Rock´n´Roll Contemporary School, pt. seven - The Donnas

Werte Leserinnen und Leser! Heute erwartet Sie an dieser Stelle eine Weltsensation: Wie Sie sicherlich wissen, rauchen seit Wochen die hellsten Köpfe, um eine Antwort auf die Frage des Jahres - wenn nicht gar des Jahrhunderts - zu finden. Doch nun bietet Ihr Lieblingsmagazin des Rätsels Lösung.

Hier nochmals die Frage, nur zur Erinnerung: Was ist es, das hübsche US-Amerikanerinnen, wie die vier Grazien von der Band The Donnas, zuerst tun, wenn sie das magische Alter von 21 Jahren erreicht haben?

Antwort: Zuerst bewegen die jungen Damen ihre Luxuskörper in den "Ruby Room" - der sich, wie jeder weiß, in Oakland im schönen Kalifornien befindet -, plazieren sich gut sichtbar in den bequemen Sitzgarnituren und ... erraten! ... kippen sich das eine oder andere Getränk in die Venen. Und glauben Sie bitte Ihrem Rezensenten, es handelt sich dabei garantiert nicht um das allseits beliebte Entenhausener Blubberlutsch. Doch was immer es auch sein mag, äußerst bekömmlich ist das Gesöff auf jeden Fall. Zumindest, was unsere vier Babes anbelangt.

Die werden von dieser zaubertrankähnlichen Flüssigkeit nämlich geradezu zur Explosion gebracht, wie ihr neuestes Werk beeindruckend unter Beweis stellt. So wie die Donnas darauf rocken und rollen, macht es überhaupt nichts aus, daß sie heuer bereits 22 werden. Ihre Musik hat den Klang einer Maschine, gegen die man wahrlich keine Rage empfinden kann. Ganz im Gegenteil. Wer die "Rock´n´Roll Contemporary School" liebt, muß die Mädels aus der kalifornischen Bay Area geradezu vergöttern.

Die Gründung der Band erfolgte so wie jene unzähliger anderer Musikgruppen: Gitarristin Allison Robertson und Bassistin Maya Ford waren Highschool-Freundinnen, denen es damals, Mitte der 90er Jahre und im Alter von ca. 14 Jahren, mächtig auf die Nerven ging, daß es in ihrer Gegend keine krachenden Girlbands gab. Also trat man an Schulkollegin Torry Castellano heran und überredete sie kurzerhand, mit dem Schlagzeugspielen zu beginnen. Als man die fesche Brett Anderson (ähnlich sexy wie die berühmte Pamela Sue) in der Aula singen hörte und sofort einstellte, war das perfekte Team gefunden. Ein paar Wochen gemeinsamer Proben reichten völlig, um den ätzenden männlichen Kollegen (respektive Konkurrenten), die ihnen unterstellten, bloß eine ansehnliche Playback-Nummer abzugeben, zu zeigen, wer denn die wahren Rocker at school waren.

Bald gelang es den Mädels sogar - unter ihrem ersten Bandnamen Ragedy Ann -, eine Single aufzunehmen. Dieser Tonträger und ein paar lokale Auftritte weckten die Aufmerksamkeit des Profimusikers Darrin Raffelli, dessen Unterstützung sie gewinnen konnten. Er war es auch, der ihnen ihren grandiosen Bandnamen verpaßte; und ganz im Stil der großen Ramones wurden auch die Girls selbst in Donna A., C., R. und F. umbenannt. Weitere Singles, das Debütalbum "The Donnas", sowie dessen Nachfolger "American Teenage Rock´n´Roll Machine", hauptsächlich mit Songmaterial aus der Feder von Raffelli, wurden aufgenommen, bis die Zusammenarbeit schließlich mit dem 1999er Album "Get Skintight" endete. Von jetzt an waren die vier Mädels musikalisch auf sich allein gestellt, wie sie es eigentlich immer geplant hatten.

Die neuen Freiheiten wurden perfekt ausgenützt, um noch straighter und wilder zu werden - wie man auf "Turn 21" überprüfen kann. Traditionelles ist für The Donnas eine Selbstverständlichkeit, was unter anderem an der bereits von Hunderten Bands verwendeten klassischen Besetzung und auch am Equipment - darauf wird ausdrücklich im Booklet hingewiesen - zu erkennen ist. Die Firma Gibson z. B. beliefert ja schon seit Urzeiten die Saitenabteilungen diverser Krach-Bands mit Spitzeninstrumenten. So auch The Donnas, deren große Vorbilder allerdings eher die Hardrocker von Eighties-Bands wie Kiss (Donna R. wird gern als weibliches Pendant zu Ace Frehley bezeichnet) und Mötley Crue sind. Dumpfe Basslines und harte, verzerrte Rhythmusgitarren bilden zusammen mit dem treibenden, jedoch auf das Notwendigste reduzierten Schlagzeugspiel den sehr ansprechenden Hintergrund. Darüber legen sich die schneidenden, manchmal eher metal-mäßigen - was doch etwas merkwürdig anmutet, wenn man bedenkt, daß die Band bei Epitaph, dem Punklabel schlechthin, engagiert ist - eingespielten Gitarrensoli von Miss Robertson. Last but never least hören wir die ignorant wirkenden, tief in der weiblichen Teenage-Punk-Szene verwurzelten und ein wenig an Joan Jett (& The Blackhearts) aber auch Courtney "Miss World" Love erinnernden Vocals der Frontfrau und äußerst prima Donna A.

Die auch kompositorisch gesehen klassischen 15 Songs - bis auf zwei Ausnahmen alle mit der perfekten Rock´n´Roll-Länge von unter drei Minuten - bedienen in ihren Lyrics durchwegs klischeehafte Themen; sicher nicht zum Nachteil des Albums. Ganz bewußt spielen die jungen Frauen das Spiel des harten Rocks der alten, schnörkellosen Schule. Nach Iggy And The Stooges zu klingen, hat ja noch keinem Lärmmusikanten geschadet.

Als Anspieltips sind "40 Boys In 40 Nights" - da will man gern einer dieser 40 Buben sein - und das Judas-Priest(!)-Cover "Living After Midnight" wärmstens zu empfehlen. Allerdings nur dann, wenn man gerade keine 40 Minuten und 56 Sekunden (wenn man bedenkt, wie kurz die Songs sind, ganz ordentlich) Zeit hat, um das komplette Werk in einem Zug zu genießen. Der Vorschlag Ihres Rezensenten lautet daher: unbedingt kaufen, sich schenken lassen oder selber verschenken; kopieren oder flauchen nur in finanziellen Notfällen gestattet - die Musikerinnen sollen für ihre Platte schließlich vernünftig entlohnt werden. Ein absolutes Muß und daher noch viel wichtiger: Auf gar keinen Fall darf man sich am 5. 3. 2001 abends an irgendeinem anderen Ort als der Szene Wien (ob es wohl Gratis-Tickets für den Verfasser dieser Zeilen gibt???) aufhalten. See you at the concert!

Hören Sie wohl!

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