Beats am Fluß

Jeder, der schon einmal bei "Turntables on the Hudson" mit dem Schiff durch New York gefahren ist, hat begriffen, wie unglaublich cool der Club von Nikodemus & Mariano ist. Bei den dazugehörigen Compilations wurde dieses hohe Niveau allerdings erst mit der vorliegenden dritten Ausgabe erreicht.

Es wurde an dieser Stelle schon mehrmals erwähnt: In letzter Zeit erscheinen viele Compilations. Sehr viele. Definitiv zu viele. Und ein Großteil dieser CDs scheint mit Lounge-NuJazz-Blablabla gefüllt und auf die Zielgruppe der coolen, dynamischen, gebildeten, konsumkritischen 19- bis 49jährigen zugeschnitten zu sein. (Gibt´s die überhaupt in nennenswerter Quantität?) Da auch die Auswahl an vernünftigen neuen Musikstücken recht gering ist, stellt sich beim Hörer immer häufiger Frustration ein.

Umso verwunderlicher ist es, wenn man mit "Turntables on the Hudson 3" den x-ten Sampler in den CD-Player einlegt und plötzlich guter Sound aus den Lautsprechern dringt. Ja, genau, so hat man dieses legendäre Outdoor-Event von Nikodemus & Mariano auf einem Schiff am New Yorker Hudson River in Erinnerung (wenn man das Glück hatte, je persönlich dabeigewesen zu sein). Genauso funktionierte dieser Vibe... Warum haben es die beiden DJs dann bei ihren beiden ersten Versuchen, den Groove auf Platte rüberzubringen, nicht geschafft? Wahrscheinlich alles eine Frage des Alters und der Reife - oder so ähnlich.

Jazzige Rhythmen, klassische Funk-Gitarren und Bossa-Percussion, in zeitloser Verschlungenheit mit fetten Dub- und Downtempo-Basslines. So hätte dieser Sound wahrscheinlich in grauer Vorzeit in den Soul-Clubs geklungen, wenn man ihn damals schon elektronisch angereichert hätte. Die Ingredienzien sind jedenfalls die gleichen geblieben; den kleinen (aber feinen) Unterschied machen die Rezeptur und die Qualität der einzelnen Zutaten aus. Das verhält sich ungefähr so wie bei der Zubereitung eines "Caesar´s Salad" mit Bestandteilen aus dem Supermarkt nebenan oder solchen aus dem italienischen Delikatessengeschäft: schaut gleich aus, aber geschmacklich liegen Welten dazwischen.

Dazu kommt, daß man den beiden Verantwortlichen für Club wie CD nicht einmal den Vorwurf machen kann, mit bekannten (und somit meist abgelutschten) Namen nach Verkaufszahlen zu heischen. Denn mit wenigen Ausnahmen (wie z. B. einem Track der hierzulande bekannten und drüben gut befreundeten Madrid De Los Austria) fanden nur "Mitglieder" der NYC-NuGroove-Crew wie Zeb, Osiris, Metaprofessor oder Groove Collective ihren Platz auf der CD - eine Art künstlerisch wertvoller Nepotismus also.

"Turntables on the Hudson 3" ist einfach Good-vibration-Musik, die sich anfühlt wie ein Sonnenuntergang auf Ibiza im Kumhala´s (der wohl schönsten Bar diesseits des Äquators) - der perfekte Soundtrack zum Frühstücken, Putzen, Vögeln oder Arbeiten. Doch natürlich kann es einem passieren, daß man nichts in der Hand hat, wenn man plötzlich einen Track herausgreifen möchte. Das Projekt von Nikodemus und Mariano ist eben keine substantielle musiktheoretische Innovation, sondern einfach - aber nicht simpel - der Sound zu einer wunderschönen Nacht am Fluß. Und das ist auch einiges wert.

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Oben: eine repräsentativ-
symbolische Darstellung der Ereignisse am Hudson (vom Autor geprüft)
Unten: New Yorker Spezialität: Live-Percussionist in Space