Zu Tode gewitzelt

"Der Mondmann", Milos Formans biographisches Porträt des 70er-Jahre-Starkomikers Andy Kaufman, gibt Jim Carrey endlich die Möglichkeit zum sinnvollen Einsatz seiner Selbstdarsteller-Attitüde.

Lange Jahre zehrte Milos Formans Prominenz ausschließlich von der Erinnerung an "Einer flog über das Kuckucksnest". Erst mit der Verfilmung der Biographie von Hustler-Herausgeber Larry Flint ("The People vs. Larry Flint"; 1998) änderte sich das; der Film stellte so etwas wie ein (allseits bejubeltes) Comeback für Forman dar. Um daran anzuknüpfen, hat er sich nun das Leben des kontroversiellen 70er-US-Starkomödianten und Showkünstlers Andy Kaufman vorgenommen. "Der Mondmann" beginnt in Kaufmans früher Jugend und endet mit der Legende, die nach seinem Krebstod um ihn entstanden ist.

Kaufman war Spezialist für kompromißlose Inszenierungen des schlechten Geschmacks; er verstand es wie kein anderer, die Leute mit pointenfreien Anti-Witzen zum Lachen zu bringen, konnte sie aber genauso gut solange provozieren, bis sie in Haßtiraden ausbrachen. Seinen größten Erfolg feierte er als liebenswert verschrobener Automechaniker Latka in der 70er-Soap "Taxi". Weiters trat er u. a. als schweigender Schlager-DJ auf, als Elvis-Imitator, als verhaltensgestörter Ausländer inkl. Akzent-Verarschung oder als untalentierter, dafür umso ungehobelterer Lounge-Sänger Tony Clifton (wobei er sich mit Gummimaske, Sonnenbrille und Fettbauch tarnte). Eine Zeitlang veranstaltete er zwischengeschlechtliche Ringkämpfe, um sich mit der Frauenbewegung anzulegen. Sein Publikum konnte jedenfalls nie sicher sein, was Kaufman bereithielt. Er konnte eine überaus witzige Show mit vielen etablierten Lachnummern abziehen, aber genausogut stundenlang mit Literaturlesungen langweilen. Unberechenbarkeit und Respektlosigkeit waren seine Prinzipien. Irgendwann erkrankte er an Lungenkrebs, an dem er schließlich starb, nachdem seine Krankheit lange Zeit für einen weiteren schlechten Witz gehalten wurde.

All das zeigt Milos Formans Film, aber auch die persönlicheren Momente in Kaufmans Leben - seinen Hang zur Esoterik, seine Selbstzweifel, seine Beziehung zu seiner langjährigen Partnerin, dem Nacktmodell Lynne Margulies (zurückhaltend: Courtney Love) oder seinen frechen Umgang mit den Fernsehbonzen und seinem Langzeit-Manager George Shapiro (Danny DeVito).

"Der Mondmann" ist durchwegs gelungenes Biographie-Kino und lebt ganz vom Glanz seiner Hauptfigur. Kaufman wird dargestellt von Jim Carrey, der erstmals in seinem Leben wirklich schauspielert, wobei die Tatsache, daß er schwer über das Sich-selbst-Spielen hinauskommt, diesmal dem Film sogar zuträglich ist. Carrey ist immerhin selbst ein Stand-up-Comedian - eine Komiker-Gattung, als deren Begründer Kaufman heute gilt. Tatsächlich gelingt es Carrey, seiner Figur emotionale Lebendigkeit und psychologisches Leben einzuhauchen; man könnte sogar von charakterlicher Vielschichtigkeit sprechen, und an der ist Carrey bislang stets gescheitert.

Etwas trocken und bieder ist der Film trotzdem geraten. Milos Forman ist eben ein Regisseur alter Schule, und das macht sich deshalb stärker bemerkbar, weil Kaufman doch nicht so aufregend und provokant lebte wie z. B. Larry Flint.

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Nicht voll ausgereizt wird das Talent von Cortney Love (unten); dagegen brilliert Danny DeVito (ganz unten) als Kaufmans Manager mit Charme und Witz (ganz ohne Kasperltheater).