Musik_Grindhouse OST Double Feature

Titties & Beer

Tarantino und Rodriguez machen Filme für Nerds und Cineasten - also zielsicher am Publikum vorbei. Sowas kann funktionieren, muß aber nicht. Während die neuen Filme der Zitiermeister bei den einen masturbatorische Reflexe, bei anderen aber nur Brechreiz auslösen, sind die Soundtracks über beinahe jeden Zweifel erhaben. Da hat Quentin wohl nicht genau hingehört ...    24.07.2007

Oh, good Lord! It´s unbelievable. It´s horrible. I can´t understand the reason for such cruelty. It probably has something to do with some bizarre sexual rage with the almost profound respect these primitives have for virginity.

(aus "Cannibal Holocaust")

 

Vorhang auf

 

When cut across the neck, a sound like wailing winter winds is heard, they say. I´d always hoped to cut someone like that someday, to hear that sound. But to have it happen to my own neck is ridiculous.

(aus "Shogun Assasin")

 

Heiße Bräute, schnelle Öfen

(Quentin Tarantinos "Death Proof")

 

Walter Chalmers zu Frank Bullitt : "Wir müssen alle Kompromisse machen." Bullitts Antwort: "Bullshit."

Nein, Kompromisse macht man nur, wenn man muß - und Quentin Tarantino muß garantiert nicht. Sein Status als Regisseur ist gefestigt, da kann er machen, was er will. Genau das tut er auch. Und alles, was er anfaßt, wird zumindest in der Zweitverwertung zu Gold. Nebenbei ist er im Verein mit seinem Freund und Kupferstecher Robert Rodriguez einer der letzten Aufrechten, die noch am familientauglichen Kinoformat vorbei Filme für Erwachsene machen. Von Fans für Fans. Noch mehr als Rodriguez inszeniert St. Quentin, der selbsternannte Heilige des Pop-Trash, alles von der Warte eines Liebhabers aus.

Gerade aus dieser Position würde das "Grindhouse"-Doppel funktionieren, wenn es in Zeiten von Multiplex und "Shrek 3" noch funktioniert hätte. Hat es aber nicht. Es floppte in den USA gnadenlos. Zitatenkönig Tarantino weiß zuviel für seine Zuschauer, er weiß zum Beispiel, wie Verfolgungsjagden seit "Bullitt" oder "Auf dem Highway ist die Hölle los" auszusehen haben. Daß die Mehrzahl der Menschen mittlerweile rasant an irgendwelchen Rechnerstraßen zusammengeschnittene Animationen erwartet, war ihm vermutlich klar. Aber es stört ihn nicht, da er als Fan erstmal sich selbst zufriedenstellt. Er muß ja keine Kompromisse machen.

 

Was braucht ein Action-Film? Darauf weiß Bullitt die Antwort: "Shotgun and backup man, professionals."

Dazu kommen noch schnelle Autos, schöne Frauen und der passende Soundtrack. Daß Tarantino auch bei der Musikauswahl Fan-Qualitäten zeigt und sich in einem Song-Kosmos befindet, in dem außer ihm nur noch wenige leben, wissen wir seit "Reservoir Dogs": George Baker Selection und "Little Green Bag", Harry Nilssons "Coconut" oder Joe Tex mit "I Gotcha" - fast vergessene Ohrwürmer aus Funk, Pop, Country und im kollektiven Bewußtsein begrabene Hits ergeben eine Mischung, die der musikalisch normal Ungebildete unbestimmt als "cool" empfindet.

Tarantino setzte bei der Musikauswahl zu seinen Filmen etwa auf Soul-Papst Al Green, auf den nun wirklich coolen Johnny Cash und auf Chingon, die natürlich ebenfalls coole TexMex-Kombo von Robert Rodriguez. Logischerweise durchforschte er auch für "Death Proof" sein Plattenarchiv und die prallvolle Schatzkiste in seiner geistigen Asservatenkammer.

Herausgekommen ist ein eigenwilliger, teilweise auch kruder Mix, der natürlich im Kern die 60er und 70er Jahre umfaßt (um die geht es im Film), aber eben auch das Geschmackszentrum von Quentin: "Jeepster", die Glam-Hymne von Marc Bolan, trifft auf das messerscharf swingende Post-Zoot-Riot-Stück "Down In Mexico" von den Coasters, Jack Nitzsches ebenso seltenes wie geniales "The Last Race" auf Eddie Floyds ebenfalls raren Stax-Kracher "Good Love, Bad Love". Willy de Ville covert "It´s So Easy" und nicht "Staggolee". Diese berühmte Mär vom unvorsichtigen Familienvater, der von einem zynischen Schurken hinweggerafft wird, wird stattdessen von Tom Marshalls legendärer Crossover-Blues-Kappelle Pacific Gas & Electric intoniert.

Dazu kommen unter anderem noch Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich, Tarantinos liebster Soundtrack-Maestro Ennio Morricone, die Kalifornierin April March und wieder einmal Soul-Funk-Großmeister Joe Tex. Auf diesem Mixtape auf CD-Länge werden also Songs nebeneinandergestellt, die garantiert nix miteinander zu tun haben - außer daß Tarantino auf sie steht. Er geht richtigerweise davon aus, daß dieser Sampler und seine unterschiedlichen Stücke auf einer langen Autofahrt dafür sorgen werden, daß es beim Sekundenschlaf bleibt oder der Adrenalinspiegel rechtzeitig ansteigt, bevor die Verfolger auftauchen. Alles andere wäre auch "Bullshit".

