Kino_It´s All About Love

Liebe in Zeiten akuten Herzversagens

Thomas Vinterbergs neuester Streich hat mit altmodischen Dogma-Regeln nicht mehr viel am Hut. Aber zählt wirklich nur die Liebe?    08.07.2003

P. T. Anderson hat´s mit "Punch-Drunk Love" eindrucksvoll vorgemacht: Es gibt Kino mit love interest, das zu keinem Zeitpunkt peinlich und aufgesetzt wirkt, zu Herzen geht und einen emotional aufgewühlt zurückläßt - die berühmte Nadel im Heuhaufen sonst allzu aufgesetzter Gefühlsduselei. Nun widmet sich mit Thomas "Dogma-95-Manifestator" Vinterberg, ein weiterer Könner der heikelsten Thematik des Kinos und des Lebens: der Liebe.

Dabei erzählt er seine Geschichte vor einem utopischen, surrealen Background: Inmitten einer globalen Eiszeit mit Sommerfrost und Schneefall steigen Menschen zum Himmel auf (aufgrund des Aussetzens der Schwerkraft) oder fallen wegen akuten Herzversagens tot um. Währenddessen treffen sich John (J. Phoenix) und die Eiskunstläuferin Elena (C. Danes) in einem mysteriösen New Yorker Hotel, um ihre Scheidungspapiere zu unterzeichnen. Als John einer Doppelgängerin Elenas über den Weg läuft und ihr nachspioniert, hat er sich bereits in einer Verschwörungsgeschichte verfangen.

Klingt leider vielversprechender, als es tatsächlich ist: In Vinterbergs Bestreben, sein selbst auferlegtes Dogma-Regelwerk nachhaltig auf den Kopf zu stellen, droht die wuchtige Atmosphäre/Rahmenhandlung die (Love-)Story stellenweise zu erdrücken. "It's All About Love" ist dabei eher einmal zu oft irritierenwollendes Trugschlußkino mit nur vermeintlich doppeltem Boden, dabei aber wahlweise wunderschön, banal, atemberaubend, deprimierend und widersprüchlich - ganz wie die Liebe selbst.

Christoph Prenner

It's All About Love

ØØØ


USA/Dänemark 2002

104 Min.

dt. Fassung und engl. OF

Regie: Thomas Vinterberg

Darsteller: Joaquin Phoenix, Claire Danes, Sean Penn u. a.

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