Vergangenheitsbewältigung

Zu Beginn der 80er Jahre dachte wahrscheinlich niemand, daß sich HipHop einmal zu einer der erfolgreichsten Jugendkulturen entwickeln würde. Doch auch dieser Musikstil wurde ausverkauft und von sämtlichen Wirtschaftszweigen absorbiert. Wie es dazu kam und was daraus wurde, versucht "Spirit of HipHop" auf zwei CDs näherzubringen.

Die erste CD dieses Doppelalbums befaßt sich mit den Ursprüngen von HipHop und enthält Bands, die man heute wohl alle unter dem Begriff "Old School" zusammenfassen würde. Los geht´s mit Run DMC, die mit "Peter Piper" gleich einmal so erfrischend und unverbraucht loslegen, daß man sich fragt, wieso die Band denn später so abgebaut und z. B. mit ihrem Aerosmith-Duett eine fast unverzeihliche Sünde begangen hat. Während man sich darüber noch den Kopf zerbricht, steht schon die Sugarhill Gang mit "Rapper´s Delight" auf der Bühne. Bei einem Blick ins Booklet traut man seinen Augen kaum, aber das Stück stammt tatsächlich aus dem Jahr 1979 und dürfte so ziemlich die erste HipHop-Platte gewesen sein, die damals auf dem eigenen Sugarhill-Recordings-Label erschienen ist.

Von ebendort kommt auch der Erfinder des Scratchens, Grandmaster Flash mit seinen Furious Five, an dessen Beitrag man merkt, wie maßgeblich HipHop auch an der Entwicklung anderer Musikgenres beteiligt war. Da kommen schon von alten Soul- und Funk-Platten gesampelte Breakbeats vor, die damals noch durch aufwendige und erfinderische Verfahren geloopt wurden und die man heute u. a. in Musikrichtungen wie Jungle oder Drum & Bass hört. Dem Hörvergnügen wird kein Abbruch getan, und so geht es mit Afrika Bambaataa weiter, der mit seinem Schaffen gleich auch Elektro maßgeblich mitbeeinflußte. Auf alle Tracks der ersten CD einzugehen, würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, ist die Klassikerdichte doch so hoch. Unter anderem sind noch N.W.A mit ihrem Track zu John Singletons Meisterwerk "Boyz N the Hood", Young MC mit "Bust A Move" und Funkmaster Flex mit dem grandiosen "6 Million Ways to Die" vertreten.

Auf der zweiten CD wird dann den "Newcomers" eine Chance gegeben, Gelerntes zu zeigen - und das ist gar nicht übel. RZA greift den Gravediggaz so gelungen unter die Arme, daß man sich beinahe schon, an einer brennenden Tonne stehend, in Brooklyn sieht. Unbedingt erwähnenswert sind auch die Arsonists, bei deren Beitrag "Halloween" man dann doch wieder froh ist, daß bei uns besagtes Fest nicht so groß gefeiert wird. Und wenn Dan the Automator feat. Kool Keith ihren Track "King of NY" nennen, stimmt man dem sofort ohne großes Zögern zu.

"Spirit of HipHop" ist sowohl für Neulinge unbedingt empfehlenswert (einen besseren Einstieg wird man so schnell nirgends finden) als auch für Alteingesessene eine gute Zusammenstellung von Songs, die immer wieder Freude machen. Erstaunlich ist auch die Anzahl der Déjà-vu-Erlebnisse, die man vor allem beim Hören der Old-School-CD erlebt, stößt man doch heutzutage immer wieder auf Samples aus den meisten Songs.

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