Kino_Per Anhalter durch die Galaxis

Intergalaktische Handtücher

Keine Panik – es ist nur ein weiterer überdrehter SciFi-Klassiker im Kino! Der von Fans lang erwartete Film zur Kult-Pentalogie von Douglas Adams ist nerdig, naiv und nett.    09.06.2005

Tee, Handtücher, weiße Mäuse und ein schnuckeliges Landhaus mit Vorgarten spielen tragende Rollen in "Per Anhalter durch die Galaxis" und das sagt uns zweierlei: Es ist erstens very british und zweitens sind diese Feinheiten fast nur von Eingeweihten zu verstehen, die mindestens fünf der fünf großflächig verehrten Adams-Bücher gelesen haben. Wer das nicht getan hat (wie die Schreiberin dieser Zeilen), wird für knappe zwei Stunden mit einem ziemlich obskuren Sammelsurium an exaltierten Charakteren, Namen, Pappmaché-Orten und vagen Handlungssträngen konfrontriert, die man sich einzuordnen und nachzuverfolgen müht. Was Nichtlesern wie gesagt nicht immer gelingen wird – der größte Stolperstein dieser stellenweise ganz amüsanten Space-Odyssee.

Die für den englischen, normal frustrierten Durchschnittsmenschen Arthur Dent (sehr engagiert Martin Freeman aus der großartigen BBC-TV-Serie "The Office") unfreiwillig eines Morgens beginnt, als das oben erwähnte Häuschen abgerissen wird und mit ihm gleich die ganze Erde, die einer intergalaktischen Autobahn Platz machen muß. Da aber sein bester Freund Ford Perfect (beherzt: Mos Def) zufällig Außerirdischer ist, retten sich die beiden auf ein riesiges Raumschiff der ungeschlachten Vogonen, bekannt als größte Bürokraten und schlechteste Poeten des Universums. Nach neuerlicher Flucht landen die zwei Anhalter an Bord des optisch zwischen Disco und Camp angesiedelten Gefährts des Galaxiepräsidenten Zaphod Beeblebrox (hyperaktiv: Sam Rockwell), der zwei Köpfe, drei Arme und eine ausgeprägte Rockstar-Attitüde besitzt. Dort trifft Arthur im Bademantel auf seinen früheren Love-Interest Trillian (Zooey Deschanel), den depressiven Androiden Marvin, einige unglaubliche, meist goldlastige Kostüme und bizarre Überraschungen wie einen metallspinnenbeinigen John Malkovich in seinem Kurzauftritt als bösartiger Religionsführer. Als dieser Zaphods Hauptkopf kidnappt, überschlagen sich die Ereignisse in einer Namens- und Ideenflut, die besagte Mäuse, abgewrackte Planeten, eigenwillige Computer und zahllose Puppen aus der obligaten Jim Henson-Werkstatt involviert.

 

Des weiteren versorgt uns der Film, an dessen Drehbuch übrigens Douglas Adams selbst bis zu seinem plötzlichen Tod in 2001 mitgeschrieben hat, mit etwas heiterer Gesellschaftskritik und hippiesken Botschaften (Frieden, Liebe, Tiere). Dabei gehen manche gute Gags und Momente wie z. B. das Neudesignen der Erde oder liebevoll inszenierte Animationssequenzen in allzu kindischem Kram unter. Längen tun sich auf, bei denen einige Nicht-Jünger das wichtigste Utensil, das berühmte Handtuch, werfen werden. Denn auch die ausnahmslos willig agierende Starbesetzung kann nicht verhindern, daß die Science-Fiction-Komödie, die schon 1981 als britischer TV-Mehrteiler adaptiert wurde, sich (Disney sei dank) vor allem an Kinder und kindliche Gemüter richtet. Allen anderen ist auf jeden Fall die Originalfassung empfohlen, damit man wenigstens die Reste britischen Humors und Alan Rickmans Stimme (als Marvin) mitkriegt. Regie führte Spielfilmdebütant Garth Jennings, der vorher nur mit Musikvideos für Beck, Blur oder Fatboy Slim in Erscheinung trat, und der die Sache, die bei überfrachteten Kultprojekten zugegeben immer schwierig ist, brav familientauglich bewältigt hat. Aber insgeheim darf man sich schon fragen, ob nicht die vorher als Regisseure kolportierten James Cameron oder Spike Jonze dem umfangreichen Stoff mehr abgewonnen hätten als ein kaugummifarbenes "Danke für den Fisch".

Klara Musterfrau

Per Anhalter durch die Galaxis

ØØØ

(The Hitchhiker’s Guide To The Galaxy)


USA/GB 2005

110 Min.

dt. und engl. OF

Regie: Garth Jennings

Darsteller: Martin Freeman, Sam Rockwell, Mos Def, Zooey Deschanel u. a.

 

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