Es war ein langer, langer Weg

Wohl keine Band im deutschsprachigen Raum hat die Geister so geschieden wie die Böhsen Onkelz. Von Medien und Nazijägern verfolgt, die den Ausstieg der Band aus der Szene nicht wahrnehmen können oder wollen, haben die Onkelz sich in 20 Jahren als Nummer 1 der deutschen Metal/Rock-Szene herauskristallisiert.

Im Winter 1980 werden die Onkelz im Keller eines Musikers ins Leben gerufen. Als Hardcore-Punk-Band machen sie sich schnell einen Namen. 1981 stößt das vierte Mitglied zur Band, und die Onkelz sind komplett. Es folgen Jahre mit kleinen Konzerten und ein langsamer Wandel zur Skin-Band, der im Erscheinen der LP "Der Nette Mann" gipfelt, mit dem die Band Kultstatus in der Szene erlangt. Mit ihren brutalen Texten zu Themen wie Gewalt, Sex, Fußball und Alkohol machen die Onkelz auf sich aufmerksam und gelten als Schreckgespenst in den Medien und bei besorgten Eltern. Immer wieder folgen Auftrittsverbote, und 1986 wird "Der Nette Mann" wegen Gewaltverherrlichung von der BPS auf den Index gesetzt.

Im gleichen Jahr beginnt auch der langsame und schwere Weg des Ausstiegs aus der Szene, der allerdings von den Medien so gut wie gänzlich ignoriert wird. 1986 und 1987 erscheinen "Onkelz wie wir" und "Kneipenterroristen" - zwei Alben, mit denen die Onkelz erneut in der Metal-Szene aufhorchen lassen. In den Jahren danach rutscht die Band immer tiefer in einen Sumpf aus Drogen und Alkohol ab. Das Album "Es ist soweit" erscheint und ist einem verstorbenen Freund der Band gewidmet. Zwischen 1991 und 1994 ist die Band bei Bellaphon unter Vertrag und beginnt sich damit endgültig professionell im Musikgeschäft zu etablieren. "Wir ham noch lange nicht genug" erscheint und verkauft sich gut.

Am 13. 12. 1991 geben die Onkelz ein Wahnsinnskonzert im ausverkauften Messepalast in Wien. Noch Jahre später gilt dieses Konzert in der Wiener Metal-Szene als bestes seit langer Zeit. Offensichtlich wurde diese Meinung auch von den Verantwortlichen bei Bellaphon geteilt, denn 1992 erscheint "BÖ - Live in Vienna". Auf dem Video zum Konzert gibt die Band einige klare Stellungnahmen zum Thema Vergangenheit und der damaligen Medienhetze ab. Dies ändert zunächst wenig, denn der Haß der politisch korrekten Journaille trifft die Onkelz immer stärker. Einige Recordstores boykottieren die Veröffentlichungen der Gruppe, und schließlich kommt es zur Absage eines Teils der 92er-Tournee.

1993 erscheinen die Alben "Schwarz" und "Weiß" und schaffen es beide auf Anhieb in die Top 20 der Charts. Ein Jahr später überwindet Kevin sein Drogenproblem, und der Höhenflug der Band beginnt neue Dimensionen anzunehmen. 1995 wechselt die Band zu Virgin Records. "Hier sind die Onkelz" landet in den Top 5 der deutschen Charts. Langsam bessert sich das Image der Band auch in den Medien, doch noch immer kämpfen die Onkelz und ihre Fans gegen die Panikmache einiger Sender, unterstützt durch dumme Sprüche anderer Bands. Mit "E.I.N.S." lassen die Onkelz ihre Kritiker jedoch wieder einmal verstummen - das Album hat wieder Hitparadenqualität. Es folgt eine grandiose Tournee, aus der "BÖ - Live in Dortmund" 1997 als Doppel-LP und Video gebastelt werden. 1998 kommt dann die Sensation: Das Album "Viva Los Tioz" steigt auf Platz 1 in die deutschen Charts ein. Ausverkaufte Konzerte und begeisterte Fans heben die Böhsen Onkelz endgültig in einen Status, den keine andere deutsche Band für sich beanspruchen kann.

Durch diese bewegte Geschichte führt die Compilation "Gestern war heute noch morgen". Auf drei CDs mit fast vier Stunden Spielzeit geben sich die Onkelz die Ehre. Vertreten sind u. a. einige Klassiker der Band und eine Menge Titel, die aus dem einen oder anderen Grund zu den Favoriten der Band gehören. Die musikalischen Qualitäten der Onkelz sprechen sowieso für sich: astreine Musik, die so facettenreich ist, wie das sonst nur wenige Bands dieses Genres von sich behaupten können. Egal ob düster und aggressiv ("Dunkler Ort", "Kneipenterroristen"), melancholisch und voller Schmerz ("Nur die Besten sterben jung") oder kritisch mit sich selbst und der Gesellschaft ("Kirche", "Danke für nichts", "Ein langer Weg") - die Onkelz stehen für 1A-Metal aus Deutschland.

Auch eine solche Wahnsinns-Compilation wird wohl nicht dazu beitragen, diejenigen zu bekehren, die die Onkelz immer noch mit ihrem Haß verfolgen. Für Fans und Freunde von gutem Metal führt an "Gestern war heute noch morgen" allerdings kein Weg vorbei.

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