Warten lohnt sich nicht

Endlich ist das heißersehnte neue Werk von Spiritualized erschienen. Doch "Let It Come Down" klingt genauso, wie Indie-Rockmusik halt immer schon geklungen hat…

Jason Pierce heißt der Mann, der früher mit seinen Spaceman 3 den perfekten Soundtrack für monotone, verkiffte Herbstnachmittage produziert hat. Im Jahr 1991 benutzte er bereits den Namen Spiritualized auf der B-Seite der "Recurring"-LP der Spaceman 3, und ein Jahr später erschien dann das Debüt-Doppel-Album "Lazer Guided Melodies".

Nach einigen experimentelleren Platten im Laufe der Neunziger, auf denen auch Drone-lastige Ambient-Stücke und klassische Arrangements zu finden waren, gelang der Band 1997 der kommerzielle Durchbruch mit dem Longplayer "Ladies and Gentlemen … We are floating in Space". Das Album erreichte in Großbritannien Gold und wurde von seiner Bedeutung her mit "Sergeant Pepper" von den Beatles verglichen.

Als Erinnerung an eine ausverkaufte Tour erschien dann 1998 noch der Live-Mitschnitt "Royal Albert Hall: October 10th", bei dem die Band durch Streicher, Bläser und einen Gospelchor verstärkt wurde. Pierce nahm sich auch Zeit für diverse Seitenprojekte und arbeitetete unter anderem mit dem britischen Komponisten Steve Martland und an einem Orchesterwerk mit La Monte Young.

Ein weiteres prominentes Bandmitglied von Spiritualized ist Keyboarder Thighpaulsandra, der in letzter Zeit nicht nur ein ausgezeichnetes Soloalbum veröffentlichte, sondern auch die Musik der Elektronik-Pioniere Coil weitgehend veränderte. Für "Let It Come Down" ließ er die Arbeit mit Coil liegen und begibt sich nun mit seiner Hauptband auf große Tour (die in Wien allerdings nicht haltzumachen scheint).

Im Pressetext zum neuen Album wird die Musik von Spiritualized als "Drug-Fuelled, Fucked Up Rock´n´Roll" bezeichnet - und damit trifft man eigentlich auch völlig ins Schwarze. Alle Titel auf der neuen CD sind klassische Rock-Songs, für elektronische Experimente ist offensichtlich keine Zeit oder kein Platz mehr. Über hundert Musiker waren bei den Aufnahmen beteiligt, darunter auch wieder ganze Chöre, Streicher, Gospelsänger und vieles mehr. Allerdings haben sie auf "Let It Come Down" keinen großen Einfluß hinterlassen, denn im Vordergrund der Songs steht noch immer die klassische Kombination aus Stimme, Gitarre und Schlagzeug.

Vielleicht wäre in diesem Fall etwas weniger doch mehr gewesen, denn man hat den Eindruck, als habe man sich bei der Produktion selbst übertreffen wollen und versucht, soviel wie möglich mit hineinzupacken. Die Songs selbst sind nämlich Durchschnitt und bei allem Respekt doch weit davon entfernt, "groundbreaking" zu sein, wie das Album von der Plattenfirma schmeichelhaft bezeichnet wird.

Statt dessen ist "Let It Come Down" ein massives, orchestrales und oft auch überladenes und unzeitgemäßes Stück Rock´n´Roll, das weder die Musik des neuen Jahrzehnts verändern noch in die Annalen der Rockgeschichte eingehen wird (auch wenn der Hype momentan groß ist). Das lange Warten hätte man sich also getrost sparen können.

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