Herausforderung für Squaresoft

In "The Legend of Dragoon", ihrem neuesten und auch letzten Spiel für die PSone, versucht sich die Firma Sony in einem Genre, das vor Konkurrenz nur so wimmelt - und schlägt sich dabei nicht einmal schlecht.

Die Geschichte beginnt mit Dart, einem jungen Mann mit Stachelfrisur und roter Rüstung. Er kehrt gerade von einer persönlichen Vendetta nach Hause zurück und muß erkennen, daß seine Jugendfreundin Shana aus unerklärlichen Gründen von Schergen des Königreichs Sandora entführt worden ist. Wutentbrannt und um eine Blutfehde reicher, stürmt er los, um seine Freundin aus dem Gefängnis zu befreien.

Dort angelangt, schließt sich ihm ein Ritter an - und bald ziehen die drei (die Freundin wurde natürlich gerettet) in den Krieg, um ebendiesen bald zu beenden. Kurze Zeit später erfährt der verblüffte Spieler, daß Dart und seine Kompagnons keine normalen Sterblichen, sondern "Dragoons" sind - Menschen, denen die Kraft von Drachen zueigen ist. Um jedoch das böse Königreich Sandora besiegen zu können und somit den Krieg zu beenden, der die ganze Welt zu zerstören droht (wie sollte es anders sein?), muß sich der Spieler auf den Weg machen und die restlichen sechs Dragoons finden, damit sich die Legende auch erfüllen kann.

Die einzelnen Kapitel laufen derart vorhersehbar ab, daß man sich innerhalb kürzester Zeit wie in einem billigen "Power Rangers"-Film vorkommt - mit dem Unterschied, daß es statt der fünf Helden sieben gibt. Nun könnte man vermuten, daß zumindest das Gameplay einen Reiz bietet und innovativ ausgefallen ist. Dieser Gedanke hat auch seine Berechtigung; wenigstens für die ersten zwei Stunden dieses 80stündigen Epos (ca. 20 pro CD). Nach der anfänglichen Euphorie stellt sich jedoch sehr schnell Langeweile ein, denn das sogenannte "Additional-Kampfsystem" nervt recht bald. Wenn der Held angreift, kann man die Attacke verstärken, indem man zum rechten Zeitpunkt die X-Taste drückt. Schafft man dieses Timing, so führt der Charakter eine Kraftattacke durch. Der einzige Nachteil dabei ist, daß man die Art des Angriffs nicht während des Kampfes aussuchen kann, sondern schon vorher wählen muß, was dazu führt, daß man sich stundenlang ein und denselben Move immer wieder ansehen kann.

Da das Kampfsystem an sich nicht sehr innovativ ist (wurde schon in "Vagrant Story" gesichtet), ließen sich die Entwickler etwas gänzlich Neues einfallen: sie verzichteten auf ein Magiesystem. Zaubersprüche gibt es nur, wenn sich der Held in einen Dragoon verwandelt - und selbst dann sind sie spärlich gesät. Da es keine Magie gibt, existieren natürlich auch keine Heilsprüche. Zum Auffrischen der HPs seiner Charaktere muß der Spieler vollends die Nerven wegwerfen, da "Legend of Dragoon" auf Verteidigung setzt. Das Abwehren reduziert den zugefügten Schaden und stellt 10 Prozent der maximalen Hitpoints wieder her. Das führt dazu, daß die Boßkämpfe zeitweise eine Stunde oder länger dauern, da der Spieler fünf bis zehn Runden hintereinander nicht nur verteidigen kann, sondern vielmehr muß.

Graphisch ist das Game sehr schön gemacht, denn die Protagonisten bewegen sich durch vorgerenderte Landschaften und Städte, die allesamt äußerst beeindruckend aussehen. Leider ist jedoch die Weltkarte etwas verpatzt, da sie sehr pixelig und lieblos aussieht. Die FMVs sind dafür phantastisch anzusehen und können durchaus mit den "Final Fantasy"-Sequenzen mithalten. Doch trotz dieser Graphikorgie fehlt dem Spiel einfach das gewisse Etwas, um es wirklich interessant zu machen; die einzelnen Charaktere sind äußerst klobig dargestellt und wirken rundherum lieb- und einfallslos. Der tumbe Sound und die schlechten Sprecher (ab und zu wird ja auch etwas gesagt) tragen nicht wirklich zur Erhöhung des Genusses bei.

Für ein Erstlingswerk ist "The Legend of Dragoon" dennoch sehr beeindruckend. Bei Sony wird man allerdings noch etwas üben müssen, bevor man an den Glanz und die Glorie von Squaresofts Rollenspielen herankommt.

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