Ideologie für zwischendurch

Momentan sind Waltari ohne Plattenfirma, harren nach der Aufführung ihrer zweiten Metaloper "Evangelicumi" der Dinge und nehmen eifrig neue Songs auf. Sänger und Kopf Kärtsy Hatakka verdiente endlich einmal etwas Geld, indem er den Soundtrack zum Verkaufsschlager "Max Payne" beisteuerte, dem wohl wichtigsten Ego-Shooter des Jahres. Trotzdem fand die Band noch Zeit, eine Vier-Track-EP "nur so zum Spaß" aufzunehmen.

Nachdem auch das letzte Album von Waltari ("Radium Round", 1999) nicht den gewünschten Erfolg hatte und die Band zu allem Überfluß noch von der kommerzfixierten Plattenfirma Edel geschasst wurde, mussten sich die seit nunmehr fünfzehn Jahren miteinander spielenden Musiker eine sinnvolle Beschäftigung suchen. Sie nahmen einige Tracks für das "Demo 2001" auf, mit dem sie sich auf die Suche nach einer neuen Plattenfirma begaben. Gründungsmitglied Sami (Git.) spielt mittlerweile wieder mit und ersetzte den True-Metal-Head Roope Latvale (Sinergy). Nach dem ergiebigen Proben straighter Rock- und Crossover-Nummern erinnerten sich die Waltari-Jungs wohl ihrer Anfänge, zu denen sie, wie sie es selbst nannten, "Doublebass-Punk" spielten.

Parallel zu dieser musikalischen Wellness-Kur entstand bei einigen Gläsern Wodka in einer einschlägigen Bar die Idee, für ein kleines Label eine Vinyl-EP aufzunehmen. Vier Tracks sind es dann binnen recht kurzer Zeit geworden, wobei insbesondere das eingängige "Guardian Angel" auf eine für die Band typische Weise zu gefallen weiß. Schnelligkeit und Härte werden zu Glückshormonen dank der positiven Vibes in Kärtsy’s Stimme. "Living then - living now" und "There is no tomorrow" sind dagegen weniger schräg, dafür eben Waltaris Version von Punk. Dabei hört man auch diesen Tracks an, daß sie von einer gereiften Rock- oder Metalband aufgenommen wurden, wenn auch in einer Garagenproduktion. Der vierte Track, "New Church", ist dann wieder so verrückt, daß er wohl tatsächlich nicht auf einem regulären Waltari-Album auftauchen würde. Andererseits ist gerade diese Frage interessant: Solch ein Projekt kennt man eher von stark kommerziell ausgerichteten Bands, die einmal ihre rohe Seite hervorkehren will. Waltari jedoch waren auch auf ihren bisher veröffentlichten Alben nie eine Band für das gängige Schubladendenken.

Der Kauf dieser EP ist schwer genug, immerhin ist sie nur per Mailorder erhältlich. Für die Fans von Waltari ist das aber ein Muß und für Freunde wirklich skurriler Publikationen eine dankbare Anregung. Waltari bieten immer "Value for money" und - wenn dieser Tip gestattet ist - im Paket mit dem in Resteuropa ebenfalls unveröffentlichten Ethno-Metal Projekt "Channel Nordica"hat man die Versandkosten amortisiert.

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Mein Fehler!
(Benny Denes, 21.12.2001 14:52)