No-Jazz Rumble

Mit "Our Aim Is To Satisfy Red Snapper" zeigt die britische Nu-Jazz-Band, daß ihr Sound in erster Linie einmal den Musikern selbst gefallen muß. Doch auch der Heimhörer kommt bei diesem überragenden Album nicht zu kurz.

Als 1995 die erste Single "Hot Flush" von Red Snapper in den englischen Clubs rotierte, roch Jazz gerade ziemlich übel, sei es in der zur Erstarrung gelangten klassischen Jazzszene oder in den zähflüssigen Absonderungen des sogenannten Acid- oder Dancefloor-Jazz. An eine Wiederbelebung des - mit einigen rühmlichen Ausnahmen - mit einem modrigen Hippie-Touch behafteten Genres war nicht zu denken. Und doch brodelte im Untergrund bereits eine neue Welle bastardisierter Jazzansätze, wie sie zuhauf bei Labels wie Ninja Tune, in elitären Zirkeln der New Yorker Avantgardeszene oder bei Künstlern wie Ben Neill, Nils Petter Molvaer oder eben Red Snapper zu finden waren. Während sich jedoch die meisten Vertreter dieser noch immer inhomogenen Strömung, für die mittlerweile der Ausdruck Nu-Jazz gefunden wurde, an den klassischen Skalen orientierten, lag der spezielle Charme von Red Snapper in der völlig unterschiedlichen Struktur: Jazz wurde lediglich in der Instrumentierung übernommen, die Tracks waren jedoch in Techno, Drum´n´Bass, Dub und elektronischer Musik geerdet: Jazz-Loops, einmal nicht gesampelt, sondern gespielt.

Flugs wurde das "neue Ding" der englischen Musikszene beim legendären Elektronik-Label Warp gesignt, und mit "Reeled And Skinned" erschien 1995 eine Zusammenstellung der ersten Singles auf Albumlänge. Erst "Prince Blimey", veröffentlicht 1996, zeigte die Vielseitigkeit der Band. Die Musiker David Ayers (g), Ali Friend (b) und Richard Thair (dr), unterstützt von Gästen an diversen Blasinstrumenten und Anna Haigh (Vocals bei "Paranoid", einem der besten Tracks des Albums) hatten zwar einige Vergangenheit in diversen Jazzbands, konnten aber weitreichende Einflüsse vorweisen, die von The Shadows bis zu 23 Skidoo reichten. Das - laut Fama - in einer Woche im Studio eingespielte Album beschwörte eine düstere, urbane und filmische Atmosphäre. Die vom weit nach vorne gemischten Double Bass angetriebenen und mit Akzenten von Saxophon, Flöte, Klarinette und Orgel versetzten Tracks inszenierten Thriller und Dramen im Jazzkeller um die Ecke, in dem Beatniks mit Rastas um die Wette trinken. "Prince Blimey" gilt noch immer als eines DER Alben der Neunziger in Sachen Dance- und Jazzkultur.

Zwei Jahre später wurde mit dem Album "Making Bones" die Film-noir-Atmosphäre ein wenig aufgelockert und das Durchschnittstempo angehoben. MC Det brachte einerseits eine Portion HipHop-Flavour, Alison David andererseits Soul in die dunklen und hypnotischen Stücke der Band. Der Bezug auf die Untiefen des urbanen Lebens blieb: "Making Bones" gilt als Slang für den ersten Mord eines angehenden Gangsters.

"Our Aim Is To Satisfy Red Snapper" setzt ebendort an, wo "Making Bones" den Weg vorgab. Die veritable Fortsetzung hält die Spannung ebenso an wie das Tempo der Tracks. Mit allerdings noch mehr Pop als der Vorgänger, verläßt "Our Aim..." zumindest zeitweilig die verrauchten Spelunken und regengetränkten Seitengassen, um ein wenig ins strahlende Sonnenlicht zu blinzeln. Eigenständigkeit wird trotzdem keine geopfert. Nach wie vor treiben die druckvollen Baßfiguren, unterstützt von staubtrockenen und dynamischen Beats, die Tracks an, doch der verstärkte Einsatz der Vocals und eine grundsätzliche Aufhellung der Stimmung tun ihr übriges. Für Neuhörer der ideale Einstieg in den charakteristischen Kosmos der Band.

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