Russisches Stimmungsbild

Nicht nur Komponisten, auch Tonträgerproduzenten können ein Jubiläum feiern. Philips wird gerade fünfzig, was für Musikfreude einen Riesennutzen hat. Da aus diesem Anlaß die Archive geöffnet werden, fallen einige Riesenschätze ab - wie die vorliegende Gesamtaufnahme von Prokofjews Ballett "Romeo und Julia".

Die Aufnahme dieses Balletts wurde 1990 eingespielt - also zu einer Zeit, als der Name Valery Gergiev bei Musikhörern noch eher unter "unbekannt" eingestuft wurde. Hört man sich diese Aufnahme heute an, dann wird einem sofort klar, warum aus dem Maestro eine derartige Berühmtheit geworden ist.

Gergiev führt gemeinsam mit seinem Kirov-Orchester in einen wahren Klangrausch, wobei er heute allerdings sogar noch intensiver ist als in der vorliegenden Aufnahme. Als Gesamtaufnahme gehört seine "Romeo und Julia"-Version neben der unübertroffenen Fassung unter Lorin Maazel (Decca) zu den besten. Es ist wunderbar zu hören, wie Gergiev jedes Detail fein herausgearbeitet hat und (sogenannte) Nebenstimmen so hervorhebt, daß sie gut zu hören sind, ohne dabei den Gesamtklang zu beeinträchtigen.

Die Philips hat ihre Aufnahmen klanglich aufpoliert, was endlich einmal positiv gelungen ist. Die Ballettmusik klingt sehr räumlich und transparent, ohne jemals kalt zu wirken. Gergiev verleiht der Musik immense Intensität; angefangen von den romantischen bis hin zu den wilden Szenen wie bei "Tybalts Tod". Die Meisterleistung ist bei dem Maestro der Umstand, daß er detailverliebt ist und trotzdem den größeren Zusammenhang nie aus dem Auge verliert.

Prokofjews Werk zählt zu den besten und beliebtesten Ballettmusiken überhaupt. Konzertant wird meistens nur eine der Suiten oder eine Zusammenstellung gespielt. Das ist insofern sehr schade, als die Hörer auch im Konzert durchaus das gesamte Werk vertragen könnten. Und in einer solchen Interpretation schafft man es sogar, das ganze Stück in einem einzigen Durchgang anzuhören. Einfach phänomenal.

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