Nicht zum In-den-Boden-versinken

Eine romantische deutsche Komödie, verpackt in ein Roadmovie, das zwischen Hamburg und Istanbul spielt? "Im Juli" traut sich das tatsächlich zu. Gezeigt wird reichlich Kitsch, aber der für den Krautfilm übliche Peinlichkeiten-Exzeß bleibt aus.

Der stockbiedere, gänzlich uncoole Schulassistent Daniel (Moritz Bleibtreu) hat eigentlich vor, seine Sommerferien in Hamburg zu verbringen. An einem Esoterik-Marktstandl vor der Schule wird er aber von einem minizöpfchentragenden Hippie-Girlie angequatscht; es heißt Juli (Christiane Paul) und ist heimlich in den Todlangweiler verliebt, weil "er etwas in sich hat, das raus will". Juli redet Daniel ein, daß er einen Sonnenring kaufen muß und am Abend zu einem Latin-Clubbing kommen soll, wo er ein Mädchen mit einer Sonne treffen wird, die sein Schicksal sein könnte.

Der einsame Biedermann kauft den Ring, aber auch die Geschichte - weshalb er sich tatsächlich bei dem abendlichen Rumba-Rave einfindet. Nur trifft er dort nicht Juli, auf deren Kleid rund ums freigelegte Bauchnabel-Ppiercing eine riesige Sonne prangt, sondern die Türkin Melek (Idel Üner), die auch eine Sonne am Kleid mit sich trägt. Melek übernachtet bei Daniel, er verliebt sich in sie, und sie reist am nächsten Tag nach Istanbul. Er beschließt, ihr mit dem Kiffermobil seines Nachbarn nachzureisen. An der letzten Straßenecke vor der Autobahn steht die autostoppende Juli, die endgültig die Nase von Hamburg voll hat (wer kann´s ihr verdenken?) und weg will. Daniel nimmt sie mit. Sie beschließt, bis nach Istanbul mitzufahren, um Daniel doch noch herumzukriegen. Und schon haben wir ein Roadmovie.

Was danach kommt, beinhaltet zwar nach wie vor viel kindische Spontanitätsnaivität, für die die Mimen allesamt reichlich zu alt erscheinen. Die Reise durch Bayern, Österreich, Ungarn, Rumänien und schließlich die Türkei ist aber gesäumt von haarsträubenden Abenteuern und witzigen Charakteren, die allesamt der Kulturidentität ihres jeweiligen Landes treu bleiben. Daniel verliert seinen Paß, sein Geld, sein Auto, seine Biederkeit und immer wieder auch Juli. Er weiß nur, daß er in wenigen Tagen um Mittag unter einer Istanbuler Brücke sein muß, um Melek wiederzutreffen. Aber vielleicht wird er dort ja jemand anderem begegnen...

Wie gesagt: Mit Kitsch muß man in diesem Film rechnen. Daneben weist er aber auch eine gewisse Coolness und ein paar recht gute Witze auf. Die Schauspieler sind akzeptabel bis gut - Moritz Bleibtreu ist immerhin einer der wenigen Gründe, warum man über die Krautfilmlandschaft nicht nur lachen kann, und Christiane Paul war schon in "Die Häupter meiner Lieben" die Rettung (vor Heike Makatsch). Regisseur Fatih Akin, mehrmals ausgezeichnet für seinen Debütfilm "Kurz und schmerzlos", planscht diesmal zwar in seichten Gewässern, zeigt aber ein gutes Gespür für Identität und Charakter diverser Ostlandbewohner. Als Deutschtürke hat er natürlich eine besondere Vorliebe für die Heimat seiner Eltern - was uns ein durchwegs positives Bild der Türkei vermittelt. Das darf nach Alan Parker auch ruhig einmal sein.

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