Sprechende Tiere, bitte!

"Stuart Little" ist reaktionäres Hollywood-Schmalz. Aber die sprechenden Katzen machen alles wett - sagt Christian Fuchs, der von Babe, Lancelot Link, Mr. Ed & Co. gar nicht genug kriegen kann: eine ganz persönliche Liebeserklärung an die liebenswerten Perversionen der Unterhaltungsbranche.

Daß sprechende Tiere großartig sind (und mich, ehrlich gesagt, viel mehr interessieren als reale), weiß ich seit meiner Kindheit. Da lief nämlich eine geniale, wahrlich bewußtseinserweiternde Serie im ORF: "Lancelot Link - Secret Chimp". In diesem verschollenem, amerikanischen Trash-Kleinod (unlängst tauchten im Kabel kurz ein paar schrecklich synchronisierte Folgen auf) konnte man den hochspannenden Alltag eines Geheimagenten verfolgen, der der finsteren Verbrecherorganisation des deutschstämmigen Baron von Butcher auf der Spur ist. Alle Charaktere, vom affigen 007-Verschnitt Lancelot über seine anlassige Kollegin Mata Hairy bis hin zur fiesen Dragon Woman wurden von einer Gruppe echter Schimpansen so überzeugend gemimt (nur der tumbe, stumme Butler Creto war ein Orang-Utan), daß Sean Connery, Roger Moore & andere menschliche Agentenfilmdarsteller dagegen völlig verblaßten. Unvergeßlich dieses Mienenspiel, diese Gestik! Ein Wahnsinn, diese Dialoge - zumindest in der Erinnerung. Von den musikalischen Intermezzi, gespielt von der groovy-psychedelischen Affen-Combo "Lancelot Link & The Evolution Revolution" (die regelmäßig von Showmaster Ed Simian angekündigt wurden), gar nicht zu reden. Ich war addicted. Sprechende-Tiere-süchtig. Wenn "Lancelot Link" die knallbunte Avantgarde dieses Mini-Genres darstellte, dann war "Mr. Ed" die charmante (und schwarzweiße, weil viel früher gedrehte) Mainstream-Variante. Aber auch das redselige Pferd machte jede Menge Spaß, wenn es seinen Besitzer mit staubtrockenen Kommentaren an den Rand des Nervenzusammenbruchs trieb. Vor allem hielt sich Ed auch an die Grundregel aller guten "talking animals": Der Mund (besser: das Maul) muß sich beim Quatschen bewegen (mittels vieler reingestopfter Zuckerstücke, vermute ich). Viecher, die sich ihren Teil nur als Off-Kommentar "denken", taugen gar nichts. Jahrzehnte nach diesen TV-Sternstunden erlebten sprechende Tiere erst wieder in den beiden "Babe"-Filmen ein angemessenes Comeback. Man kann sich schwer entscheiden, welcher der beiden Streifen besser ist - der bezaubernde Erstling oder der wunderschön-düstere Nachfolger (der floppte, weil Millionen unfähige Eltern ihre Sprößlinge lieber in reaktionären Disney-Kitsch mitschleppten, statt sie in dieses dunkle Märchen zu begleiten), der das Genre "Kinderfilm" weit transzendiert. Über das einzige Manko, die dumpf-peinlichen österreichischen Synchronfassungen, schweigen Kenner der intelligenten Originale mit mitleidigem Lächeln. Schweinchen Babe ist einfach wunderbar, und schlecht können seine Abenteuer nur ganz herzlose Menschen finden. Anyway, jetzt komme ich endlich zum aktuellen Anlaß dieser tierischen Reflexion: es handelt sich um eine Maus namens "Stuart Little". Nach dem rasanten Trailer erwartete ich mir einen würdigen Nachfolger von Babe, Lancelot und Ed - und wurde leider enttäuscht. Teilweise zumindest. Zu sehr versinkt die Verfilmung des gleichnamigen (und angeblich ungleich konsequenteren) Kinderbuch-Bestsellers in genau jenem erzkonservativen Schwulst, den Regisseur Rob Minkoff (der hat auch den "König der Löwen" mitverbrochen) befürchten ließ. Zu steril wirkt die computergenerierte Maus (habe ich schon gesagt, daß ich "reale" sprechende Tiere bevorzuge?) in manchen Großaufnahmen. Dennoch: Allein die Szenen mit dem Hauskater Snowbell und seinen fiesen Kumpels von der Katzen-Mafia sind das Eintrittsgeld wert. Großartige Animation, diesmal ohne Zuckerstücke im Spiel, würde ich mal vermuten. Aber das darf nicht alles sein! Ich fordere tierische Remakes des "Paten 1-3"! Und "Star Wars" wäre mit Schweinen, Katzen und Hunden sicher auch nicht so todlangweilig wie mit Computereffekten (oder Schauspielern, die sich wie Computereffekte benehmen). Talking animals rule! Mehr davon!

Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.