Cruise, Cruz und der Bunny Boiler

"Vanilla Sky" ist Hollywood at it’s best: Die Schauspieler verkörpern durchwegs Paraderollen, und die Story stammt von einem spanischen Kultfilm.

David (Tom Cruise) ist Erbe eines Verlagsimperiums. Er ist fesch, gesund, trainiert, erfolgreich, immer gut gelaunt. Fürs Bett hat er die blonde, allseits heiß begehrte Julie Gianni (Cameron Diaz). Zwar ist Julie die Traumfrau des intellektuellen Buchautors Brian (Jason Lee), der bei Davids Verlag unter Vertrag ist, aber Brian ist trotzdem Davids bester Freund. So sieht also die Butterseite des Leben aus. Der einzige schwarze Punkt in Davids Leben ist das Vorstandsgremium, das 49 Prozent des Verlages hält. Alle Mitglieder hassen ihn und wollen ihn weghaben. Er vermutet sogar, daß sie eine Verschwörung gegen ihn planen. Aber damit kann er umgehen.

Eines Abends, selbstverständlich bei einer Party, wo nur Trophy-Girls rumhängen, bringt Brian die zuckersüße Sofia (Penélope Cruz) mit, und sofort steht David in Flammen. Tage später steht fest, daß David endlich die Liebe seines Lebens gefunden hat: Sofia. Und Brian, dem David schon wieder eine Frau abgenommen hat, nimmts leicht. Ganz anders sieht das allerdings Julie. Immerhin hatten sie und David in ihrer letzten Liebesnacht viermal Sex – und offenbar war es Julie viel ernster, als David je befürchtet hätte ("I swallowed your cum, David! That means something!"). Ein letztes Mal läßt sich David hinreißen, in Julies Wagen zu steigen, um über alles zu reden. Schwerer Fehler: Julie steuert den Wagen gegen eine Wand. Als David im Krankenhaus aufwacht, ist die Hälfte seines Gesichtes unter den Narben kaum noch erkennbar. Tja, und so zeigt das Schicksal wieder mal keine Gnade: David verliert Freunde, Geliebte, Job – und schließlich offenbar auch den Verstand. Zumindest hat es ganz den Anschein: Seine Realitätswahrnehmung weist immer größere Lücken und Verschiebungen auf, Verschwörungsparanoia paart sich mit Halluzinationen, und schließlich taucht sogar Julie wieder auf...

Der zweite Film des spanischen Regisseurs Alejandro Amenábar ("The Others") wird von Cameron Crowe neu aufgelegt. Es geht darin im Grunde um eine simple, nicht übermäßig neue Science-Fiction-Idee und deren (theoretische) psychische Nebenwirkungen. Allerdings stellt der Film Dramen und Emotionen in den Mittelpunkt, umschwirrt die Frage nach der Gerechtigkeit des Schicksals und treibt ein genüssliches Verwirrspiel mit seinen Zusehern.
Penélope Cruz ist noch nie besonders aufregend als Schauspielerin gewesen, und dasselbe gilt für Tom Cruise, aber hier funktionieren die beiden (abgesehen von den paar üblichen überagierten Cruise-Gesten) ausgezeichnet. Cameron Diaz ist vor allem deshalb ausnahmsweise erfreulich, weil sie endlich die perfekte Rolle für sich gefunden hat: als Bunny Boiler. Was das ist? Wir erinnern uns an die "Verhängnisvolle Affäre", wo Michael Douglas heimkommt und das kleine Schmusehäschen seiner Tochter im Kochtopf wiederfindet (Glenn Close hat es da reingetan). Sollte es noch jemand geben, der bislang keine Angst vor dem blonden Ex-Model hatte, dann ist es spätestens nach "Vanilla Sky" besiegelt.

Alles in allem ein handwerklich überdurchschnittlich solider und in vieler Hinsicht mitreißender Film, der zwar keine Antworten auf die großen Fragen da draußen bietet, aber es versteht, zwei Stunden lang bestens zu unterhalten.

Alle 3 Kommentare ansehen

Zu lang, zu banal, zu kitschig
(Tanja Korn, 25.01.2002 12:27)

zu lang?...that means something david
(aka201, 30.01.2002 12:59)

Re: Zu lang, zu banal, zu kitschig
(sssafnjagngjgn, 31.01.2002 17:47)