Roter Faden, schwarze Seelen

In treuer Gefolgschaft des britischen "New Musical Express" wird beinahe wöchentlich eine weitere neue Band als DIE ganz große Hoffnung auf dem Gebiet des sanften, ruhigen und reduzierten Songwritings (as in: Folkrock) hochgepriesen. Irgendwo am Rand stehen Arab Strap im Morast und schneiden Grimassen.

Bei den Schotten von Arab Strap geht es nämlich nicht um (post-)pubertäre Selbstfindungsprozesse wie bei den maßlos überschätzten Kings of Convenience - nein, die Poesie eines Aidan Moffat findet vielmehr irgendwo zwischen Schwermut, Sexualität, Leere und schlüpfrigen Männerphantasien statt. Immer den Fuß am Abgrund, den Finger am Abzug, die eigene Gemütslage gnadenlos sezierend, das eigene Sexualleben unbefangen thematisierend. Nicht umsonst bezieht sich auch der Bandname auf ein sexuelles Hilfsmittel.

Für ihr viertes reguläres Album "The Red Thread" sind Arab Strap nun wieder zum Indie-Label Chemikal Underground zurückgekehrt, auf dem auch schon ihre ersten beiden Alben veröffentlicht wurden. Offensichtlich scheint ihnen das gut bekommen zu sein, präsentieren sie sich doch so zwingend und überzeugend wie selten zuvor. Dabei arbeiten Moffat und sein kongenialer Partner Malcolm Middleton mit möglichst unaufdringlicher und reduzierter Ausstattung. Gitarre, Piano, Streicher (wie beim wunderbar-schwülstigen "Haunt Me"), gelegentlich auch schon einmal ein dezent-monotoner Drumbeat ("Turbulence"), eine flüsternde, nuschelnde Stimme über spartanischem Gerüst; mehr brauchen die beiden nicht, um einzigartige Stimmungslandschaften aufziehen zu lassen.

Die Songs von Arab Strap erscheinen als entrückte, hypnotische Kompositionen, die sich zu dir auf die Bank setzen, dich ob ihrer schlichten und irgendwie fremdartigen Schönheit besänftigen, nur um dir im nächsten Augenblick ins Gesicht zu spucken und dir in den Bauch zu schlagen. "We used to do it to ease the tension/pretend that sex wasn´t our intention" faucht Aidan Moffat in "Last Orders", um dann später in "Infrared" zu behaupten: "At least we know we´re fuckable/at least we´re sated and we´re tired". Da scheint sich jemand inmitten des ewigen schottischen Herbstes ein wunderbar unbequemes Leben zwischen billigen Pubs, zerfallenden Beziehungen und Beerdigungen eingerichtet zu haben.

Am Ende scheint alles verloren, die Blumen verwelkt, die Ausfahrt versperrt - und doch: "We won´t always be safe here/but this is where we reign" ("Turbulence"). An den Rändern wird die Welt manchmal besonders klein.

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