielicht" oder "The Score" - ist sie auch hier ein wichtiger, wenn nicht sogar der bedeutendste Bestandteil des Films.

Bei soviel Hauptdarsteller-Lob sollen aber Nortons Kollegen und Kolleginnen nicht ganz in Vergessenheit geraten. William Hurt spielt seinen General standhaft, und sogar die Vater-Tochter-Beziehung zwischen ihm und Liv Tyler meistern die beiden ganz gut. Tim Roth als größenwahnsinniger Soldat Blonsky bzw. die Bestie Abomination stellt Hulks Gegenspieler souverän dar und sorgt für eine stimmige Abrundung des gesamten Films. Der lebt zwar nicht von Tiefsinnigkeit und einer detaillierten Story, wartet dafür aber mit Spannung, Unterhaltung und herrlichem Schauspiel auf. Das Ergebnis ist zwar immer noch Blockbuster-Kino - aber zumindest in gut.

Christa Minkin

Der unglaubliche Hulk

ØØØ 1/2

(The Incredible Hulk)

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USA 2008

123 Min.

Regisseur: Louis Leterrier

Darsteller: Edward Norton, William Hurt, Tim Roth u. a.

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