Vernebelte Großfamilienproduktion

Nur Nicole Kidman macht den Gruselfilm "The Others" des spanischen Nachwuchsregisseurs Alejandro Amenábar wirklich sehenswert.

Die hübsche, aber nervlich strapazierte Grace (Nicole Kidman) hat sich mit ihren Kindern Nicolas (James Bentley) und Anne (Alakina Mann), die beide aufgrund einer photosensitiven Allergie kein Sonnenlicht vertragen und in ständiger Dunkelheit leben müssen, in ein abgelegenes, in ständigen Nebel gehülltes Herrenhaus auf der Kanalinsel Jersey zurückgezogen. Es ist das Jahr 1945, und ihr Mann ist im Krieg vermißt. Grace, von Schicksal nicht gerade verwöhnt, sucht Trost und Stütze im biblischen Katholizismus. Ihren Kinder bringt sie die Gottesfurcht mit strengen Lektionen bei. Während der kleinere Nicolas noch ganz am Rockzipfel seiner Mami hängt, regt sich in Anne frühpubertärer Widerstand. Sie neigt zur Aufsässigkeit, schwelgt in provokanten Tagträumereien, hänselt ihren Bruder mit Schauergeschichten und tut so, als würde sie mit Geistern sprechen.

Eines Tages stehen die robuste Haushälterin Mrs. Mills (Fionnula Flanagan), der alte Gärtner Mr. Tuttle (Eric Sykes) und die stumme Haushaltshilfe Lydia (Elaine Cassidy) vor der Tür. Sie sind auf der Suche nach Arbeit, und Grace stellt sie ein. Bald darauf beginnt es im Haus ernsthaft zu spuken; Geräusche und Stimmen hallen durch die Gemäuer, Annes angebliche Kontakte zu einer Familie und einer furchterregenden alten Frau werden immer häufiger, das Klavier beginnt von selbst zu spielen, und Grace findet ein schauderliches Fotoalbum mit nett zurechtgerückten Toten am Dachboden. Zu allem Überfluß scheinen die Hausangestellten, die schon früher einmal in diesem Haus dienten, einige schreckliche Geheimnisse zu behüten...

Alejandro Amenábars Gruselschinken kommt nur sehr langsam zur Sache; ohne Nicole Kidmans strahlender Präsenz würde man sich wahrscheinlich ziemlich langweilen. Der Regisseur, hier auch Drehbuchautor und Musikkomponist, versteht sich zwar auf kunstvolle Gestaltung - Licht, Ausstattung und Fotografie sind makellos. Auch die Schauspieler geben sich kein einziges Mal eine Blöße. Aber eigentlich wird nur eine etwas zu vorhersehbare und im Grunde sehr simple Geschichte, die auch keineswegs mit Neuem aufwarten kann, in etwas ambitionierterer, klüger durchdachter Form als gewöhnlich dargeboten.

Der dem Film innewohnende latente Katholizismus ist verständlich, wenn man bedenkt, daß der Regisseur aus Spanien kommt - dort betet man bekanntlich bis heute gerne. Der in "The Others" behandelte zentrale Religionsmythos ist aber keineswegs reizlos. Ansonsten ist noch interessant, daß Tom Cruise diesen Film produziert hat. Und daß seine angelich letzte Flamme Penélope Cruz auch aus Spanien kommt. Und daß Cruise und Cruz im neuen Film "Vanilla Sky" auftreten, bei dem es sich um ein US-Remake des zweiten Films von Alejandro Amenábar handelt.

Da ist ja wieder die ganze Familie beisammen.

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Spuk
(Walter Robotka, 14.01.2002 01:09)