Die Fette und der mit den Zähnen

Wer nicht schön und erfolgreich ist, wird krank und gewalttätig. So gestaltet sich die Realität im Film "Schrei wenn du kannst", der halbdunklen Seite von "Beverly Hills 90210".

1988, im alten Süden der USA. Anläßlich des Valentinstags gibt es einen Schultanz, bei dem alle normal gewachsenen Schüler und -innen ein bisserl herumschmusen. Nur der Klassen-Nerd Jeremy, ausgestattet mit dicker Brille und häßlich abstehenden Hauern, kriegt keine ab, obwohl er es überall probiert - bei Shelley, Lily, Kate und der hübschen Paige blitzt er ab. Erst die dicke Dorothy willigt ein, mit ihm in einem dunklen Winkel zu knutschen. Als die anderen sie dabei erwischen, stellt Dorothy das pubertäre Vergnügen allerdings als gewalttätige Einseitigkeit von Jeremy hin. Der arme Außenseiter wird folglich schlimm verprügelt.

Im Jahr 2001 wird der Mädchenclique von damals die Sache in ungemütliche Erinnerung gebracht, als ein böser Killer Shelley abends in der Leichenhalle der medizinischen Uni mit einem Rambomesser schlachtet. Das bringt die Girls von damals wieder zusammen. Da haben wir Lily (Jessica Cauffiel), die es locker mit einem Künstlertypen hält. Kate (Marley Shelton) ist das saubere Blondchen, das in einer unglücklichen Liebe zum Sportjournalisten Adam (David Boreanaz) steckt, der seine Sauferei nicht in den Griff kriegt. Paige (Denise Richards) ist die rassige, selbstbewußte Sexbombe. Und auch die fette Dorothy hat ein wenig abgenommen und an Selbstvertrauen dazugewonnen. Sie alle erhalten zum Valentinstag furchterregende Liebesbriefe nebst Morddrohung, die mit JM unterzeichnet sind. Die Handlung wird zusammengesponnen; irgendwann taucht die Vermutung auf, daß der häßliche Jeremy von damals, den alle so grausam verarscht haben, hinter dem makabren Spiel steckt. Am Schluß landen alle auf einer Valentinsparty, und dann gibt es ein Schlachtfest mit "überraschendem" Ende.

Also, bitte: Diesen Film als Horrorfilm zu bezeichnen, wäre mehr als vermessen. Er ist so moralinsauer wie die tiefste "Party of Five"-Episode, in Sachen Blut/Horror so schonend wie die ORF-Nachrichten und handlungsmäßig so seicht und von Fehlern übersät, daß man nur lachen kann. Die Außenseiter sind die psychisch gestörten Verbrecher. Die Schönen und Erfolgreichen werden ein bißchen aufgeschlitzt, aber nicht allzu brutal, damit das junge Publikum, auf das dieser Film zugeschnitten ist (so wie alle "Screams", "Urban Legends" und "Last Summers" zusammen), auch weiterhin ruhig schlafen kann. Unter den Schauspielern ist einzig Denise Richards halbwegs bekannt - und sie darf auch, dank möglicherweise silikongestopften Möpsen, wahrscheinlich aufgespritztem Schmollmund und halbwegs gelungenem Nose-Job, die "Schönheit" des Films geben, obwohl sie immer wieder erschreckend unattraktiv ins Licht gerückt wird. Schauspielerisch ist die Angelegenheit, wie gewohnt in diesem Genre, unter jeder Sau.

Regisseur Jamie Blanks war schon für "Urban Legends" verantwortlich. Mit "Schrei wenn du kannst" bleibt er ebenfalls sowohl künstlerisch völlig uninteressant als auch frei von Unterhaltungswert. George Romero, Dario Argento, Lucio Fulci - Leute dieses Schlages wußten schon vor mehr als 30 Jahren, was wirklicher Horror ist. Heute aber macht sich Hollywood offenbar schon bei lauwarmer Kost dieser Art in die Hose. Wirklich erbärmlich.

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