Banzai! Ninja-Festival!

Das britische Ausnahme-Label Ninja Tunes feiert sein zehnjähriges Bestehen mit einer glanzvollen Compilation, die eine Dekade innovative Musikarbeit an den Schnittstellen von HipHop, Jazz, Dub, Elektronik und gebrochenen Beats dokumentiert.

Ninja: n, pl [Jp, fr. Nin - persevere + ja - person]: A person trained in ancient Japanese martial arts and employed especially for espionage and assassinations

Das flinke und behende Umschleichen der eingefahrenen Gegebenheiten des Musikmarkts wie auch von erstarrten Genregrenzen war seit ihren Anfängen einer der zentralen Punkte im kreativen Output des legendären Duos Matt Black und Jonathan Moore a.k.a. Coldcut, der Bosse von Ninja Tune.

"This is a journey into sound" - dieses Sample stammt von einer der berühmtesten Coldcut-Produktionen, nämlich dem 1987 angefertigten Remix für Eric B & Rakims "Paid In Full". Die Welt war für Jonathan Moore und Matt Black damals, trotz erfolgreicher Alben wie "Say Kids, What Time Is It?" (1987) und "What´s That Noise" (1990) trotzdem nicht so ganz in Ordnung. Die Maschinerie der großen Plattenfirmen verursachte dem kreativen Duo mehr als nur Kopfzerbrechen und nach einigen Jahren des Streitens wurde die Gründung des eigenen Labels Ninja Tune beschlossen.

Abseits der metertief eingetretenen Pfade des Major-Busineß stand das Anliegen im Vordergrund, innovative Musik aus dem Dance-Bereich zu veröffentlichen, die anderen Labels zu dieser Zeit noch zu kompliziert oder zu wenig marktkompatibel war. Bereits die ersten Releases von Bogus Order (alias Coldcut), 9 Lazy 9 (alias Funki Porcini), The Herbaliser und die unter dem neuen Coldcut-Alias DJ Food veröffentlichte Serie "Jazz Brakes" sorgte für Aufsehen in der damals eher technoiden Dance-Gemeinde. Die Cut-up-Tracks mit Schnipseln aus Soul, Jazz und Funk klangen auf Anhieb zwar dem Acid-Jazz-Lager nicht unverwandt, aber der höhere Anspruch und der kreative Umgang mit den Samples positionierte die Coldcut´sche Community fernab der schnöseligen Dancefloor-Jazz-Fraktion.

Ein Label-Dasein zwischen den Stühlen schien vorprogrammiert, die klassische Variante Kritiker-lieben´s-Käufer-hassen´s ebenso. Doch trotzdem gelang - wahrscheinlich eher aus Zufall - die fast unmögliche Grätsche zwischen Lobgesängen der Presse und klingelnden Kassen in den Shops. Die feinfühlige A&R-Arbeit und die sich um keinen Trend scherende Labelpolitik waren daran wohl nicht unschuldig. Als sich die Dance-Gemeinde in den Neunzigern als der Topf für neue Suppen etablierte und Rock in den Dornröschschlaf fiel, setzten Ninja Tune entgegen den gesichtslosen Trends des Techno auf Individualität. Eigenständig war jedoch nicht nur die Musik; das Design der Releases und der schräge Humor des Labels rundeten den charmanten Auftritt der Ninjas ab. Und das machte sich bezahlt. Heute können Moore und Black auf eine kommerziell wie künstlerisch erfolgreiche zehnjährige Karriere ihres Labels zurückblicken und feiern dies mit einer neuen Compilation.

"Xen Cuts" zelebriert auf entweder drei CDs, vier LPs oder fünf 10-Inches, alle in hochwertigen Verpackungen, das Jubiläum mit neuen und raren Tracks von The Herbaliser, Mr. Scruff, Amon Tobin, DJ Vadim, Kid Koala, DJ Food, Funki Porcini, Roots Manuva und anderen Künstlern aus den sich teilweise überlagernden Sektoren von HipHop, Electronika, Downtempo und Breakbeat. Wiedergekäut wird hier nichts, die bekannten Klassiker wurden ausgelassen - Ninja Tune hat es schließlich nicht nötig, sich zu wiederholen. Auf jeden Fall ein guter Griff für Einsteiger; Klassiker wie die Compilations "Funkjazztical Tricknology", "Flexistentialism" und "Funkungfusion" kann man sich schließlich noch nachkaufen. Und das sollte man auch...

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