Italianità pur

Fabio Luisi, der auch in der Wiener Staatsoper häufig zu Gast ist, hatte bei der Philips die Gelegenheit, sich als großer Könner zu präsentieren. Nach der grandiosen Aufnahme von "Jerusalem" kommt jetzt mit "Aroldo" ein neues Meisterstück in die Regale.

"Aroldo" ist ein englisches Ritterdrama, das im 12. Jahrhundert spielt. Und damit wäre auch schon alles Wichtige über die Handlung dieser Oper erzählt; die Einzelheiten sind eigentlich uninteressant. Bedeutend ist bei diesem Werk vor allem die phantastische Musik: ein typischer Früh-Verdi mit Cabalettas, feurigen Chören und allem, was dazugehört. Nicht umsonst muß die Ouvertüre von "Aroldo" immer wieder als beliebtes Zugabenstück bei Konzerten herhalten; auch von Karajan existiert eine phantastische Aufnahme davon.

Bei der Besetzung wurde im Falle der vorliegenden CD nicht gespart, sondern die Creme de la Creme der Opernszene aufgeboten. Zu hören sind Neil Shicoff als einzigartiger Aroldo, Carol Vaness als dramatische und schön singende Mina, weiters Anthony Michaels-Moore und Roberto Scandiuzzi als tiefstimmige Ergänzung. Shicoff ist mehr ein "Stimmdarsteller" als ein Belcanto-Sänger, er deutet jede Phrase penibel aus und interpretiert sie äußerst tiefgehend. Und Carol Vaness ist ihm eine ebenbürtige Partnerin - sie besitzt neben ihrer wunderschönen Stimme eine hervorragende Dramatik.

Der Star der Aufnahme jedoch ist Fabio Luisi mit Chor und Orchester des Maggio Musicale Fiorentino. Der Dirigent versteht es, sowohl dramatisch zuzupacken als auch zarteste Lyrizismen anklingen zu lassen. Selbst vor einem Fortissimo, das die Dramatik körperlich spüren läßt, fürchtet er sich nicht. Seine Leistung ist dafür verantwortlich, daß mit dieser Aufnahme eine der hervorragendsten Verdi-Produktionen der letzten Zeit vorliegt.

Fabio Luisi ist einer der besten Verdi-Dirigenten heute, und "Aroldo" ist daher auf jeden Fall den Besuch im Plattengeschäft wert - nicht nur wegen des Repertoirewerts, sondern vor allem auch wegen der einzigartigen Interpretation.

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