So funktioniert Quentins kleine Welt eben.

 

Let it be known, sons and daughters, that Satan was an acid head. Drink from his cup; pledge yourselves. And together, we´ll all freak out.

(aus "I Drink Your Blood")

 

Wir unterbrechen die laufende Vorstellung ...

 

Why don´t you lay back and enjoy being inferior?

(aus "The Last House on the Left")

 

Funk Break

(Prince And The Revolution - Anotherloverholenyohead)


"U need another lover like U need a hole in yo´ head", sang Prince Rogers Nelson, der große kleine Mann aus Minneapolis, bereits vor mehr als 20 Jahren. Und er hat es zwar sicher nicht so gemeint, wie wir das jetzt verstehen, aber trotzdem: "Du brauchst einen anderen Geliebten so dringend wie ein Loch im Kopf." Und das heißt auch: Wenn du auf den Falschen (oder die Falsche) triffst, könnte dich deine Geilheit oder gar das bißchen zuviel Gefühl das Leben kosten. Weil dir die großbusigen Mädels aus den Russ-Meyer-Hinterwäldlerfilmen, der verführerische Anhalter an der staubigen Landstraße im Wilden Westen oder auch der betrogene Ehepartner ein Loch in den Kopf schießen werden. Und das brauchst du ja wirklich nicht - aber wenn du´s kriegst, hast du es wahrscheinlich verdient ...

 

Shut up before I cut your face and nobody's gonna want to fuck your ugly cunt!

(aus "Liquid Sky")

 

Chicks with Guns im Terrorland

(Robert Rodriguezs "Planet Terror")

 

Man kann von Tarantino als Filmemacher halten, was man will, seine Soundtrack-Zusammenstellungen verankern sich felsenfest im Gehör. Robert Rodriguez steht dem keinswegs nach, macht aber wie gewohnt (fast) alles selbst. Und weil sich der "El Mariachi"-Regisseur nicht mehr damit zufriedengibt, einem mit der Tex-Mex-Formation Chingon (an den Gitarren unterstützt durch die Gebrüder Del Castillo) feinste Burrito-Tunes in die Ohren zu rocken, komponiert er auch schon die längste Zeit seine eigenen Scores. Als würden ihm Drehbuch, Kamera, Schnitt und Regie nicht reichen ...

Für "Sin City" und den nebenbei gedrehten "Die Abenteuer von Sharkboy und Lavagirl " holte er sich Unterstützung von Graeme Revell und John Debney. In "Planet Terror" bräuchte er weder noch, hat er doch die heiße "Charmed"-Schwester Rose McGowan an seiner Seite, die lasziv mit den Wimpern klimpert und dazu ins Mikro stöhnt. Wer jedoch einmal vor oder hinter der Kamera an Bord eines der "rebel without a crew"-Schnellzüge war, kehrt immer wieder zurück - und so hat sich der künftige Regisseur des "Barbarella"-Remakes für einige Tracks wieder Revells Unterstützung an den Reglerknöpfen versichert.

 

Rodriguez´ "Main Titles" zeigen gleich zu Beginn, wo´s langgeht und liefern knallharte "Sin City"-Reminiszenzen, unterlegt mit kreischenden Saxophonen und schlüpfrigen Gitarren-Riffs, daß es eine Freude ist. McGowan wandelt danach auf den Spuren Chilton Prices, wenn sie uns - wie schon zuvor Sue Thompson, Patti Page oder die Herren Dean Martin und Bob Dylan - mit "You Belong to Me" den Kopf verdreht.

Das schwarzhaarige Luder dominiert ohnehin nicht nur in "Planet Terror" den Bildschirm, sowie neuerdings auch das Liebesleben von Captain Mariachi, sie ist auch auf den meisten Tracks des Langspielers zu finden. Wenn Rodriguez nicht gerade die verschiedensten Stilrichtungen unter seinen Cowboy-Hut zu einem harmonisierenden Puerco Pibil einkocht oder wie in "His Prescription ... Pain" und "Dakota" eine musikalische Ehrerbietung an John Carpenter entrichtet, trällert die Schöne so manches Liedchen. Das absolute Prachtstück: eine zusammen mit Nouvelle Vague eingespielte Coverversion von "Too Drunk to Fuck" der Dead Kennedys. Jello Biafra hat man das seinerzeit sogar im nüchternen Zustand abgenommen, wenn sich jedoch Madame McGowan knapp bekleidet an der Stange dazu räkelt, kann man eigentlich nur das Sprachrohr der MTV-Generation zitieren - die Herren Beavis und Butthead: "Uhuhuh, yeah."

Bleibt zu hoffen, daß der Tarantino/Rodriguez-Ausflug in die Auto- und Hinterhofkinos von gestern zumindest ein paar der hiesigen Kinobesucher dazu ermuntert, durch echte Grindhouse-Streifen zu wildern und Klassiker wie "I Hate Your Guts", "I Drink Your Blood" und "The Last House on Dead End Street" sowie den einen oder anderen Roger-Corman- und Gualtiero-Jacopetti-Streifen wieder neu zu entdecken.

 

Hey, while I was in the pizza parlor, this creepy old man came up to me and said, "Sweetie, you don´t have to kiss to make babies." So, I waited until it was about time to leave with the pizza, then I walked right up to him and said out loud, "I know, but you still gotta fuck!"

(aus "The Driller Killer")

 


Vorhang

Manfred Prescher, Peter Hiess & Jürgen Fichtinger

Prince - Parade


Warner (USA 1986) 

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